Norderstedt. Der Mann, der die Pläne der Stadt beim Kauf des Gieschen-Grundstücks durchkreuzte, wirft viele Fragen auf.

Die Anwesenden im Amtsgericht Norderstedt staunten nicht schlecht, als am Dienstagmorgen plötzlich ein überraschender Bieter mit knapp 20 Minuten Verspätung im Saal C auftauchte. Der Plan war klar: Die Stadt wollte bei einer Zwangsversteigerung Norderstedts wohl bekanntestes Müllgrundstück kaufen. Auf dem Gelände, das noch der Familie Gieschen gehört, lagern rund 15.000 Kubikmeter Abfall. Stadt und Land hatten sich im Vorwege darauf geeinigt, die Fläche zu ersteigern und anschließend zu verkaufen, um mit dem Erlös die schätzungsweise 3,8 Millionen Euro teure Räumung des Mülls zu finanzieren.

2384,18 Euro hatte Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder geboten – doch kurz vor dem Ende der Versteigerung eilte ein gewisser Jagtar Singh aus Hamburg in den Raum und gab mit 2400 Euro ein höheres Gebot ab. Allerdings hatte der Mann seinen Personalausweis vergessen, konnte ihn auch nicht im Kofferraum seines Autos finden – deswegen wurde sein Gebot zurückgewiesen. 14 Tage hat er nun Zeit, Widerspruch einzulegen.

Welches Interesse hat der Bieter Singh an dem Grundstück?

Seit diesem ominösen Auftritt fragen sich viele: Wer ist dieser Herr Singh, der den mühsam ausgetüftelten Plan der Stadt zunichte machen könnte? Und was für ein Interesse hat er, das vermüllte Problemgrundstück zu kaufen?

Auf Nachfrage wollte Jagtar Singh am Dienstag bei der Versteigerung nicht mit dem Abendblatt sprechen. Nachforschungen im Internet haben ergeben, dass er Geschäftsführer der „Jagtar UG“ ist. Die zugehörige Website wirkt allerdings wenig professionell. Die Texte sind im Mix auf Deutsch und Englisch. In einem Online-Shop werden Kappen für einen Preis von 2,50 Euro angeboten. Außerdem können Kunden große Mengen Atemschutzmasken bestellen und Kabel. Unter der angegebenen Handynummer nimmt auch nach mehrmaligen Versuchen an unterschiedlichen Tagen niemand ab. Im Netz sind verschiedene Adressen als Firmensitz zu finden.

Singhs Unternehmen bietet auch Vermittlung von Grundstücken an

Mit der Recherche-Plattform „North Data“ lässt sich ein Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 2014 finden, in dem die Tätigkeiten des Unternehmens aufgelistet sind. Jagtar Singh als Tausendsassa zu bezeichnen, wäre beinahe untertrieben. Zu dem Geschäftsgegenstand der „Jagtar UG“ gehört unter anderem der Groß- und Einzelhandel mit Textilien, Autoteilen, Schiffsteilen, Stahl, Glas, Blumen und Gürteln sowie der An- und Verkauf von Streusalz, Traktoren, indischem Rum, Fahrräder und Motoröl. Hinzu kommt ein Taxenbetrieb, eine Autovermietung und eine Wohnungsentrümpelung. Und: Das Unternehmen bietet offenbar den An- und Verkauf und die Vermittlung von Grundstücken für Häuser und Industriebau an. Die Liste ist noch weitaus länger.

Was wirklich hinter dem Bieter steckt, für wen oder was er das Grundstück ersteigern will, das könnte sich vielleicht am 6. Mai herausstellen. Dann findet der zweite Termin statt.