Als eine EHEC-Epidemie ausbrach, wurde ein Hof in Bienenbüttel zum Synonym dafür – zu Unrecht. Unter den Folgen leidet der Betrieb noch heute.

Bienenbüttel. Am Ende führten die Spuren zu dem kleinen Biohof im niedersächsischen Bienenbüttel. Dort verarbeitete Sprossensamen aus Ägypten sollen nach Erkenntnissen der Behörden Auslöser für die EHEC-Epidemie vor einem Jahr gewesen sein. Damals starben nach dem Verzehr von Sprossen 53 Menschen. Die Krise hat auf dem streng vegan geführten Gärtnerhof persönlich und wirtschaftlich tiefe Spuren hinterlassen. „Wir fangen im Prinzip wieder bei Null an“, sagt Geschäftsführer Klaus Verbeck im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

„Das ist jetzt ein ganz neuer Anfang dieses Jahr.“ Von einst 15 Mitarbeitern seien nur eine Teilzeitkraft und eine Aushilfe übriggeblieben. Nach der EHEC-Epidemie war der Umsatz auf 5 Prozent eingebrochen. „Mittlerweile liegen wir wieder bei fast 15 Prozent, Tendenz leicht steigend“, sagt der Gärtnermeister. „Obwohl bei uns nichts gefunden wurde, sind wir in der Öffentlichkeit immer noch der EHEC-Hof.“

Klaus Verbeck und seine Lebensgefährtin Uta Kaltenbach arbeiten seit mehr als 20 Jahren auf dem Hof, Sprossen trugen erheblich zum Umsatz bei. Am 5. Juni vergangenen Jahres kam dann der Schock: Die Spuren der EHEC-Epidemie laufen in Bienenbüttel zusammen, hieß es.

Für das Landwirtschaftsministerium in Hannover ist die epidemiologische Indizienkette zum Biohof absolut wasserdicht. „Es konnten Verbindungen zwischen dem Betrieb und allen wesentlichen Ausbruchsherden hergestellt werden“, sagte Minister Gert Lindemann (CDU). Eine Sprossenprobe in Nordrhein-Westfalen wurde positiv getestet, außerdem wurde der Keim bei einer Mitarbeiterin nachgewiesen. Diese Einschätzung teilten auch das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Robert-Koch-Institut in Berlin. Auf dem Biohof wurden tausend Proben genommen, gefunden wurde nichts. Lindemann betonte: „Wir gehen nicht davon aus, dass persönliches Verschulden der Inhaber vorliegt. Nach unseren Erkenntnissen herrschten in dem Betrieb einwandfreie hygienische Zustände.“

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Am Telefon erfuhr Verbeck an jenem Sonntag, dass der Hof gesperrt werden sollte. „Wie ein schlechter Sechser im Lotto“, sagt er. Die Behörden schickten ihre Fachleute, Journalisten aus aller Welt belagerten den Hof. „Das war eine Schocksituation“, erinnert sich Verbeck. „Es war einfach zu viel.“ Nach sechs Wochen erlitten er und Kaltenbach einen Nervenzusammenbruch. „Geholfen haben Freunde und viele Kunden – und die Unterstützung auch von Fremden per E-Mail“, sagt der 44-Jährige. Von Politik und Wissenschaft hätten sich beide aber verlassen gefühlt. Monatelang haben sie sich mit dem Verkauf von Maschinen über Wasser gehalten, auch die Sprossenanlage wurde verkauft.

„Persönlich geht es uns wieder besser – das ist jetzt fast ein Jahr her, und es ist bei uns ja auch nichts gefunden worden. Das Leben muss weitergehen“, sagt Verbeck. Dennoch hat die Krise bei ihm und seiner Partnerin tiefe Spuren hinterlassen. „Die Prioritäten haben sich verändert – das Wirtschaftliche spielt eine wesentlich geringere Rolle als früher“, betont er. „Das kann einem – anders als Freundschaften – schnell genommen werden

(dpa)