Kreis Segeberg. Insgesamt 1550 Flüchtlinge werden 2015 im Kreisgebiet erwartet: Für die Städte und Kommunen eine große Herausforderung.
Der Flüchtlingsstrom ist für den Kreis, die Städte, Gemeinden und Ämter eine große Herausforderung. 8,9 Prozent aller Flüchtlinge, die nach Schleswig-Holstein kommen, muss der Kreis Segeberg aufnehmen. 2015 werden insgesamt 1550 Flüchtlinge im Kreis Segeberg erwartet, davon kommen 350 in Boostedt unter, der Außenstelle der Erstaufnahme Neumünster. In diesem Jahr sind allein bis zum Stichtag 2. Juni 508 Flüchtlinge eingetroffen – 2014 waren es insgesamt 710 Flüchtlinge.
Norderstedt und Ellerau bekommen 30 Prozent aller Flüchtlinge zugeteilt
Die Menschen aus den Krisengebieten der Erde werden von der Ausländerbehörde des Kreises auf die Städte, amtsfreien Gemeinden und Ämter verteilt. „Wir beschäftigen vier Mitarbeiter ausschließlich mit dem Thema Asyl, eine neue Planstelle wurde dafür geschaffen“, sagt Rolf Meenen, Leiter der Behörde. „Meine eigene Arbeit ist dabei nicht eingerechnet, die kommt hinzu.“
Ausschlaggebend für die Verteilungsquoten ist die Einwohnerzahl. Norderstedt und Ellerau, die beide eine Verwaltungseinheit bilden, bekommen danach über 30 Prozent der Flüchtlinge zugeteilt. Das sind bis Ende des Jahres 479 Menschen. Noch im März hatte die Stadtverwaltung mit fast 580 Flüchtlingen gerechnet. Nun entspannt die eröffnete Boostedter Unterkunft offenbar die Situation. Doch es liegen dem Kreis auch schon Einreiseanträge von etwa 400 Familienangehörigen von Norderstedter Flüchtlingen vor. Auch um sie muss sich die Stadt kümmern.
Die weiteren nackten Zahlen: Bad Bramstedt muss 80 Personen aufnehmen (5,16 Prozent). Bad Segeberg 99 Personen (6,36 Prozent), Kaltenkirchen 118 Personen (7,63 Prozent), Wahlstedt 54 Personen (3,51 Prozent), Henstedt-Ulzburg 161 Personen (10,36 Prozent), das Amt Bad Bramstedt-Land 63 Personen (4,06 Prozent), das Amt Boostedt-Rickling 68 Personen (4,41 Prozent), wobei darin die im Erstaufnahmelager untergebrachten Personen nicht eingerechnet sind. Das Amt Bornhöved nimmt 63 Personen (4,09 Prozent), das Amt Itzstedt 73 Personen (4,68 Prozent), das Amt Kaltenkirchen-Land 63 Personen (4,04 Prozent), das Amt Kisdorf 63 Personen (4,06 Prozent), das Amt Leezen 50 Personen (3,25 Prozent), das Amt Trave-Land 116 Personen (7,50 Prozent) auf.
Am Höhepunkt der Flüchtlingswelle wird in Schackendorf renoviert
Für den Kreis Segeberg kommt erschwerend hinzu, dass die zentrale Asylbewerberunterkunft Schackendorf seit einigen Wochen nicht mehr zur Verfügung steht. Das Gebäude wird zurzeit saniert und steht erst wieder im Frühjahr 2016 zur Verfügung. Dann sollen dort 80 bis 85 Personen Unterkunft bekommen. Die Bauarbeiten haben am 27. April begonnen. Der Kreis Segeberg bekommt für jeden Flüchtling zurzeit eine Betreuungskostenpauschale in Höhe von 95 Euro pro Quartal vom Land Schleswig-Holstein und verteilt das Geld an die Kommunen und Ämter. Vom 1. Juli an erhalten die Kommunen vom Land eine einmalige Integrationspauschale von 900 Euro je Flüchtling. Die Kreise und kreisfreien Städte erhalten künftig zwei Millionen Euro pro Jahr für die Einrichtung von Koordinierungsstellen. Das ist das Ergebnis einer Flüchtlingskonferenz, die Ministerpräsident Torsten Albig einberufen hatte. Mit diesem Flüchtlingspakt wollen Politik, Verbände und Institutionen die Integration von Asylbewerbern im nördlichsten Bundesland verbessern.
