Nach der Trauung im Henstedt-Ulzburger Standesamt wartete auf Astrid und Dennis Löschky eine unangenehme Überraschung.
Henstedt-Ulzburg. Der 7er-BMW ist ein Schmuckstück. Zumindest für einen Tag: Eine Girlande ziert das Fahrzeug - für alle ein deutlicher Hinweis, dass es sich um ein Hochzeitsauto handelt. Stolz fährt Brautvater Hartmut Nickel (58) mit dem Brautpaar los und stellt das Fahrzeug auf dem Parkgelände an der Ladenzeile neben dem Rathaus, vor der Henstedt-Ulzburger Gemeindebücherei und der Volkshochschule ab. Astrid (30) und Dennis (30), das glückliche Brautpaar, geht mit Anhang zur Trauung ins Rathaus. Brautvater Hartmut marschiert mit und begeht eine kleine Unachtsamkeit: Er vergisst, die Parkscheibe hinter die Windschutzscheibe des Autos zu legen.
Als das frisch getraute Ehepaar Löschky nach einer Stunde wieder am Auto erscheint, ist die Girlande mit einer weiteren Verzierung versehen: An ihr baumelt ein "Knöllchen". Die Trauung ist um 10.30 Uhr angesetzt, der Verwarnungsbescheid wird um 10.38 Uhr ausgestellt.
Fünf Euro soll der Fahrer des Wagens zahlen, weil er nicht an die Parkscheibe gedacht hat. Die Politesse der Gemeinde Henstedt-Ulzburg war immerhin so nett, den Verwarnungsbescheid nicht einfach hinter den Scheibenwischer zu klemmen, sondern an die Girlande zu hängen.
Das Vorgehen der Gemeindemitarbeiterin war Gesprächsthema Nummer eins während der Hochzeitsfeier im Kisdorfer "Margarethenhoff." "Natürlich zahlen wir das Bußgeld", sagt Bernd Löschky, der Vater des Bräutigams, "aber für diese Vorgehensweise haben wir ehrlich gesagt überhaupt kein Verständnis." Dem frisch getrauten Ehepaar, er ist Lebensmitteltechniker, sie Arzthelferin, und dem Chauffeur Hartmut Nickel ist klar, dass es eine Parkscheibe hinter die Windschutzscheibe gehört, wenn an dieser Stelle neben dem Rathaus geparkt wird. In der Aufregung so kurz vor der standesamtlichen Trauung hat aber niemand daran gedacht. Jetzt wundern sich alle über das mangelnde Taktgefühl der Politesse.
"Es wäre sicher keine große Sache gewesen, wenn sie angesichts der offensichtlichen Trauung auf das Knöllchen verzichtet hätte", meint Bernd Löschky, der damit auch die Meinung der Brautpaares und deren Gäste vertritt. "Hat die Gemeinde Henstedt-Ulzburg es nötig, so hinter dem Geld her zu sein?"
Bürgermeister Volker Dornquast wird am Sonnabend von der Norderstedter Zeitung mit dem Thema konfrontiert. Er nimmt den Vorfall zur Kenntnis, will aber keine Stellungnahme dazu abgeben. "Bevor ich nicht mit meinen Mitarbeitern darüber gesprochen habe, sage ich dazu nichts", teilt der Verwaltungschef mit. "Dafür bitte ich um Verständnis."
Es ist nicht das erste Mal, dass Henstedt-Ulzburg mit rigoros verteilten Verwarnungsbescheiden ins Gerede gekommen ist. Für einen landesweiten Lacherfolg sorgte in den 90er-Jahren ein Vorfall, der sich während eines Festaktes im Bürgerhaus ereignete, als der Steuerzahlerbund die Gemeinde Henstedt-Ulzburg für ihre Sparsamkeit auszeichnete. Etliche der hochrangigen Ehrengäste von außerhalb hatten ihre Fahrzeuge auf dem Bürgerhaus-Parkplatz ins Parkverbot gestellt und dafür prompt "Knöllchen" kassiert. Sie mussten damals zähneknirschend zahlen und konnten auf diese Weise selbst erkennen, warum Henstedt-Ulzburg mit Fug und Recht als sparsame Gemeinde bezeichnet wird.