Verteidigungsminister sprach auch mit der Mutter der toten “Gorch Fock“-Kadettin Sarah Lena S.
Mürwik. Vier Wochen nach Beginn der "Gorch Fock"-Affäre hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in der Marineschule Mürwik mit Kameraden der tödlich verunglückten Kadettin Sarah Lena S. gesprochen. In der Aula der Flensburger Kaserne redete er über das Thema "Ausbildung, Erziehung, Fürsorge" und diskutierte - hinter verschlossenen Türen - eine Stunde lang mit den 300 Soldaten, darunter 60 Offiziersanwärter.
Kameraden der im November verunglückten Offiziersanwärterin hatten gegen die Stammmannschaft des Segelschulschiffs Vorwürfe der Drangsalierung bis hin zur sexuellen Nötigung erhoben und damit die Affäre ins Rollen gebracht. Unter anderem hatten sie einen unsensiblen Umgang der Schiffsführung mit dem Todesfall beklagt. Die 25-Jährige war aus der Takelage 27 Meter tief aufs Deck gestürzt.
Fragen nach der Zukunft der "Gorch Fock" wich Guttenberg aus. Zunächst müssten Vorwürfe "sauber abgearbeitet" werden und das Ausbildungskonzept zukunftsfest sein. Er freue sich aber, wenn es eine Zukunft für die "Gorch Fock" geben würde. Über das Treffen sagte der CSU-Politiker: "Es war ein sehr offenes, ein gutes Gespräch, das durch alle Dienstgrade hindurchging. Ich bin sehr zufrieden."
Der Stammbesatzung der "Gorch Fock" habe er als Reaktion auf deren kritischen offenen Brief ein Gespräch angeboten, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sagte Guttenberg. Wenn man viele Tausend Kilometer von der Heimat entfernt sei und nur bruchstückhafte oder medial aufgebauschte Informationen erhalte, wolle man natürlich wissen, was wirklich passiert sei, sagte der Minister mit Blick auf die Stammbesatzung.
Diese hatte unter anderem die Abberufung ihres Kommandanten Norbert Schatz durch Guttenberg heftig kritisiert. Mehrere Mitglieder der Stammbesatzung haben unterdessen angekündigt, nach Rückkehr des Schiffes ihren Dienst quittieren zu wollen. Die "Gorch Fock" ist auf dem Weg nach Deutschland und liegt derzeit im chilenischen Valparaiso.
Auf die Frage nach der von der Mutter der verunglückten Kadettin geforderten Entschuldigung sagte Guttenberg in Flensburg, er habe bereits mit der Mutter gesprochen. Gespräche, die man zu zweit führe, gehörten aber nicht in die Öffentlichkeit. Die Mutter hatte harsche Kritik an Bundeswehr und Guttenberg geäußert, unter anderem, weil Gerüchte über ein angebliches Übergewicht ihrer Tochter öffentlich geworden waren. Später hatte sich herausgestellt, dass das hohe, bei der Obduktion festgestellte Gewicht von 20 Kilo Formaldehyd stammte, das zum Präparieren der Leiche benutzt worden war.
Im Januar hatte die Mutter außerdem einen Brief des Streitkräfteamtes erhalten, in dem der inzwischen toten Tochter psychologische Hilfe wegen eines früheren Auslandseinsatzes angeboten wurde.