Hamburg. Wenige Monate vor dem Führungswechsel beim größten deutschen Energiekonzern E.on hat Vorstandschef Wulf Bernotat die Erwartungen an das laufende Geschäftsjahr gedämpft. "Die Rezession hat auch unser Geschäft beeinträchtigt, denn als Folge der schwachen Konjunktur ging auch der Energieverbrauch zum Teil deutlich zurück", sagte der 61-Jährige gestern in Düsseldorf. Drastische Einbrüche beim Stromverkauf an Industriekunden und der Gaspreisverfall haben Deutschlands größtem Energieversorger 2009 deutliche Umsatz- und Ergebniseinbußen beschert. "Im Jahr 2009 gab es Monate, in denen die Stromnachfrage von Industriekunden in Deutschland um fast 20 Prozent unter dem Vorjahreswert lag", berichtete Finanzvorstand Marcus Schenck.
Probleme bereitete dem Konzern auch der rezessionsbedingte Verfall der Gaspreise an den Spotmärkten, der das bisherige Geschäftsmodell des größten deutschen Gasimporteurs E.on Ruhrgas durcheinanderwirbelte. Hatte der Konzern bislang dank seiner langfristigen Lieferverträge stets von günstigen Einkaufspreisen profitiert, so fielen im Zuge der Krise die Preise an den Energiebörsen deutlich unter das Niveau der E.on-Bezugsverträge. Insgesamt sank der E.on-Umsatz im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf knapp 82 Milliarden Euro. Der bereinigte Konzernüberschuss ging um 4,8 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro zurück.
Um den Gasabsatz in Norddeutschland weiter anzukurbeln, hat gestern die Konzerntochter E.on Hanse als erster Energiekonzern in Hamburg den Verkauf von Bioerdgas an seinen 16 Erdgastankstellen im Norden aufgenommen. Neun davon befinden sich in Hamburg, darunter je eine in der Schnackenburgallee, in der Billstraße und in der Habichtstraße.
"Bioerdgas vermindert als Treibstoff oder in der Anwendung als Heizenergie die CO2-Belastung der Stadt. Und in strategischer Hinsicht macht es uns ein Stück unabhängiger von Erdgasimporten", kommentierte Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) die Initiative. "Unser Produkt ist eine Mischung aus herkömmlichem Erdgas mit einem besonders hohen Bioerdgasanteil", sagte E.on-Hanse-Vertriebschef Matthias Wendel.
Der Konzern mischt dem konventionellen Gas zehn Prozent Biogas aus deutscher Erzeugung bei. Auf den ersten Blick erscheint dies wenig, doch mehr ist mangels verfügbarer Mengen heute noch nicht möglich. Die Wettbewerber von E.on Hanse haben in der Regel nur einen fünfprozentigen Ökoanteil in ihrem Biogas.
Autofahrer mit Erdgastank sparen in Deutschland viel Geld, weil der Staat Gas als Fahrzeugantrieb wegen seiner Umweltfreundlichkeit subventioniert. Bei E.on Hanse kostet Biogas zum Tanken genauso viel wie das konventionelle Erdgas. Der Preis von 89 Cent pro Kilogramm entspricht - auf die Fahrleistung eines Autos umgerechnet - einem Benzinpreis von 60 Cent pro Liter.