Kreis Segeberg. Die Kommunen im Kreis Segeberg reagieren auf die Energiekrise. So wirken sich die Pläne auf Schulen und Schwimmbäder aus.
Das Gas wird knapp, oder fließt gar nicht mehr aus Russland, wenn Nord Stream 1 nach der Reparatur nicht wieder in Betrieb geht. Wirtschaftsminister Habeck und der Städte- und Gemeindebund rufen nicht nur die Bürger zum Energiesparen auf, auch die Kommunen sind gefordert.
Wir haben nachgefragt, wie Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg den Verbrauch an Gas und Strom drosseln wollen.
Gas sparen: Prämien für Norderstedter Schüler
Norderstedt: „Für die Stadt Norderstedt ist es seit Langem ein wichtiges Anliegen, den Energieverbrauch auch im Sinne des Umweltschutzes zu reduzieren“, sagt Nina Wrage, Sprecherin der Norderstedter Stadtverwaltung. Daher achte die Stadtverwaltung darauf, energieeffizient zu bauen und zu sanieren. Als aktuell innovative Maßnahme nennt Wrage den für das Schulzentrum Nord geplanten Eisspeicher – wenn Eis zu Wasser umgewandelt wird, entsteht Wärme.
Zudem schaffe die Stadt Anreize, Energie zu sparen, beispielsweise mit den „Energiesparprämien“ an den Norderstedter Schulen und Kitas oder der Teilnahme an der „EnergieOlympiade“. „Die Stadtverwaltung wird auch weiterhin Einsparpotenziale prüfen und mögliche Energiesparmaßnahmen umsetzen“, sagt die Sprecherin der Verwaltung.
Arriba Norderstedt senkt Temperatur in Schwimmbecken
Das Arriba-Erlebnisbad, von den städtischen Stadtwerken betrieben, hat die Wassertemperatur in den meisten Schwimmbecken Ende Juni um ein Grad gesenkt und spart dadurch rund sechs Prozent Energie. „Wir haben uns außerdem entschieden, die Saison im Außenbereich zu verkürzen“, sagt Oliver Weiß, Sprecher der Stadtwerke. Bislang habe man immer bis etwa 20. September Betrieb gehabt. Nun soll schon zum 31. August Schluss sein mit dem Freischwimmen im Arriba.
Ab 15. Juli wird die Blockhaussauna im Außenbereich nicht mehr beheizt und steht den Gästen nicht mehr zur Verfügung. Die Öffnungszeiten für das Saunadorf und die restlichen Saunen werden auf 11 bis 22 Uhr verkürzt. Weitere Reduzierungen oder Schließungen seien bis auf Weiteres nicht vorgesehen.
Henstedt-Ulzburg: Gas- und Stromzähler werden digitalisiert
Henstedt-Ulzburg: Das im Mai fertiggestellte Energiekonzept zeigt, wie die Liegenschaften künftig mit Wärme versorgt werden können. „Im Fokus steht der Einsatz von erneuerbaren Energien. Ein mögliches Projekt ist der Bau eines Nahwärmenetzes, das gemeindliche Liegenschaften mit möglichst CO2-neutralerer Wärme und möglicherweise auch mit CO2-neutral produziertem Strom versorgen wird“, sagt Malte Pohlmann, Sprecher der Gemeindeverwaltung. Ziel sei, die Wärmeversorgung bis spätestens 2045 klimaneutral zu gestalten.
Zurzeit würden Strom- und Gaszähler digitalisiert. Damit ließen sich die Energieverbräuche in den Liegenschaften beobachten, Spitzen nach oben oder unten unmittelbar erkennen und regulieren. „Im Alstergymnasium startete im April ein fifty/fifty-Konzept, das die Schüler zu einem sparsamen Umgang mit Strom und Heizenergie anregen soll. Die Hälfte der eingesparten Kosten kommt den Schülern als Prämie zugute“, sagt Pohlmann.
Photovoltaikanlagen auf Gebäuden in Henstedt-Ulzburg
Auf möglichst vielen Gebäuden der Gemeinde sollen Solaranlagen errichtet werden. Weiter sei geplant, die Beleuchtung der Sporthallen in den Schulen und die Flutlichtanlagen der Sportplätze auf stromsparende LED-Technik umzustellen.
„Laut Energiebericht wurden 2020 mehr als 88 Megawattstunden Strom und Heizenergie eingespart“, sagt Pohlmann. Für das Heizen bedeute das eine Reduzierung von mehr als zehn Tonnen CO2. Das Klimaschutzkonzept, das aktuell erarbeitet wird, werde weitere Möglichkeiten der Energieeinsparung für Henstedt-Ulzburg aufzeigen.
Kaltenkirchen: Viele Schuldächer saniert und Beleuchtung modernisiert
Kaltenkirchen: „Wir beobachten weiterhin aufmerksam, wie sich die Energieversorgung entwickelt“, sagt Karl-Michael Schroeder von der Stadtverwaltung Kaltenkirchen. Die baulichen Maßnahmen konzentrierten sich zurzeit auf die Schulgebäude, wo schon in großem Umfang Dächer saniert und die Beleuchtung auf LED-Lampen angestoßen und teilweise auch schon umgesetzt worden seien. Das gelte für das Gymnasium sowie für die Gemeinschaftsschule am Marschweg und das Schulzentrum am Lakweg.
