Das Tier kommt aus dem Osten und hinterließ im Segeberger Forst deutliche Spuren. Naturfreunde und Umweltminister sind begeistert.
Kreis Segeberg. Gesehen hat ihn noch niemand, doch die Beweise sind eindeutig: Der Wolf ist nach 200 Jahre nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt. Im Segeberger Forst tappte ein Rüde in eine Fotofalle. Außerdem entdeckten die Wolfsbetreuer des Wildparks Eekholt Kotspuren und Rehe, die der Wolf gerissen hatte. Die Nachricht von der Rückkehr löste gestern bei Naturfreunden und im Umweltministerium Begeisterung aus. "Dass der Wolf wieder da ist und wir ihn willkommen heißen, zeigt: Wir haben gelernt, dass Mensch und Natur zusammen gehören", sagte Umweltminister Robert Habeck bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz im Wildpark. "Er ist das Symbol dafür, dass Arten in Schleswig-Holstein wieder eine Zukunft haben können, die schon ausgerottet waren."
Jan Hellwig vom Eekholter Wolfsinformationszentrum geht davon aus, dass es sich bei dem Tier um einen Einzelgänger handelt, der auf dem Weg über Mecklenburg-Vorpommern in den Kreis Segeberg gekommen ist. "Unsere Wölfe in Deutschland sind aus Polen eingewandert", sagt Hellwig. Der einsame Wolf aus dem Segeberger Forst soll einen Namen bekommen. Das Umweltministerium plant bereits einen Wettbewerb.
Der sogenannte Wolfsstein im Ortsteil Brokenlande der Gemeinde Großenaspe erinnert an die Ausrottung der heimischen Wolfspopulation in Schleswig-Holstein. Die Eekholter Wolfsfreunde hatten den Stein mit einer Inschrift an der Stelle niedergelegt, an der 1820 der letzte Vertreter seiner Art im Norden erschossen wurde. Die Geschichte des ersten Wolfs, der sich danach in Schleswig-Holstein blicken ließ, endete tragisch. Das Tier wurde 2007 tot bei Süsel im Kreis Ostholstein entdeckt. Es war überfahren worden.
Die ersten Hinweise auf einen Artgenossen im Segeberger Forst gingen in Eekholt vor zwei Monaten ein. Fachleute hatten im Wald Kotspuren (Losung) und gerissene Rehe entdeckt. Vor zwei Wochen fanden sie frische Losung, die noch nicht 24 Stunden alt und damit für eine Gen-Untersuchung geeignet war. "Wir hatten Glück", sagt Jan Hellwig. Die Untersuchungen eines Instituts ergaben zweifelsfrei, dass die Spur von einem Wolfsrüden stammte.
+++ Der Wolf ist nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt +++
Kurz zuvor hatte eine automatische Kamera erste unscharfe Fotos des Tieres geschossen, doch den Spezialisten reichten die Bilder nicht als endgültiger Beweis. "Das war zwar ein ernst zu nehmender Hinweis, doch es hätte sich auch um einen Wolfshund handeln können", sagt Hellwig.
Den genauen Ort, wo der Wolf entdeckt wurde, wollen die Wolfsfreunde nicht bekannt geben. Ohnehin ist fraglich, ob sich das Tier immer noch im Segeberger Forst aufhält. Bis zu 50 Kilometer kann ein Tier pro Tag zurücklegen. "Ob der Wolf hier bleiben wird oder weiterzieht, ist unklar", sagt Jan Hellwig. "Das hängt von Störungen und dem Nahrungsangebot ab."
Das Umweltministerium sieht keine Risiken, die von den Tieren ausgehen. "Gefährdungen von Spaziergängern und spielenden Kindern sind auszuschließen, da Wölfe eine angeborene Scheu vor dem Menschen haben", sagt Ministeriumssprecherin Nicola Kabel. Von gesunden Wölfen gehe in der Regel keine Gefahr aus, sie reagieren auf Menschen mit äußerster Vorsicht und nicht aggressiv. Sie gehören nicht zum Beutespektrum von Wölfen. Nur von Wölfen, die mit Tollwut infiziert sind, könne eine Gefahr für den Menschen ausgehen. Die Krankheit sei jedoch in Deutschland erfolgreich bekämpft worden, sagte Nicola Kabel.
Was sollten Menschen tun, wenn sie einem Wolf begegnen? "Sich freuen und schnell ein Foto schießen", rät Wolfsspezialist Jan Hellwig. Er und seine Kollegen beraten die Nutztierhalter in der Region, ob und wie sie ihre Tiere schützen müssen. "Wir halten ein Notfallpaket für Landwirte bereit", sagt Hellwig. Werde eine Ziege oder ein Schaf gerissen, ist zwar in der Regel ein wildernder Hund der Täter. Dennoch stellen die Wolfsbetreuer bei Bedarf Elektrozäune oder Bänder mit wehenden Lappen, die den Wolf irritieren, zur Verfügung. Tierhalter, die ihre Schafen und Ziegen schützen wollen, können sich die Kosten vom Land Schleswig-Holstein erstatten lassen.