781 Kunden aus Hamburg wollen künftig über einen gemeinsamen Pool Energie beziehen. Der Konzern ist über das neue Angebot verwundert.
Hamburg. Der Aufruf der Hamburger Verbraucherzentrale (vzhh), in Hamburg eine Gasgemeinschaft zum günstigeren Einkauf zu bilden, findet offenbar ein Echo. 781 Gasverbraucher haben sich laut der Internetseite der Verbraucherschützer bis gestern gemeldet. Für die vzhh bedeutet dies 7810 Euro Einnahmen. Denn jeder Interessent muss eine Schutzgebühr von zehn Euro bezahlen. "Dieses Geld benötigen wir für unseren Aufwand. Immerhin sind derzeit acht Mitarbeiter mit dem Thema beschäftigt", verteidigte Günter Hörmann, Geschäftsführer der vzhh, gegenüber dem Abendblatt die Gebühr.
Die Verbraucherzentrale hatte zum gemeinsamen Gaseinkauf aufgerufen, nachdem - wie berichtet - der Versorger E.on Hanse mindestens zehntausend Kunden in seinem Verbreitungsgebiet in und außerhalb Hamburgs gekündigt hatte. Zuvor hatten diese Kunden einen alten Gasvertrag, dessen Klauseln nach heutigem Recht nicht korrekt sind, nicht gegen einen neuen Vertrag eingetauscht. Um den Wechsel zum neuen, juristisch abgesicherten Tarif Idealgas zu versüßen, bot der Versorger seinen Kunden zudem 80 Euro als Prämie bei einem Vertragsabschluss bis zum 30. Juni an. Die Kunden müssen entweder den neuen Vertrag annehmen oder den Anbieter wechseln, wenn sie nach dem 30. Juni nicht automatisch in die teurere Grundversorgung von E.on Hanse kommen wollen.
"Mich verwundert sehr, dass die Verbraucherzentrale jetzt eine Einkaufsgemeinschaft für Gaskunden gründet", sagte Matthias Wendel, Vertriebschef von E.on Hanse. "Es herrscht bereits Wettbewerb auf dem Markt", so Wendel weiter. Zudem habe die vzhh die Aufgabe, die Kunden neutral zu beraten. "Wenn sie sich aber ausschließlich auf ein Unternehmen festlegt, frage ich mich, ob man dann noch von Neutralität sprechen kann", meint Wendel, der in der vzhh sogar schon "einen weiteren Wettbewerber auf dem Markt" sieht.
Hörmann weist die Vorwürfe als haltlos zurück. "Wir sind kein Wettbewerber der Versorger, denn wir sind kein Gasanbieter oder -händler, sondern bilden nur einen Pool zum Gaseinkauf. In vielen anderen Bereichen wie etwa dem Heizölbezug gibt es dies schon lange", sagt er. Die vzhh bündele nur die Nachfragemacht, um zu erreichen, dass die Kunden bessere Konditionen bekommen als die einzeln auftretenden Privathaushalte.
Den Wettbewerb auf dem Markt, von dem Wendel spricht, gibt es tatsächlich bereits. Das Verbraucherportal Verivox.de listet allein in Hamburg 50 Gastarife aus, unter denen der Kunde auswählen kann. Nicht berücksichtigt in der Auflistung sind jene Anbieter, die Vorkasse verlangen, oder eine Kaution, die sie bei Vertragsablauf wieder zurückzahlen. E.on Hanse liegt mit Idealgas preislich mit 1137,13 Euro Jahreskosten bei Abnahme von 20 000 Kilowattstunden im Mittelfeld. Der günstigste Anbieter verlangt 995,80 Euro, der teuerste 1651,48 Euro. Laut Verivox bezahlt ein Gaskunde im Bundesdurchschnitt bei einer Abnahme von 20 000 Kilowattstunden beim jeweils günstigsten Tarif des örtlichen Versorgers durchschnittlich 1192 Euro.
"Viele betroffene Kunden waren natürlich wegen der Kündigung verunsichert. Aber wenn sie zu uns in die Beratung kamen, konnten wir ihre Bedenken ausräumen", so Wendel, der berichtet, dass schon viele die neuen Verträge unterschrieben hätten - die genaue Zahl nennt er nicht.
Hörmann ist optimistisch, dass die vzhh einen Versorger findet, der seinen Tarif für die Gemeinschaft etwas günstiger macht - obwohl dieser jeden Kunden einzeln abrechnen muss und zumindest dabei keinen Pool-Vorteil hat. "Aber er spart die Akquisitionsgebühren", so vzhh-Chef. Aktiv nach einem Anbieter gesucht hat er allerdings noch nicht. "Wir sammeln noch bis Ende Mai weitere Interessenten", sagt er. Danach werde mit Anbietern verhandelt. Nur eines ist für ihn sicher: E.on Hanse soll den Zuschlag nicht bekommen - selbst wenn der Versorger das günstigste Angebot biete. "Wir wollen mit unserem Handeln nicht nur niedrigere Preise für Gaskunden erreichen, sondern auch den Wettbewerb im Markt voranbringen. Und Wettbewerb schafft man nur, wenn der bisherige Platzhirsch noch mehr Konkurrenz bekommt."
Der Hamburger Gaskrieg hat auch schon die Konkurrenz entdeckt. In Zeitungsanzeigen lockt der Anbieter Goldgas die von E.on Hanse gekündigten Kunden an. E.on Hanse selbst wirbt in plakativem Rot für seinen 80-Euro-Bonus.