Norderstedt. Beschuldigt werden der ehemalige Geschäftsführer und die Betreiberin einer Containerfirma. Amtsgericht entscheidet über Verfahren.

Jahrelang konnten die Betreiber der Gieschen Containerdienst GmbH ungehindert einen 15.000 Kubikmeter umfassenden Müllberg illegal in Norderstedt anhäufen – nun hat die Staatsanwaltschaft Kiel Anklage erhoben. Beschuldigt werden der 61 Jahre alte Geschäftsführer sowie eine frühere, 29 Jahre alte Betreiberin, die zwischenzeitlich die Geschäfte übernommen hatte. Die Angeklagten sind miteinander verwandt, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte. Ihnen wird der unerlaubte Umgang mit Abfällen und das unerlaubte Betreiben von Anlagen jeweils in einem besonders schweren Fall vorgeworfen.

Vor vielen Jahren hat das Transport- und Entsorgungsunternehmen die Erlaubnis erhalten, Abfälle auf dem Gewerbegrundstück in Friedrichsgabe zwischenzulagern. Doch die Betreiber nahmen immer mehr Müll an, ohne ihn wie vereinbart abzutragen. Dann verschwanden sie 2018 – und hinterließen der Stadt Norderstedt einen Müllberg, der teilweise sechs Meter in die Höhe ragt und aus asbesthaltigen Abfällen, künstlichen Mineralfasern und Bauschutt mit gefährlichen Bestandteilen besteht.

Stadt und Land stritten über die Zuständigkeit – und einigten sich Ende 2021 darauf, dass der Müll noch in diesem Jahr abgeräumt werden soll. Die Kosten werden auf 3,8 Millionen Euro geschätzt. Das Land übernimmt sie. Mitte April soll die Zwangsversteigerung des Gewerbegrundstückes stattfinden.

Amtsgericht Norderstedt entscheidet über Verfahren

Die Anklage gegen die mutmaßlichen Umweltsünder hat die Staatsanwaltschaft Kiel bereits am 3. November 2021 erhoben. Bekanntgegeben wurde diese allerdings erst am gestrigen Mittwoch. „Einer der beiden Angeklagten wohnt im Ausland. Wir mussten erst sicher gehen, dass die Anklage zugestellt wurde, bevor wir die Öffentlichkeit informieren“, sagt Oberstaatsanwaltschaft Henning Hadeler. Lange Zeit galt die Familie Gieschen als nicht auffindbar. Das Wohnhaus in Nahe stand leer. Dann meldete sich vor ein paar Monaten plötzlich ein Anwalt.

Das Amtsgericht Norderstedt muss nun entscheiden, ob es die Einschätzung der Staatsanwaltschaft teilt und die Angeklagten als hinreichend tatverdächtig ansieht. Wann das Hauptverfahren eröffnet werden würde, steht noch aus. Im Falle einer Verurteilung drohen den Beschuldigten bis zu fünf Jahre Haft.

Die Stadt begrüßt es grundsätzlich, dass wegen Umweltstraftaten, die in Norderstedt begangen worden sind, strafrechtlich gegen mutmaßliche Verursacher*innen vorgegangen wird, teilte Sprecher Bernd-Olaf Struppek mit. Das heißt aber nicht, dass die Angeklagten im Falle einer Verurteilung auch für die Entsorgung des Mülls zur Verantwortung gezogen werden. „Dieses Strafverfahren ist ein eigenständiges Verfahren. Das von Land und Stadt betriebene zivilrechtliche Verfahren, an dessen Ende die vollständige Räumung des Geländes erreicht werden soll, hat damit nichts zu tun. Dies sind zwei komplett unterschiedliche Verfahren in unterschiedlichen Rechtskreisen“, stellt Struppek klar.

Sollte der Verursacher die Kosten für die Räumung nicht tragen können, wird das Land mit Steuermitteln für den entstandenen Schaden aufkommen müssen. Dennoch wird „das Land auch weiterhin alle zur Verfügung stehenden Mittel ergreifen, um den Verursacher zur Rechenschaft zu ziehen“, sagt eine Sprecherin des Umweltministeriums.