Norbert Schatz tritt die Heimreise per Flugzeug an. Er war von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg abgesetzt worden.
Hamburg. Norbert Schatz trägt keine Uniform, als er die "Gorch Fock" verlässt. Sondern Jeans und einen grünen Pullover. Auf den Schultern hat er einen Rucksack. Schatz sieht aus wie ein Tourist. Am vorvergangenen Wochenende wurde er als Kapitän der "Gorch Fock" von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) abgesetzt. Der Grund: Junge Offiziersanwärter sollen von Mitgliedern der Stammbesatzung unter Druck gesetzt und sogar sexuell genötigt worden sein. Schatz' Abschied von der "Gorch Fock" am vergangenen Sonntag ist für den Kapitän der Tiefpunkt seiner Karriere. Sein Schiff segelt ohne ihn weiter.
Innerhalb der Bundeswehr und vor allem bei seiner Besatzung hatte die Absetzung große Empörung ausgelöst. Die Besatzung sieht Schatz als Bauernopfer - während Verteidigungsminister Guttenberg darauf verweist, dass die Absetzung eine reine Schutzmaßnahme sei und Schatz seine Karriere fortsetzen könne, sollten sich die Vorwürfe als unberechtigt erweisen. Die Besatzung hatte in einem offenen Brief, der im Abendblatt veröffentlicht wurde, geschrieben: Schatz verlasse das Schiff "mit der bitteren Gewissheit, wohl nie wieder zur See zu fahren". Schatz selbst erwägt juristische Schritte gegen seine Entmachtung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte im Abendblatt-Interview, Guttenberg habe "vollkommen richtig" gehandelt. Die Suspendierung sei noch "kein Urteil".
In der vergangenen Woche ist ein Ermittlungsteam unter der Leitung von Konteradmiral Horst-Dieter Kolletschke an Bord der "Gorch Fock" gegangen, um die Vorgänge aufzuklären. Zwei Mitarbeiter des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus gingen bereits vor der Heimreise der "Gorch Fock" von Bord. Sie werden Mitte der Woche mit ihren Untersuchungsergebnissen in Deutschland erwartet. Die restlichen Ermittler werden voraussichtlich Mitte Februar von Bord gehen und zurück nach Deutschland fliegen.
Jetzt führt Michael Brühn das Kommando auf der "Gorch Fock". Bevor das Schiff am vergangenen Sonntag ablegte, ging der abgesetzte Kapitän Norbert Schatz von Bord.
Die Mannschaft salutiert, als Schatz sein Schiff verlässt. Schatz senkt den Kopf, als er über die Gangway an Land geht. Dann dreht er sich noch einmal um, winkt seiner Mannschaft und sagt: "Macht's gut!" Die Besatzung winkt zurück, aus der Takelage halten Soldaten das Plakat hoch, vor dem sie sich in der vergangenen Woche zusammen mit Schatz haben fotografieren lassen: "Ein Kommandant, eine Besatzung, ein Schiff" steht darauf. Das Nebelhorn tutet zum Abschied.
Schatz kehrt per Flugzeug nach Deutschland zurück. Bis auch die "Gorch Fock" wieder in ihren Heimathafen Kiel einläuft, wird es noch länger dauern. Das Ausbildungsschiff benötigt drei Monate für die Reise. Nächster Stopp ist Valparaiso in Chile.