Gekündigt werden Altverträge, die noch eine juristisch umstrittene Klausel enthalten. Betroffene Kunden erhalten neue Angebote.
Hamburg. Der norddeutsche Energieversorger E.on Hanse kündigt mehreren tausend seiner Gaskunden die Verträge. Dabei handelt es sich um Altverträge, die noch eine juristisch umstrittene Preisänderungsklausel enthalten, erklärte Geschäftsführer Matthias Wendel. Die betroffenen Kunden bekommen neue Verträge mit einer modernisierten Formulierung angeboten sowie einen Bonus von 80 Euro, wenn sie abschließen. Sie haben ebenso die Möglichkeit, zu einem anderen Versorger zu wechseln. Wer gar nichts macht, wird in die sogenannte Grundversorgung übernommen und erhält weiterhin Gas - allerdings zu schlechteren Konditionen.
„Wir haben neue Verträge, neue Produkte, neue Tarife“, sagte Wendel. Bereits im vergangenen Herbst habe E.on Hanse allen Kunden die Verträge angeboten und die meisten hätten auch unterschrieben. Die Kunden hätten dadurch keinerlei Nachteile; die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) seien branchenüblich und die Tarife konkurrenzfähig. Wie viele Kunden genau von der Kündigung betroffen sind, wollte E.on Hanse nicht sagen. Es dürften jedoch mindestens 10 000 sein. E.on Hanse veröffentlicht seit Jahren keine Kundenzahlen mehr; vor einigen Jahren versorgte das Unternehmen rund 500 000 Kunden im Großraum Hamburg mit Gas.
Die Kündigung der Altverträge steht im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit, den 52 Gaskunden mit Unterstützung der Hamburger Verbraucherzentrale vor fünf Jahren gegen E.on Hanse auf dem Weg einer Sammelklage angestrengt haben. Dabei sollte überprüft werden, ob die Preiserhöhungen von E.on Hanse in einer Phase steigender Preise angemessen und fair (juristisch: billig) waren. Nach jahrelanger Verhandlung entschied das Gericht im Oktober 2009 diese Frage jedoch nicht, sondern erklärte die Preisanpassungsklausel in den Verträgen von E.on Hanse insgesamt für unwirksam, weil sie zu unbestimmt sei.
Gegen diese Entscheidung des Landgerichts hat E.on Hanse Berufung eingelegt. „Das würde bedeuten, dass wir praktisch einen Festpreis vereinbart hätten und die Preise weder nach oben noch nach unten anpassen könnten“, sagte Wendel. Das wäre bei den langen Laufzeiten der Verträge und der Preisschwankungen auf den Weltmärkten aber nur mit Risikoaufschlägen möglich gewesen, die es nicht gegeben habe. E.on Hanse habe den Kunden lediglich steigende und sinkende Beschaffungskosten weitergegeben. Allein im Jahr 2009 seien die Preise drei Mal gesenkt worden.
Gegen mehrere hundert Kunden, die ihre Rechnungen wegen der unklaren Rechtslage gekürzt haben, führt E.on Hanse Prozesse vor Amtsgerichten. Die Richter berufen sich jedoch meist auf das nicht rechtskräftige Urteil des Landgerichts und geben den Kunden recht. Wendel sagte, er sei davon überzeugt, dass E.on Hanse am Ende gewinnen werde. Der juristische Weg sei aber noch lang; am Ende werde vermutlich der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Um Klarheit zu schaffen, würden die Altverträge daher nun gekündigt.