Reeßeln. Der “Küchenfreunde“-Chef hat seine Jugend in der Lüneburger Heide verbracht, von dort bezieht er Produkte für seine Lokale.

„Das ist für mich Natur pur und immer noch ein Stück Zuhause. Denn hier habe ich meine Jugend verbracht“, sagt Hannes Schröder. Der 41-Jährige ist gerade von der Landstraße auf einen Feldweg abgebogen. Der Wagen schlängelt sich durch den Wald. Die Bäume tragen Herbstlaub. Es ist ein wenig hügelig hier in der Lüneburger Heide. Noch eine Kurve und dann ist der Kastanienhof in Reeßeln in der Nähe von Bleckede erreicht.

Hannes Schröder führt erst mal zu dem historischen Bauernhaus, einst erbaut um 1873 und 1990 aufwendig saniert. „Meine Eltern haben sich hier den Traum von einem Leben auf dem Land erfüllt. Wir haben vorher in einem Stadthaus in Othmarschen gewohnt und sind dann hier raus gezogen. Das war ein Traum, mit meinen beiden Geschwistern sind wir hier mit Rindern, Schafen und Gänsen aufgewachsen. Ich habe schon mit 14 Jahren zusammen mit unserem Hofhelfer die ersten Tiere zerlegt“, sagt Hannes Schröder. Das Leben auf dem Hof habe seine Begeisterung für das Thema Nachhaltigkeit und Regionalität in Bezug auf Lebensmittel geprägt.

Hannes Schröder: Küchenfreunde feiert Geburtstag

Der Gastronom hat das Abendblatt auf den Familienhof eingeladen. Er führt über das großzügige Anwesen, vorbei am Karpfenteich. Auf der Wiese grasen Schafe und Heidschnucken. In einem Gehege verschaffen sich die Gänse und ein prächtiger Puter Gehör. Kirsch-, Birnen- und Quittenbäume stehen hier. „Aus den Früchten machen wir Saft, den wir dann auch in unseren eigenen Lokalen ausschenken.“

In dem vergangenen Jahrzehnt hat sich Schröder ein kleines Gastroimperium aufgebaut. Auch ein Grund für das Treffen mit dem Abendblatt. Denn am Sonnabend feiert sein erstes Restaurant Küchenfreunde den zehnten Geburtstag. „Ich habe damals mit Thomas Mayer am Grindelhof gestartet. Es war kaum Geld für die Eröffnung eines Restaurants da, und deshalb haben wir mit einer kleinen Fläche und 24 Plätzen angefangen.“

Vor seiner Selbstständigkeit arbeitete Schröder für die Hyatt Gruppe

Auf der Speisekarte stehen bis heute regionale Gerichte und Klassiker wie das Wiener Schnitzel. Die beiden sind vom Fach, gelernte Köche. Hannes Schröder hat seine Ausbildung im Park Hyatt im Levantehaus gemacht. Der Küchenmeister hat bis 2011 für die amerikanische Luxuskette gearbeitet, unter anderen im Sternerestaurant vom Park Hyatt Paris-Vendôme und zum Schluss als Küchenchef im Hyatt Regency Düsseldorf. „In dieser Zeit bestand mein Leben eigentlich nur aus Arbeiten und Schlafen.“

Er hat den Stecker gezogen und ist zurückgekehrt auf den Kastanienhof. „Ich habe mich gemeinsam mit meinem Vater um die Vermarktung unserer Kartoffeln gekümmert. Wir beliefern seit bald 30 Jahren viele Hamburger Supermärkte, und natürlich verwenden wir die Kartoffeln auch in unseren eigenen Läden, zum Beispiel für unser beliebtes Püree.“ Aber der Job habe ihn auf Dauer nicht ausgefüllt. Heute sind die Kartoffelacker übrigens verpachtet, werden von Mitgliedern der Höfegemeinschaft Natur direkt betrieben, der der Kastanienhof angeschlossen ist.

Hannes Schröder betreibt auch Eventlocation Kraftwerk

Zurück zu den Küchenfreunden: Da hat sich in den vergangenen zehn Jahren einiges getan. Das Lokal am Grindelhof führt Thomas Mayer seit 2019 in Eigenregie. Das zweite Küchenfreunde-Restaurant am Lehmweg, das 2015 eröffnet wurde, betreibt Schröder heute gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Tim Lang. Außerdem nennen die beiden die Bar Botanic District und das was wir wirklich Lieben Deli an der Hegestraße ihr Eigen.

