Mit EKD-Präses Göring-Eckardt äußerte sich erstmals ein führendes Mitglied der EKD zu der Trunkenheitsfahrt von Bischöfin Margot Käßmann.
Hannover. Nach ihrer Trunkenheitsfahrt gerät Bischöfin Margot Käßmann zunehmend unter Druck. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wurde am Sonnabend stark betrunken am Steuer ihres Dienstwagens gestoppt. Am Abend wollte der Rat der EKD in einer Telefonkonferenz über den Vorfall beraten. Mit einer Entscheidung über die Zukunft Käßmanns sei aber wohl nicht zu rechnen, erklärte EKD-Sprecher Reinhard Mawick. Zuvor hatte die Bischöfin bereits alle öffentlichen Termine bis auf weiteres abgesagt.
Die Bischöfin war am Sonnabend gegen 23.00 Uhr in der Innenstadt von Hannover von der Polizei gestoppt worden, nachdem sie mit ihrem Dienstwagen eine rote Ampel ignoriert hatte. Eine Blutprobe ergab 1,54 Promille, wie die Staatsanwaltschaft Hannover erklärte. Ab 1,1 Promille liegt in Deutschland absolute Fahruntüchtigkeit und eine Straftat vor. Käßmanns Führerschein wurde eingezogen, ein Strafverfahren eingeleitet.
„Ich bin über mich selbst erschrocken, dass ich einen so schlimmen Fehler gemacht habe“, ließ Käßmann über die EKD mitteilen. „Mir ist bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer ist. Den rechtlichen Konsequenzen werde ich mich selbstverständlich stellen.“
Katrin Göring-Eckardt, Präses der EKD-Synode, sagte in den ARD-“Tagesschau“, eine Fahrt mit 1,5 Promille sei „nicht akzeptabel“. Sie wisse aus Gesprächen mit Käßmann, dass diese von ihrem Fehlverhalten selbst am meisten getroffen sei, und deshalb respektiere sie, dass sich Käsmann jetzt für eine Zeit zurückziehen werde. Aber sie schätze ihre Arbeit außerordentlich.
Der Sprecher der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, Johannes Neukirch, sagte dem DAPD, Käßmann sei auf einem privaten Termin gewesen. Darüber, wieviel Käßmann getrunken hat, gebe es keine Auskünfte.
„Das ist ein Blackout“
Die Reaktionen fielen zwiespältig aus. Der Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber erklärte der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, für Käßmann sollten die gleichen Maßstäbe gelten wie für jeden anderen auch: „Weder Häme noch Beschönigung sind am Platz, was jetzt Not tut, sind Fairness der Öffentlichkeit und Offenheit in der Sache.“ Auf die Frage, ob Käßmann den Vorsitz im Rat der EKD abgeben müsse, sagte Weber: „Das muss der Rat der EKD mit ihr diskutieren, die Situation ist singulär.“
Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer nahm Käsmann in Schutz. „Das ist ein Blackout, der leider immer wieder Leuten passiert, die in öffentlichen Ämtern unter Dauerstress stehen“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. Gleichwohl sei die Alkoholfahrt eine Verfehlung, die nicht einfach zu rechtfertigen sei.
Der Vorsitzende der konservativen Protestanten, der Hamburger Pfarrer Ulrich Rüß, erklärte in derselben Zeitung, es sei jetzt nicht angebracht, von außen einen Rücktritt zu fordern. Käßmann sei „sensibel genug“ die entsprechenden Konsequenzen selbst zu ziehen.
Günther Beckstein, stellvertretender Vorsitzender der EKD-Synode, sieht in der Alkoholfahrt keinen Grund für einen Rücktritt. Den „Nürnberger Nachrichten“ sagte er, Käßmann habe sicher einen Fehler begangen. „Aber dieser Fehler wird nicht dazu führen, dass sie von ihrem Amt zurücktreten muss. Auch eine Bischöfin ist keine Heilige, sondern nur ein Mensch, der fehlbar ist.“