Hamburg. 7000 Corona-Impfungen können im Hamburger Impfzentrum täglich verabreicht werden. Peter Tschentscher macht Hoffnung auf raschen Effekt.

Wer die Halle A 3 der Messe von Westen aus betritt, sieht erst mal nur ein Gewirr aus Aluprofilen und Leichtbauwänden, Kabel ragen aus dem Boden, und Baupläne hängen an den Wänden. Nur die Wachmänner von „Alster Wacht“ in ihren dunklen Uniformen deuten darauf hin, dass hier etwas Wichtiges entsteht.

Für Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ist das Impfzentrum, das noch diesen Monat seinen Betrieb aufnehmen wird, sogar eines der wichtigsten Projekte der Stadt überhaupt. „Wenn es hier losgeht, ist der Wendepunkt erreicht“, sagte er nach einem Rundgang durch die Halle, in der bald bis zu 7000 Menschen pro Tag gegen das Coronavirus geimpft werden können. Denn mit jedem geimpften Bürger fänden die Viren weniger Möglichkeiten, sich zu verbreiten, fachsimpelte der habilitierte Mediziner Tschentscher: „Die Infektionskette wird unterbrochen.“

So wird eine schnöde Messehalle zum Hoffnungsort in einer Pandemie.

Impfzentrum in den Messehallen liegt im Zeitplan

Rahmen für Leichtbauwände stehen auf der Baustelle des Impfzentrums in den Hamburger Messehallen. Das Impfzentrum soll ab Mitte Dezember mit einer Kapazität von bis zu 7000 Impfungen pro Tag zur Verfügung stehen.
Rahmen für Leichtbauwände stehen auf der Baustelle des Impfzentrums in den Hamburger Messehallen. © dpa | Daniel Reinhardt

Dass das Impfzentrum nicht rechtzeitig fertig werden könnte, schloss Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) aus. Noch sehe die Halle zwar nach Baustelle aus. „Aber es ist alles im Zeitplan, wir werden Mitte Dezember betriebsbereit sein.“ Wann es dann wirklich losgehe, hänge davon ab, wann der Impfstoff verfügbar ist.

Derzeit sehe es danach aus, dass das Produkt der deutschen Firma Biontech und des US-Pharmariesen Pfizer Ende Dezember als Erstes einsetzbar sein wird. Weitere würden wohl noch im ersten Quartal 2021 folgen.

Fast wie am Flughafen: Impfungen nur mit Termin und nach Check-in

Und wie werden die Impfungen ablaufen? Dazu benutzte Walter Plassmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH), die den Betrieb in der Messehalle organisiert, dieses Bild: „Dieses Impfzentrum funktioniert ein bisschen wie ein Flughafen“, sagte er. Man müsse sich zu einem bestimmten Termin am Eingang einfinden, dann würden wie beim Check-in die Unterlagen geprüft und anschließend werde man auf Einbahnstraßen (wegen des Infektionsschutzes) durchs Gebäude geleitet. Am Ende dann der große Unterschied: „Es steht kein Flugzeug da, sondern jemand mit einer Spritze.“

Dieser „jemand“ wird vom Fach sein, mutmaßlich ein Arzt oder eine Ärztin. 500 bis 600 Mitarbeiter werde das Impfzentrum bei voller Auslastung beschäftigen, so Plassmann. 200 von ihnen seien Mediziner, 150 hätten sich schon freiwillig gemeldet. Die meisten von ihnen seien niedergelassene Ärzte, die ihre Praxen dann tageweise schließen werden, um im Impfzentrum zu helfen. Der KVH-Chef stellte auch klar, dass man nur mit Termin ins Impfzentrum kommen könne. Wer es ohne versuche, werde abgewiesen.

Wer bekommt zuerst die Impfung gegen das Coronavirus?

Doch wie kommt man zu einem Termin? Entscheidend ist zunächst die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut (RKI). Das Expertengremium des Bundes wird in Kürze eine Liste erstellen, in welcher Reihenfolge welche Gruppen geimpft werden sollten. Als sicher gilt, dass das Personal im Gesundheitswesen den Auftakt machen wird.

Bei ihm wird die Stadt über die Arbeitgeber, also etwa Klinikbetreiber, auf die Mitarbeiter zugehen. Dabei könnten auch bereits die bis zu 20 mobilen Impfteams ins Spiel kommen, die zusätzlich zum Impfzentrum direkt in Einrichtungen gehen, in denen viele Menschen auf einmal geimpft werden sollen – beziehungsweise sich impfen lassen wollen. Denn das ist allen anderen Behauptungen zum Trotz freiwillig.

UKE plant eigenes Impfzentrum für seine Mitarbeiter

Das UKE plant sogar, eine eigene Einrichtung zu schaffen, in der die Mitarbeiter des Universitätsklinikums geimpft werden sollen. „Wir planen ein eigenes Impfzentrum für die Beschäftigten des UKE-Konzerns“, bestätigte die Sprecherin Saskia Lemm dem Abendblatt. Allein das medizinische Personal der Klinik, das für eine Impfung infrage komme, umfasse 6800 Menschen. Aber auch nicht-medizinisches Personal wie etwa Reinigungskräfte könnte eine Impfung erhalten.

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Die Pläne sollen möglichst ausgereift sein, sobald dem Klinikum die von den Behörden bestellten Impfstoffdosen zur Verfügung gestellt werden. „Wir überlegen, ein digitales Buchungssystem für Termine im Impfzentrum zu etablieren“, so Lemm weiter. Es sei naheliegend, dass Mitarbeiter mit direktem Kontakt zu Covid-19-Patienten auch zuerst an die Reihe kommen könnten. Noch gebe es aber keine detaillierte Prioritätenliste. Auf die Frage, ob auch Patienten im UKE geimpft werden könnten, sagte Lemm: „Nach derzeitiger Versorgungslage nein.“

Die zweite Gruppe auf der Stiko-Liste werden vermutlich Mitarbeiter in der „kritischen Infrastruktur“ bilden, also etwa Polizei, Feuerwehr und Versorgungsunternehmen wie HamburgWasser. Auch hier kann die Kontaktaufnahme über die Arbeitgeber erfolgen, zumal diese größtenteils staatlich sind.

Gefährdete Personen – brauchen Risikogruppen ein Attest für die impfung?

Schwieriger wird es bei der dritten Gruppe, nämlich den besonders durch Corona gefährdeten Menschen. Hier spielt einerseits das Alter eine Rolle, was noch relativ leicht umzusetzen wäre. Die Stadt könnte zum Beispiel auf Basis des Melderegisters alle über 80-Jährigen zum Impfen einladen, danach die 70- bis 80-Jährigen und so weiter.

Doch was ist mit Übergewichtigen, Rauchern, Herzkranken oder allen anderen, die aufgrund von Vorerkrankung oder Lebensumständen einen gewissen „Risiko-Status“ haben? Vermutlich wird es in dieser Gruppe so sein, dass die Impfberechtigung durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden muss – was bei schwer Lungenkranken natürlich einfacher sein dürfte als bei Menschen, die einfach „nur“ Raucher sind.

Vermutlich wird jeder zwei Impftermine bekommen

In jedem Fall gilt: Nur wer eine solche Impfberechtigung hat, kann sich einen Termin holen. Das wird über das Internet und eine Hotline möglich sein, vermutlich die 116 117 der KVH. Vermutlich bekommt jeder Bürger gleich zwei Termine, da die Impfstoffe in der Regel im Abstand von etwa drei Wochen zweimal verabreicht werden müssen, damit eine Immunisierung eintritt.

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