Norderstedt. In der umgebauten „TriBühne“ könnten täglich bis zu 360 Personen geimpft werden. Inzidenz im Kreis Segeberg steigt auf über 100.

Ginge es nach der Stadt Norderstedt und dem Kreis Segeberg, könnten in der „TriBühne“ binnen weniger Stunden die ersten Corona-Impfungen durchgeführt werden. Das kommunale Veranstaltungszentrum – beziehungsweise ein Teil davon – ist jetzt eines von 29 Impfzentren in Schleswig-Holstein, wie berichtet, soll die Einrichtung auch den Hamburger Norden abdecken. „Wir sind startklar“, sagte Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder bei einem gemeinsamen Termin mit dem Segeberger Landrat Jan Peter Schröder. Man sei „stolz“, es gemeinsam geschafft zu haben, sagte sie, „trotz aller Schwierigkeiten und Fragen, die im Hintergrund geklärt werden mussten“.

Denn es nicht lange her, dass es zwischen den Verwaltungen knirschte. Anfangs hatte der Kreis nur eine Gewerbeimmobilie in Kaltenkirchen und eine Tennishalle in Wahlstedt als Standorte gemeldet, was für Empörung in Norderstedt sorgte. Es folgten Gespräche auf Landesebene, eine Übereinkunft zwischen den Regierungen in Kiel und Hamburg, dann dauerte es noch einmal einige Wochen, bis die „TriBühne“ – und nicht das zwischenzeitlich als Alternative gehandelte Kulturwerk – ausgewählt war. Auf diese für die Öffentlichkeit nicht immer nachvollziehbare Verzögerung wollten beide Seiten nicht mehr zurückblicken.

Sieben bis acht Impfstraßen sind möglich

„Wir haben unsere Aufgabe erreicht, in kürzester Zeit die Impfzentren aus dem Boden zu stampfen“, sagte Landrat Schröder, „so eine Aufgabe hatten wir noch nicht. Es hat uns vor erhebliche Herausforderungen gestellt, die Anforderungen des Landes haben sich jeden Tag geändert.“ Er lobte explizit den zuständigen Fachdienst für Katastrophenschutz, dieser habe „viel Arbeit in die Standorte gesteckt“.

Für die „TriBühne“ habe neben der Nähe zu Hamburg die gute Erreichbarkeit gesprochen. „Der Bahnhof ist quasi direkt daneben, Parkplätze sind vorhaben“, so Schröder. Und Oberbürgermeisterin Roeder fügte einen nicht ganz unwichtigen Aspekt hinzu, der bisher nicht so genannt worden war. „Wir könnten die ,TriBühne' auch komplett auf sieben bis acht Impfstraßen umbauen, könnten hier wesentlich mehr Personen impfen, als wir es im Kulturwerk hätten tun können.“ Generell wird vorerst mit einem Zehn-Stunden-Betrieb in drei Impflinien geplant, stündlich könnten zwölf Personen versorgt werden, das wären 360 pro Tag.

Infrastruktur wurde in vier Tagen errichtet

Die Umwandlung der „TriBühne“ verdeutlicht ein weiteres Mal, dass das kulturelle Leben in diesen Zeiten zurückstecken muss. Bleibt das Impfzentrum in seiner jetzigen Größe bestehen, könnte zwar theoretisch abends im großen Saal wieder Theater aufgeführt werden. Doch daran ist momentan kaum zu denken. Immerhin: „So haben wir wieder etwas zu tun“, sagte Kai Jörg Evers, Geschäftsführer der Mehrzwecksäle Norderstedt, und schloss dabei ausdrücklich Messebauer mit ein. Nachdem das Norderstedter Unternehmen Lüco die Aufträge für das Impfzentrum in den Hamburger Messehallen sowie für die Standorte Wahlstedt und Kaltenkirchen erhalten hatte, war in Norderstedt die Sievershüttener Firma Luckwaldt verantwortlich.

Es hat nur vier Tage gedauert, bis die Infrastruktur errichtet war. Alles sei unkomplizierter, so Evers, als bei den großen Messen in der „TriBühne“, etwa „Rund ums Haus“, denn „da haben wir 50 Aussteller“. Hier geht es um Zweckmäßigkeit – wenngleich die Norderstedter ein bisschen eigenen Stil eingebracht haben, etwa mit dem Goldrahmen um die Hinweistafeln zu den drei Impfstraßen oder mit den bequemen Ledersesseln im Ruheraum.