Für die Dietrich-Bonhoeffer-Schule laufe zurzeit die Detailplanung. Die Dachsanierungen am Gymnasium und am Schulzentrum am Lakweg würden rechtzeitig vor der nächsten Heizperiode abgeschlossen. Ein Vereinsheim, das noch mit einer Ölheizung ausgestattet ist, soll künftig mit einer Wärmepumpe geheizt werden. Eine solche Heizform liefere schon für den Rathausanbau die Wärme.
Rathausanbau in Kaltenkirchen bekommt Photovoltaikanlage
Zusätzlich entstehe eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Anbaus. „Zurzeit prüfen wir, inwieweit Energieeinsparungen in den einzelnen Bereichen durch Verhaltensänderungen beziehungsweise durch Veränderung von Betriebsabläufen erzielt werden können“, sagt Schroeder. Weitergehende Maßnahmen wie die Einschränkung von Nutzungszeiten öffentlicher Gebäude seien bisher nicht geplant.
In der Holstentherme bleibt Geschäftsführer Stefan Hinkeldey trotz dramatisch gestiegener Energiepreise gelassen. Das Unternehmen der Stadtwerke hat langfristige Energieverträge abgeschlossen, sodass die Holstentherme die Wucht des Preisanstiegs noch nicht spürt. Daher sind derzeit auch keine Einschränkungen im Betrieb geplant.
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Bad Bramstedt: Maßnahmen müssen politisch diskutiert werden
Bad Bramstedt: „Die Einsparung von Energie ist selbstverständlich auch bei der Stadt und dem Schulverband Thema“, sagt Bürgermeisterin Verena Jeske. Wichtig sei, die Mitarbeitenden entsprechend zu schulen, da Verhaltensänderungen schnell und ohne finanzielle Investitionen umsetzbar seien. So seien Auszubildende für den Beruf „Verwaltungsfachangestellte“ in einem Programm der IHK zu Energie-Scouts qualifiziert worden.
„Weitere Maßnahmen (Herunterregelung von Raumtemperaturen, Einschränkung von Straßenbeleuchtung etc.) sind nicht nur allein von der Verwaltung umzusetzen, sondern müssen im Vorfeld politisch diskutiert und beschlossen werden“, sagt die Verwaltungschefin. Die Stadt Bad Bramstedt werde in Kürze einen Klimaschutzmanager einstellen.
Roland-Oase: Blockheizkraftwerk liefert Strom für warmes Wasser
Die Roland-Oase in Bad Bramstedt hat auf die steigenden Kosten für Energie reagiert.
Die Energie des eigenen Blockheizkraftwerks wird nicht mehr ins Stromnetz eingespeist, sondern für das Warmwasserfreibad und die Sauna genutzt. Die Sauna ist nur noch an vier statt bisher sieben Tagen nutzbar.
Kreis Segeberg: 199 Sanierungsvorschläge aufgelistet
Kreisverwaltung Segeberg: Unabhängig von der aktuellen Gasknappheit ist der Kreis seit Jahren dabei, seine Liegenschaften energetisch zu optimieren. Um den Prozess voranzubringen, hat die Kreisverwaltung eine Klimaschutzmanagerin eingestellt. Die Stelle war auf zwei Jahre bis Juni 2022 befristet.
Die Expertin hat 199 Sanierungsvorschläge aufgelistet, um die Effizienz technischer Anlagen zu verbessern, die Beleuchtung auf LED-Technik umzustellen oder die Gebäudehüllen zu sanieren. Laut ihrem Abschlussbericht sind rund zwei Drittel inzwischen realisiert.
Gas sparen: Hausmeister wurden auf die neuen Anlagen geschult
Einige Beispiele: Ein Teil der alten Fenster in der Landwirtschaftsschule wurde durch neue ersetzt, ein effizienter Gas-Brennwertkessel eingebaut. Im Berufsbildungszentrum Segeberg wurden Dachflächen abgedichtet und gedämmt.
In der Kfz-Zulassungsstelle haben die Handwerker ungeregelte Umwälzpumpen gegen hocheffiziente Geräte ausgetauscht und neue Thermostatventile eingebaut. Im Berufsbildungszentrum Norderstedt wurde das Heizsystem optimiert. Alle Hausmeister wurden geschult, um die neuen Heizungs-, Klima-, Lüftungs- und Sanitäranlagen richtig bedienen zu können.
Auf zwölf Gebäuden will der Kreis zwischen 2024 und 2027 Photovoltaikanlagen installieren. Die Kosten belaufen sich auf 911.000 Euro, sie sollen sich nach 17 Jahren amortisiert haben. Dadurch würde der Kreis in 25 Jahren 460 Tonnen CO2 einsparen.