Nachdem der Altkanzler am Sonntag schon mit seiner SPD gebührend in seinen Geburtstag reingefeiert hat, lässt auch seine Heimatstadt Hannover ihn hoch leben. Schröder freut es und er genießt das Lob von einstigen Kritikern nicht ohne Genugtuung.
Hannover/Berlin. Gerhard Schröder ist mit sich und der Welt im Reinen. Pünktlich zu seinem 70. Geburtstag wird der Altkanzler in Berlin und Hannover mit Lob überhäuft. Kritik etwa an seiner umstrittenen Arbeitsmarktreform Agenda 2010? Fehlanzeige. Kritik an seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin? Fehlanzeige. Stattdessen hagelt es Lob und Streicheleinheiten in einer Intensität, die auch Schröder auffällt.
„Danke herzlich für die treffenenden Worte des Lobes, die über mich ausgeschüttet worden sind“, sagt Schröder mit ironischem Unterton am Montag beim Festakt der Stadt im Rathaus. Es mache Spaß, gelobt zu werden, denn das sei für ihn nicht selbstverständlich. Angesichts der schier grenzenlosen Anerkennung scherzt er: „Was wollt ihr zu meinem 100. Geburtstag machen.“
Denn natürlich weiß niemand besser als Schröder selbst, wie lange gerade seine Parteifreunde mit der Agenda 2010 gehadert haben. Wahlniederlagen auf Bundes- und Landesebene wurden in der Folge nur allzu gerne als Folge der Schröder’schen Reformpolitik erklärt.
„Die Partei ist, auch wenn wir Streit hatten, immer mein Zuhause“, sagt er am Sonntagabend in Berlin. Genau wie die Partei will auch Schröder die Differenzen vergessen und sich lieber für seinen „Paradigmenwechsel“ (Niedersachsens SPD-Regierungschef Stephan Weil) feiern lassen. So ist nun von einem „unglaublichen Respekt“ (SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann), einem weitsichtigen Modernisierer (Weil) oder einem „Friedens- und Reformkanzler ohne Firlefanz“ (Hannovers SPD-Oberbürgermeister Stefan Schostok) die Rede.
Rund 180 Ehrengäste, darunter viele Wegbegleiter und Freunde sind in die Stadt gekommen, in der Schröder seit 2006 stolzer Ehrenbürger ist. Knapp 10 000 Euro lässt sich Hannover nach Angaben eines Sprechers den Empfang kosten. Am Vortag hatte er bereits in Berlin ein ganz ähnliches Spektakel auf Kosten der SPD genießen dürfen.
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Schröder, der sich in Hannover inzwischen wegen der landespolitischen Karriere seiner Frau Doris überwiegend um die Kinder kümmert, freut sich und geht mit der ihm innewohnenden Souveränität am Rednerpult selbst auf die Agenda ein. „Es geht in bestimmten Situationen darum, (...), dass man das Risiko eingeht, auch mal eine Wahl zu verlieren, wenn es im Interesse der Menschen des Landes als notwendig erachtet wird.“ Er erntet prompt den Applaus der Gäste.
Im Gegensatz zum Empfang der SPD am Sonntagabend in Berlin ist in Hannover auch Schröders Frau Doris anwesend. Wegen eigener wichtiger Termine habe sie am Vortag auf ihre Teilnahme verzichtet, sagt die Frau, die seit mehr als einem Jahr ihre eigene politische Karriere vorantreibt und für die SPD im niedersächsischen Landtag sitzt. Schröder-Köpf will längst nicht mehr nur an der Seite ihres Mannes in Kameras lächeln. „Nie wieder Staffage“, fasst sie es treffend und selbstbewusst zusammen, als sie sich erst nach langem Drängen der Fotografen zum Gruppenbild zu ihrem wartenden Mann gesellt.
Und Gerhard? Der dankt seiner „Doris“ in seiner kurzen Rede recht emotionslos und in seiner ganz eigenen Art für die Unterstützung: „Rücken freihalten war nie ihr Ding“, sagt er. Vielmehr habe ihre Kritik ihn stetig herausgefordert und dadurch weitergebracht.
Einen Tag nach der Niederlage seines Fußballvereins Hannover 96 beim Niedersachsenderby gegen Braunschweig geht sein letztes Wort an diesem Tag an 96-Präsident Martin Kind: „Sag diesen Leuten, die da hoch dotiert Fußball spielen und ausgerechnet im Jahr meines 70. Geburtstags in den Abstiegsstrudel geraten: Jungs, reißt euch den Arsch auf, damit der Abstieg vermieden wird.“ Und an seine Frau: „Doris, ich weiß, ich hätte Hintern sagen sollen.“