Personal ist auf allergische Reaktionen vorbereitet

Ablaufen soll es wie folgt: Im Eingangsbereich ist der Empfang durch die Bundeswehr. Dort wird Fieber gemessen, generell werden die Impfwilligen auch zu ihrer gesundheitlichen Verfassung befragt. Im Zweifelsfall muss eine Impfung verschoben werden. Ansonsten ist der nächste Schritt die Registrierung mit Personalausweis. Im angrenzenden Warteraum sollen Infovideos laufen, hier erwartet man Material einer bundesweiten Kampagne.

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Nach der Impfung werden die Personen zur Beobachtung in einen Wartebereich geleitet. Sollte es zu unmittelbaren körperlichen Beschwerden kommen – aus Großbritannien und den USA wurden einige allergische Reaktionen gemeldet –, ist eine sofortige medizinische Betreuung möglich. Die gesamte Prozedur würde dann rund vier Wochen später wiederholt, dann gelten Bürgerinnen und Bürger als geimpft.

Mobile Impfteams machen den Anfang

Jetzt müsste nur noch der Impfstoff geliefert werden. „Aber dafür sind wir als Kreis nicht mehr verantwortlich“, sagte der Landrat. Allerdings, so Schröder: „Es sieht nicht so aus, als ob wir noch in diesem Jahr in den Impfzentren anfangen würden. Es wird wohl mit den mobilen Impfteams in Pflegeeinrichtungen anfangen. Im Kreis haben wir circa 60 Altenheime.“ Die Organisation dieser Teams ist Sache der Kassenärztlichen Vereinigung, der Koordinator im Kreis für die Zentren und auch die mobilen Abläufe ist der Norderstedter Hausarzt Guido Reisewitz.

Was ebenso noch fehlt, ist ein geregeltes Anmeldeverfahren. Hier wird es laut Landrat eine Software geben, entwickelt von Eventim. Weitere Details werden um die Weihnachtstage herum erwartet, der Start ist laut Bundesregierung für den 27. Dezember anvisiert. Und ob dann im Januar parallel alle Impfzentren hochgefahren werden oder zunächst nur einzelne – und welche dann –, auch das wird noch im schleswig-holsteinischen Gesundheitsministerium entschieden. Gelagert wird das Vakzin der deutsch-amerikanischen Allianz Biontech/Pfizer nicht vor Ort. Schröder: „Nachts ist hier nichts.“ Für die Sicherheit der Zentren sei gesorgt, fügte er hinzu.

Infektionslage im Kreis verschärft sich

Die Infektionslage im Kreis verschärft sich derweil. Das Robert-Koch-Institut hat eine Inzidenz von 105,7 festgestellt, so hoch war diese noch nie in Segeberg. Das Gesundheitsamt hat 59 weitere Fälle vermeldet. 41 Personen werden in einer Klinik versorgt, davon drei auf einer Intensivstation. Weiterhin gilt, dass es keine spezifischen Zahlen für einzelne Städte und Gemeinden gibt. Also auch nicht für Norderstedt, auch wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass in der drittgrößten Stadt, wo fast ein Drittel aller Kreisbewohner lebt, ein signifikanter Teil aller Infektionen auftritt.

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Das Land hatte vor wenigen Tagen verfügt, dass für Kreise und kreisfreie Städte mit einer Inzidenz ab 200 besondere Einschränkungen gelten – etwa, dass das Einkaufen für Erwachsene nur noch alleine möglich ist. Für kreisangehörige Städte gilt das nicht. Sollte Norderstedt also eine Inzidenz von über 200 haben, gäbe es keine Grundlage, um für die Bevölkerung andere Regeln aufzustellen als etwa für die Bürger von Bad Bramstedt. „Momentan haben wir die Fälle diffus über den ganzen Kreis verteilt“, sagte Landrat Jan Peter Schröder. „Wir wissen bei 60 bis 70 Prozent der Fälle nicht, wo sich die Menschen angesteckt haben.“

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