Für den Mord an Melanie erhielt Benjamin F. lebenslang – “Soviel emotionale Kälte erlebt man selten“ kommentierte der Vorsitzende Richter.

Hildesheim. Es ist kaum zu fassen, was Benjamin F. der erst 23 Jahre alten Melanie angetan hat. So viel rohe Gewalt. Er hat die junge Frau, die er im Internet kennengelernt hatte, in seine Wohnung gelockt und ihr Leben ausgelöscht - weil sie keinen Sex wollte.

Für den Mord verhängte das Landgericht Hildesheim am Montag die Höchststrafe: lebenslänglich. Diese drakonische Sanktion verschärfte das Gericht noch einmal, indem es eine "besondere Schwere der Schuld" bejahte. Benjamin F., 27, kommt also nicht nach bereits 15 Jahren auf freien Fuß, wahrscheinlich ist eine Haftdauer zwischen 23 und 25 Jahren. Der Mann sei "ausgesprochen gefährlich", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Pohl.

Für das Gericht steht fest: Benjamin F. ist ein "dreister Lügner".

Auf eine Entschuldigung hatten die Angehörigen von Melanie vergeblich gewartet. So wie der bullige, 1,92 Meter große und 120 Kilogramm schwere Mann den Prozess verfolgt hatte, so wirkte er auch bei der Urteilsverkündung: desinteressiert und emotionslos. Die völlige Abwesenheit von Reue wirkte auf viele Prozessbeobachter beklemmend und erschütterte auch die Kammer. "So viel emotionale Kälte erlebt man selten", sagte Richter Pohl.

Was sich in der mit Teelichtern illuminierten Einzimmerwohnung an jenem Abend abspielte, rekonstruierte das Gericht mithilfe von Indizien und der Aussage des Angeklagten. Auf das "Geständnis" von Benjamin F. gab es nicht allzu viel: Er sei ein "notorischer, dreister Lügner", sagte Richter Pohl. Dass er an der 23-jährigen Floristin seine Wut über einen Streit mit einer Ex-Freundin ausgelassen hatte, kaufte ihm das Gericht nicht ab. "Alles könnte noch viel schlimmer gewesen sein."

Seltsam gefühlskalt tritt dieser Angeklagte auf, der Schreckliches getan hat. Selbst das Gericht ist tief erschüttert.

Nach Überzeugung der Kammer war der Angeklagte in einem sozialen Netzwerk auf das Profil von Melanie gestoßen. Zu einem Foto schrieb er: "Mm, darf ich dich vernaschen?" Sie antwortete im Spaß: "Aber klar." Benjamin F. hatte sich jedoch nicht als er selbst zu erkennen gegeben, sondern trat unter dem Decknamen "Sarah" auf. Gegen ein Treffen mit dem angeblich 18 Jahre alten Mädchen hatte Melanie nichts einzuwenden. Obgleich sie einen neutralen Treffpunkt vorgeschlagen hatte, gelang es Benjamin F., sie in seine Wohnung in einem Peiner Hochhaus zu locken.

Dort wehrte sich Melanie heftig, sie schrie panisch, als Benjamin F. Sex mit ihr wollte. Mit einem Steakmesser verletzte er sie im Wohnzimmer schwer, zerrte sie dann ins Badezimmer, tötete sie mit mehr als 20 Stichen. Anschließend verging er sich an der Leiche, die er in eine Mülltonne steckte und in ein Waldstück bei Gifhorn transportierte.

Der Hartz-IV-Empfänger hatte vor dem Mord an Melanie versucht, mit mehr als 200 Frauen Kontakt aufzunehmen. Tage und Nächte habe er im Internet verbracht, um Sexpartnerinnen zu finden. "Das ganze Leben des Angeklagten ist auf Sex fixiert", sagte Pohl. Er kreise nur um sich selbst, interessiere sich für niemanden sonst.

Er tötete Fische einer Ex-Freundin und vergiftete einen Hund mit Spülmittel.

Sein Verhalten gegenüber Frauen bezeichnete der Richter als "schäbig". So habe er in früheren Beziehungen bis zu neunmal Sex am Tag gefordert. Als sich eine ehemalige Freundin von ihm trennen wollte, tötete er ihre Fische, in einem anderen Fall vergiftete er einen Hund mit Spülmittel. Zwar hatte ein Gutachter dem 27-Jährigen eine Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und paranoiden Zügen attestiert. Zur Tatzeit sei er aber voll schuldfähig gewesen und berechnend vorgegangen.

Nach der Bluttat befand sich das Dorf Dungelbeck, wo Melanie noch bei ihren Eltern gelebt hatte, im Schockzustand. Die zierliche Blondine wollte im Sommer ihren Freund heiraten, sie galt als freundlich und hilfsbereit. Das Urteil nahmen Dorfbewohner gestern erleichtert auf. "Wir sind froh, dass der Kerl nicht nach 15 Jahren rauskommt", sagte Bäckerei-Verkäuferin Karin Grobe dem Abendblatt. Ob es dabei bleibt, wird sich zeigen: Noch im Gericht kündigte die Verteidigung Revision an.