„Die Orte und Ämter im Kreis Segeberg müssen selbst entscheiden, wie die Flüchtlinge untergebracht werden“, sagt Rolf Meenen, Leiter der Ausländerbehörde des Kreises Segeberg. Und das stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen.
Norderstedt stellt Container auf und baut eine Schule um
Norderstedt hat zunächst die Unterkünfte am Buchenweg und an der Lawaetzstraße voll belegt, dann nach und nach Hausmeister- und Privatwohnungen, die Rentnerwohnungen am Kiefernkamp und die Teestube am Kirchenzentrum Falkenberg. Hinzu kommen das Containerdorf Harkshörn und die umgebaute Gemeinschaftsschule Fadens Tannen. Hier sollen auch noch weitere Wohncontainer aufgestellt werden, ebenso an der Lawaetzstraße und an der Stormarnstraße. Langfristig wird an der Segeberger Chaussee eine neue Flüchtlingsunterkunft für 60 Bewohner gebaut.
Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg hat mehrere Häuser gekauft, andere gemietet: Zu den gekauten Immobilien gehört das frühere Altenheim Labbus an der Beckersbergstraße, ein Wohnhaus hinter dem Rathaus auf der Ecke Am Lindenhof/Kirchweg, das Haus des verstorbenen früheren Bürgermeisters Heinz Glück zwischen Freibad und Hundeübungsplatz (es wird auch überlegt, daraus eine Kindertagesstätte zu machen), das Hotel und Restaurant Henstedter Hof mit 6600 Quadratmeter Grundstück. Dort leben zurzeit schon sechs Personen aus Syrien, noch geht der Betrieb aber weiter, soll aber in diesem Monat eingestellt werden. Außerdem die ehemalige Arztpraxis von Holger Weihe in Ulzburg-Süd, Ecke Falkenstraße/Hamburger Straße. Außerdem sind elf Reihenhäuser im Beckersbergring angemietet worden. Weitere Käufe werden derzeit geprüft. Die Miete wird der Gemeinde durch den Kreis erstattet. Für die Betreuung der Flüchtlinge hat die Gemeinde zwei Betreuer eingestellt.
Ein Neubau verhindert in Kaltenkirchen die Unterbringung in der Halle
Kaltenkirchen baut eine Unterkunft für Flüchtlinge. Einstimmig hat die Stadtvertretung beschlossen, 1,9 Millionen Euro zu investieren. Der Neubau mit 48 Wohnungen soll am Kamper Stieg entstehen. Die Räume haben eine Grundfläche von etwa 15 Quadratmetern und sind mit einem Duschbad und einer Pantry ausgestattet. „Die Baumaßnahme ist ein wichtiger Schritt zu einer würdigen Unterbringung“, sagt Bürgermeister Hanno Krause. Die Stadt könne mit dem Neubau vermeiden, Flüchtlinge in Hallen einquartieren zu müssen. Krause geht davon aus, dass das Gebäude im kommenden Jahr bezogen werden kann.
Kaltenkirchen hat in diesem Jahr 30 Flüchtlinge neu aufgenommen. Übers Jahr sei die Stadt verpflichtet, insgesamt 140 bis 150 Menschen aufzunehmen. Familien in Wohnungen unterzubringen, sei derzeit noch unproblematisch, sagte Krause. „Wir haben noch Reserven.“
40 Personen kommen in Itzstedt in einem Neubau am Kronskamp unter
Das Amt Itzstedt wird in der Gemeinde Nahe neue Kapazitäten schaffen. Im Zentralausschuss beschlossen die Politiker einstimmig, dass in der Straße Kronskamp eine Einrichtung für etwa 40 Personen entstehen solle. Unter den von Architekt Torsten Grube vorgestellten Plänen fand eine Variante mit Holzrahmenbauweise die Zustimmung – im Gegensatz zu einer Containerlösung. Eine Investition von etwas mehr als eine Million Euro wird hierfür nötig sein. Angedacht sind zwei Gebäude, um gegebenenfalls ethnisch und religiöse unterschiedliche Gruppen getrennt unterzubringen.
„Wir müssen bei der Belegung mit Augenmaß vorgehen“, sagt Torge Sommerkorn, Leiter des Ordnungsamtes. Der Amtsausschuss muss das Vorhaben noch beschließen, ab Herbst wird mit einer Bauzeit von sechs Monaten kalkuliert.