Umwelt- und Landwirtschaftsämter sowie Behörden für den Arbeits- und Immissionsschutz sollen in die Regie der Landkreise gegeben werden.

Schwerin/Neubrandenburg. Die SPD/CDU-Koalition hat ihren Streit um die Übertragung von Verwaltungsaufgaben an die Kommunen vorerst beigelegt. Die Umwelt- und Landwirtschaftsämter sowie die für den Arbeits- und Immissionsschutz zuständigen Behörden sollen an vier Standorten im Land konzentriert und nach Möglichkeit in die Regie der Landkreise und kreisfreien Städte gegeben werden. Im Koalitionsausschuss habe man sich am Dienstagabend geeinigt, dass es erst eine „Straffung“ der Verwaltung und dann eine Kommunalisierung geben solle, sagte Tordis Batscheider von der SPD. „Unser gemeinsames Ziel ist: Es soll möglichst viel auf die kommunale Ebene übertragen werden“, betonte CDU-Fraktionssprecher Wolfram Axthelm. Fachleute sollen jetzt prüfen, wie die Vierer- Struktur der Ämter mit den künftig nur noch sechs Landkreisen und zwei kreisfreien Städten vereinbar ist. Auch Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hofft, dass mit der Reform so viele Aufgaben wie möglich kommunalisiert werden können. Im Gespräch mit dem Radiosender Antenne MV fügte er aber hinzu, es gebe zahlreiche Aufgaben auf Landesebene, die jetzt schon in einer Vierer- oder Fünferstruktur erfüllt würden. „Da wäre es ein Rückschritt, sie aufzuteilen auf acht Kommunen.“

Nach Ansicht von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) verstärkt die Finanz- und Wirtschaftskrise den Reformdruck. „Uns und den Kommunen brechen die Steuern weg“, sagte Caffier vor rund 80 Unternehmern in Neubrandenburg. Im Land müsse man auch darüber nachdenken, ob manche Straßen noch asphaltiert werden und ob sich das Land noch 99 Grund-, Mittel- und Oberzentren leisten könne. „Wir kommen um Konzentrationen nicht herum“, sagte der CDU-Politiker. Er zeigte sich optimistisch, dass man sich im Streit um die Verteilung der Verwaltungsaufgaben mit den Kommunen einigen werde.

Der Geschäftsführer des Landkreistages, Jan Peter Schröder, kritisierte die geplante Vierer-Struktur: „Wir würden es wesentlich billiger machen können als das, was jetzt von Landesseite durch vier zentrale Ämter oder Amtsregionen vorgesehen ist“, sagte Schröder Antenne MV. Zugleich wandte sich er sich gegen einen Zwang zur Zusammenarbeit für die Landkreise. „Wir wollen es selber entscheiden. Wenn die Kommunen sagen, wir können es in unserer Struktur genauso gut, dann sollen sie es im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selber machen“, sagte Schröder.

Nach Ansicht der Linksfraktion verstößt der Beschluss der Koalition gegen das Reform-Leitbild des Landtags, nach dem Landesaufgaben in der Regel auf alle Landkreise übertragen werden sollen. „Sollte dieses Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden, stehen neue Kreisstrukturen ernsthaft in Frage“, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Peter Ritter. Bereits heute kooperierten die Landkreise und teilten sich Aufgaben – ein Verfahren, das nach Ansicht von Ritter problemlos in den jetzigen Strukturen ausgebaut werden könnte. Linksfraktionschef Helmut Holter sprach von einem „Kuddelmuddel“ bei der Reform. Die Linke werde beantragen, die Verwaltungsreform erst mit den Kommunalwahlen 2014 durchzuführen.

FDP-Fraktionschef Michael Roolf bezeichnete den Koalitionskompromiss als „Armutszeugnis“. Die angekündigte Kommunalisierung von 200 Stellen des Landes sei ein „Feigenblatt, um die ausbleibenden Einsparungen und das eigene Versagen zu verdecken“. Das Projekt „umfassende Verwaltungsreform aus einem Guss“ sei längst gescheitert.

Die SPD-Minister Till Backhaus (Agrar) und Manuela Schwesig (Soziales) hatten sich vor wenigen Tagen gegen die Kommunalisierung der ihnen unterstellten Ämter ausgesprochen. Die SPD-Landtagsfraktion hatte sie dabei unterstützt. Die CDU-Fraktion hatte dagegen für eine möglichst weitgehende Aufgabenübertragung an die Landkreise und kreisfreien Städte plädiert.