Der Bund hilft Schleswig-Holstein mit 25 Millionen Euro. Doch die Leibniz-Gemeinschaft wehrt sich gegen die geplante Zerschlagung.

Kiel/Berlin. Die Leibniz-Gemeinschaft will ihr Kieler Institut für Meereskunde nicht an die Helmholtz-Gemeinschaft abgeben. Das IFM Geomar sei unverzichtbar, sagte der Präsident der Wissenschaftsorganisation, Karl Ulrich Mayer, am späten Donnerstagabend in Berlin. Der Bund und Schleswig-Holstein hatten zur Rettung der Medizinischen Fakultät an der Lübecker Universität vereinbart, das Institut der Helmholtz-Gemeinschaft zuzuschlagen. So kann der Bund es mit 90 statt mit 50 Prozent finanzieren. Dazu gibt er etwa 25 Millionen Euro zusätzlich. Das Land muss im Gegenzug aus eigenen Mitteln die Medizin in Lübeck dauerhaft sicherstellen. Es habe keine Abstimmung mit dem Institut gegeben, kritisierte Mayer. Die Verschiebung von Finanzströmen sei keine Lösung.

Mayer reagierte damit auf die Aussagen von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Carstensen hatte gestern Abend in Berlin verkündet, dass die Medizinerausbildung in der Hansestadt dank eines dicken Schecks aus Berlin erhalten bleibt. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) will Schleswig-Holstein jährlich um 25 Millionen Euro entlasten und damit genau um die Summe, die Carstensen durch die Abwicklung der Medizinischen Fakultät in Lübeck sparen wollte.

Der Rahmen für den "Deal mit Berlin" wurde Ende 2009 bei einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesteckt. Als Gegenleistung verhalf Schleswig-Holstein offenbar dem umstrittenen Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu einer Mehrheit im Bundesrat.

Der Löwenanteil der Bundeshilfe soll durch eine Beförderung des Kieler Instituts für Meeresforschung (Geomar) fließen. Der Trick: Die Meereswissenschaftler, die bisher zur Leibniz-Gemeinschaft gehören und damit hälftig von Bund und Land finanziert werden, sollen künftig in der Helmholtz-Gemeinschaft forschen. Deren Einrichtungen werden zu 90 Prozent vom Bund bezahlt. Schleswig-Holstein muss so statt 50 nur noch zehn Prozent des Etats von 30 Millionen Euro aufbringen, spart also zwölf Millionen Euro.

Der Aufstieg der Meeresforscher in die Bundesliga ist zwar ungewöhnlich, aber kein Sonderfall. Im Frühjahr nahm die Helmholtz-Gemeinschaft das Forschungszentrum Dresden-Rossendorf auf. Das Zentrum gehörte vorher zur Leibniz-Gemeinschaft. Der Bund will sich darüber hinaus stärker als geplant an den Kosten für ein neues Geomar-Gebäude und ein Forschungsschiff beteiligen. Carstensen entließ die Lübecker Universität allerdings nicht ganz aus der Pflicht. Die kleine Hochschule (2400 Studenten) hatte selbst vorgeschlagen, sich in eine Stiftungs-Uni umzuwandeln und in der Wirtschaft Geld einzusammeln. Der Hochschule in Lübeck, aber auch der in Kiel, drohen zudem moderate Einschnitte. "Darauf, dass wir jetzt zusätzliche Mittel vom Bund erhalten, dürfen wir uns nicht ausruhen", sagte der Hochschulexperte der CDU-Landtagsfraktion, Daniel Günther. Die beiden Universitäten müssten eng zusammenarbeiten und so Synergien erzielen.

Im September will die schwarz-gelbe Koalition in Kiel ein Zukunftskonzept für die Hochschulmedizin vorlegen. Ob Schleswig-Holstein, das überdurchschnittlich viele Mediziner ausbildet, einige Studienplätze in Lübeck oder Kiel kappt, ist offen. Eine Festlegung gibt es auch deshalb nicht, weil Schavan keinen Zweifel daran ließ, wie wichtig ihr die Studienplätze sind.

Im Idealfall käme Lübeck also fast ungeschoren aus der Sparaktion heraus. Andere Sparopfer witterten Morgenluft. "Ich freue mich mit den Lübeckern und bin jetzt optimistisch, dass wir auch für Flensburg eine Lösung finden", sagte die CDU-Landtagsabgeordnete Susanne Herold dem Abendblatt. Die dortige Universität ist ebenfalls in Gefahr.

Ein Kurswechsel der Regierung zeichnet sich bereits bei einer weiteren Sparmaßnahme ab, der Kürzung der Zuschüsse für die Schulen der dänischen Minderheit. Grund sind die Proteste aus Dänemark.

Regierungschef Lars Lökke Rasmussen (Rechtsliberale) beschwerte sich offiziell in Berlin über die Kieler Pläne. Tätig wurde auch die deutsche Botschaft in Kopenhagen. Sie soll Berlin davor gewarnt haben, dass dänische Medien im Sommerloch eine deutschfeindliche Stimmung schüren könnten.

Carstensen räumte in kleinem Kreis ein, dass er die Folgen des Sparbeschlusses unterschätzt habe. Der Ministerpräsident setzt jetzt auf eine Arbeitsgruppe mit Experten aus der Kopenhagener und der Kieler Regierung. Sie soll einen Burgfrieden im deutsch-dänischen Konflikt aushandeln.