Gemeinsam mit weiteren Partnern betreibt Schröder das Herzstück am Eppendorfer Weg und einen Feinkostladen mit Deli an der Langen Reihe (wir berichteten). Auch die Eventlocation Kraftwerk in Bahrenfeld, hier ist die Vorbereitungsküche für alle Läden, ist Teil der Firmenfamilie. Und im Kraftwerk wird an diesem Sonnabend mit rund 300 Gästen auch der Küchenfreunde-Geburtstag begangen.

Durchatmen auf dem Kastanienhof

Da ist der Kastanienhof der richtige Ort, um vor dem rauschenden Fest noch einmal durchzuatmen. Inzwischen hat Schröder die Wiese mit den 28 Hochbeeten erreicht. „Hier bauen wir zum Beispiel Salat, Petersilie, Schnittlauch, Kerbel, Kresse und Blüten an. Das wird natürlich auch alles in unseren Restaurantküchen verarbeitet.“ Später wird der Gastrounternehmer sein Fahrzeug mit vielen Kisten voll Grünzeug beladen – Nachschub für seine Lokale. Auch die Eier werden aus der Umgebung bezogen.

Viel Platz haben die Gänse und der Puter auf dem Areal.
Viel Platz haben die Gänse und der Puter auf dem Areal. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Unterdessen ist auch Ralf Schröder zurückgekehrt. Der Hausherr hatte eben noch auf einem Feld von einem der Bauern aus der Höfegemeinschaft Grünkohl geerntet. Und Steinpilze hat der 77-Jährige gesammelt, die er zum Mittag zubereiten wird. Seit gut 30 Jahren lebt und arbeitet der ehemalige Wertpapierhändler hier. Hat hier mit Bio-Landwirtschaft nach den strengen Kriterien des Demeter-Gütesiegels angefangen. „Ich habe alles richtig gemacht. Es macht mich glücklich, an diesem Ort zu sein, umgeben von Natur und Tieren“, sagt Vater Schröder.

„Hier haben wir Trüffelbäume gepflanzt"

Während sich der Senior um die Steinpilze kümmert, lädt der Junior zur Rundfahrt mit dem restaurierten Fendt-Trecker aus den 1960er-Jahren ein. Die Liegenschaften der Familie umfassen hier etwa 90 Hektar inklusive Wald. Die meisten Flächen sind heute verpachtet. Es geht über Stock und Stein. Hannes Schröder ist in seinem Element. Felder, soweit das Auge reicht und dann macht er halt auf einer Lichtung. Der Gastronom lächelt. „Hier haben wir Trüffelbäume gepflanzt. Wenn alles gut geht, müssten im Bereich der Wurzeln irgendwann mal Trüffel wachsen.“

Es geht zurück auf den Kastanienhof. Die Sonne scheint. Man nimmt draußen am langen Holztisch Platz. Ralf Schröder stellt die Pfanne mit den Steinpilzen auf den Tisch. Der passende Moment für Hannes Schröder, der Vater einer bald einjährigen Tochter ist, die vergangenen zehn Jahre Revue passieren zu lassen. „Wir haben inzwischen mehr als 100 Mitarbeiter, sind eine richtige Gastrofamilie. Viele sind schon seit Jahren bei uns. Zum Glück haben wir dadurch eine einigermaßen stabile Personaldecke.“

Das Tierwohl und die Qualität stehen für Schröder an erster Stelle

Der Eppendorfer hält kurz inne. „Aber ich hätte mir nicht träumen lassen, das wir mal vor solchen Herausforderungen stehen werden. Erst Corona und jetzt die explodierenden Energiekosten. Die Preise für hochwertige Lebensmittel sind ebenfalls deutlich gestiegen.“ Das könne man natürlich nicht alles eins zu eins an die Gäste weitergeben. Aber Schröder ist kreativ.

„Wir bekommen Spitzenqualität. Zum Beispiel kommt unser Bauern-Gockel vom Bio-Gut Drült an der Ostsee, und das Rindfleisch beziehen wir von der Metzgerei Naturgut Stahlbrode in Mecklenburg-Vorpommern. Das wird auch weiter so bleiben, weil wir hier wissen, dass es den Tieren gut geht.“ Aber um die Preise nicht ins Unermessliche zu erhöhen, lande halt weniger Fleisch auf dem Teller, doch dafür gebe es dann zum Beispiel mehr Gemüse.

Hannes Schröder will einen Jagdschein machen

Vielleicht gibt es in den Lokalen von Hannes Schröder schon bald Selbstgeschossenes. Der Gastronom plant einen Jagdschein zu machen.