Weil sie keinen Sex wollte, soll der Angeklagte die Internet-Bekannte erstochen haben. Der Mann gestand die Tat vor dem Landgericht.

Hildesheim. Es begann als unverfänglicher Chat im Internet und endete in einer grausigen Bluttat. "Mmmh, darf ich dich vernaschen?", schrieb Benjamin F. als Kommentar zu einem Foto von Melanie, 23, auf einer sozialen Plattform im Internet. Die Floristin ging auf den Spruch ein, denn angeblich stammte er von einer 18-jährigen "Sarah". Doch bei der ersten Verabredung zwei Tage später entpuppte sich das freche Mädchen als eiskalter Mann, der laut Anklage Melanies Leben unter Qualen ein Ende setzte.

Etwa zwei Stunden lang sagt der mutmaßliche Mörder gestern vor dem Landgericht Hildesheim aus. Kühl und nüchtern schildert der bullige 27-Jährige mit dem jungenhaften Gesicht das Treffen im vergangenen Oktober aus seiner Sicht. Dabei schaut er dem Vorsitzenden Richter Ulrich Pohl direkt in die Augen. Seltsam emotionslos wirkt er bei seinem Geständnis. Auf ein Zeichen der Reue, eine Entschuldigung gar, warten Melanies Angehörige, darunter ihr Vater als Nebenkläger, vergeblich.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat der Täter die arglose junge Frau in seine Wohnung gelockt, um Sex mit ihr zu haben. Als sie sich gegen eine Vergewaltigung wehrt, schneidet er ihr mit einem Steakmesser die Kehle durch und verletzt sie mit etlichen Messerstichen, so die Anklage. Einige Zuschauer verlassen während der Aussage des Angeklagten den Saal, die Einzelheiten sind schwer zu ertragen.

Aus dem SMS-Wechsel vor der Tat geht hervor, dass Melanie eigentlich einen neutralen Treffpunkt vorgeschlagen hatte: die Schule, die Tankstelle, den Supermarkt. Doch Benjamin F. empfängt sie in seiner mit wenigen Teelichtern beleuchteten Einzimmerwohnung in einem Hochhaus in Peine. Weil er Rechnungen nicht bezahlt hat, ist dem Hartz-IV-Empfänger der Strom abgestellt worden. Trotzdem verbringt er die Nächte mit Spielen und in Chats vor seinem Computer im Keller. Dort hat er den Strom angezapft.

Der Angeklagte bestreitet, Melanie in seine Wohnung gelockt zu haben. Zu dem anzüglichen Spruch, mit dem er als "Sarah" Kontakt zu der jungen Frau gesucht hat, sagt er: "Solche Kommentare sind da gang und gäbe." Ein Motiv für die Bluttat nennt er nicht. "In dem Moment kam halt alles hoch, die Sache mit der Ex, die Arbeitslosigkeit, der Frust", erklärt er. "Ich hab zugeschnitten, Sägebewegungen am Hals."

An dem Tag, als ihn Melanie besuchte, hatte Benjamin F. durch einen Vaterschaftstest erfahren, dass er mit seiner Ex-Freundin einen Sohn hat. Mit ihr hatte er sich im Internet darüber gestritten, wann er sein Kind sehen darf. Da sei er schon aggressiv geworden, sagt er. "Ich war wie in Rage." Er habe sich aber auch von der 1,62 Meter großen Frau angegriffen gefühlt, erklärt der 1,92 Meter große Mann. Melanie habe ihn geschubst, da habe er sich mit dem Messer verteidigen wollen. Richter Pohl äußert erhebliche Zweifel an der Darstellung des Angeklagten. "Das passt doch alles hinten und vorne nicht", sagt er. Der Richter muss mehrmals nachbohren, dann gesteht Benjamin F., wie er das Gesicht der Toten mit einem Teppich bedeckt und sich an ihr vergangen habe. Dann habe er es doch "irgendwie eklig" gefunden, habe von ihr abgelassen und masturbiert.

Melanies Leiche steckt der Täter anschließend in eine Mülltonne, transportiert sie mit dem Auto des Opfers in ein Waldstück bei Gifhorn. "Im Nachhinein denke ich, dass ich nur Macht ausüben wollte", sagt er.

Die Polizei war Benjamin F. auf die Spur gekommen, nachdem ein Spaziergänger das Handy der als vermisst gemeldeten jungen Frau gefunden hatte. Vor dem Haftrichter gestand Benjamin F. kurz danach die Bluttat.

Melanies Mutter kann im Zeugenstand die Tränen nicht unterdrücken. Die 23-Jährige hat noch bei ihren Eltern im kleinen Dorf Dungelbeck gewohnt, im kommenden Sommer hätte sie ihren Freund heiraten wollen. "Sie war ein bisschen gutgläubig, aber nicht naiv", sagt die Mutter. Sie könne sich vorstellen, dass Melanie die Wohnung des Mannes freiwillig betreten habe - vielleicht, weil sie ihm schon nach dem Chatten vertraut hatte. Der Prozess wird fortgesetzt.