Die Gewerkschaft der Polizei fürchtet, dass die Hubschrauberstaffel in Niedersachsen den Sparmaßnahmen zum Opfer fällt.
Hannover. Als einziges Bundesland in Norddeutschland verfügt Niedersachsen über Polizeihubschrauber mit Bereitschaft rund um die Uhr. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) aber fürchtet, dass die CDU/FDP-Landesregierung die Staffel im Zuge ihrer Sparmaßnahmen komplett abschaffen will. GdP-Landesvize Dietmar Schilff erinnerte gestern in Hannover daran, dass die Suche nach vermissten Kindern oder verwirrten alten Menschen auch bei Nacht eine der Hauptaufgaben der Staffel ist: "Es ist zwingend erforderlich, dieses Einsatzmittel zu erhalten."
Über jeweils zwei Polizeihubschrauber verfügen Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Sowohl das Flächenland Schleswig-Holstein wie der Stadtstaat Bremen dagegen fordern im Falle eines Falles Hubschrauber aus den Nachbarländern an. Aus GdP-Sicht wichtig: In Niedersachsen wird am Standort Hannover rund um die Uhr gestartet mit moderner Ausrüstung wie Wärmekameras und Restlichtverstärkern für die Vermisstensuche: "Die sind bei der Suche nach Vermissten oder der Fahndung unschlagbar". Rund 40 Prozent aller Einsätze, so die GdP, erfolgen bei Nacht.
Dirk Hallmann, Sprecher des Innenministeriums in Hannover, widersprach gestern der GdP: "Auch im Rahmen der anstehenden Sparmaßnahmen wird nicht an die Abschaffung der Hubschrauberstaffel gedacht." Aber auf die Frage, ob denn geplant sei, die in Norddeutschland einmalige Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft abzuschaffen, mochte er sich nicht festlegen: "Im Rahmen der Haushaltsklausur der Landesregierung am Wochenende steht alles im Fokus, das können wir im Vorfeld nicht kommentieren." Was genau passiert, verkündet Ministerpräsident David McAllister (CDU) am Montag.
Rund zwei Millionen Euro lässt sich Niedersachsen seine Hubschrauberstaffel mit 60 Mitarbeitern gegenwärtig jährlich kosten. Eigentlich handelt es sich um fünf Maschinen, stationiert in Hannover-Langenhagen und Rastede bei Oldenburg. Am 12. Januar aber ist ein Hubschrauber abgestürzt. Die Neuanschaffung würde 6,5 Millionen Euro kosten und wäre unumgänglich, weil anders die 24-Stunden-Bereitschaft nicht zu gewährleisten ist. Rund 30 Prozent der Zeit nämlich stehen die Hubschrauber wegen Wartungsarbeiten nicht zur Verfügung. Die GdP sieht es als weiteres Indiz zumindest für eine drastische Reduzierung der Staffel, dass das Innenministerium für die beiden älteren Maschinen dringend benötigte Ersatzteile nicht bestellt. So muss einer dieser beiden Helikopter dauerhaft am Boden bleiben, weil ein neues Triebwerk nicht angeschafft wird. Kostenpunkt: rund eine halbe Million Euro. Faktisch stehen also nur noch drei Helikopter bereit.
Die GdP warnt vor diesem Hintergrund auch vor der Reduzierung der Staffel auf nur einen Standort: Damit würden die Anflugzeiten um bis zu 40 Minuten verlängert und bei Flugzeiten von höchstens zweieinhalb Stunden die Einsätze stark verkürzt. Die für Flächenländer festgelegte Erreichbarkeit etwa eines Tatortes in 30 Minuten sei nicht annähernd einzuhalten.
GdP-Vize Schilff bestreitet die finanziellen Probleme des Landes nicht, aber verweist auf mehr als 1500 Anforderungen der Polizeibeamten jährlich und die sich immer mehr verschärfenden Einsatzlagen bis hin zu Castortransporten: "Einsparungen dürfen nicht zulasten der optimalen Sicherstellung der inneren Sicherheit in Niedersachsen gehen."
Im benachbarten Schleswig-Holstein, obwohl ebenfalls ein Flächenstaat, gibt es keine Hubschrauberstaffel. Eine Sprecherin der Polizei in Kiel erläutert auf Anfrage, wenn der Einsatz eines Helikopters nötig werde, fordere man ihn aus dem benachbarten Hamburg oder von der Bundespolizei an, die einen Stützpunkt in Bad Bramstedt hat. Mindestens finanziell fährt das nördlichste Bundesland damit vergleichsweise gut: Im vergangenen Jahr waren es wie schon im Jahr zuvor genau 39 Flüge mit Gesamtkosten von 41 000 Euro. Das entspricht 650 Euro je Flugstunde, während die niedersächsische GdP mit Kosten von 1100 Euro und einem Vielfachen an Einsätzen rechnet.
Thomas Giebeler, Sprecher des Innenministeriums in Kiel, sieht die innere Sicherheit auch ohne eigene Hubschrauberstaffel nicht gefährdet: "Wenn unsere Polizei einen Hubschrauber braucht, helfen uns Hamburg, die Bundespolizei oder die Bundeswehr. Das klappt reibungslos und ist ein Beispiel effizienter Zusammenarbeit über Landes- und Behördengrenzen hinweg."