Wentorf. Viele Vereine haben zu wenig Trainer. Die dreifache Mutter Katharina Bartsch stellt sich bei jedem Wetter auf den Platz. Die Gründe.

Mit Fußball hatte Katharina Bartsch eigentlich wenig am Hut und von den Regeln auch kaum Ahnung. „Basketball war mein Sport“, sagt die 42-jährige Wentorferin. Mittlerweile kennt sich die dreifache Mutter mit Fußball ziemlich gut aus und kann aus dem Effeff die Abseitsregel erklären.

Seit sechs Jahren steht Katharina Bartsch nun zweimal die Woche auf dem Rasenplatz des SC Wentorf und leitet als Trainerin die G-Jugend an. „Mehr aus der Not heraus und weil es kein anderer machen wollte“, sagt Bartsch. „Meine Zwillingsjungen hätten sonst im Verein kein Fußball spielen können.“ Als die Familie vor sechs Jahren beim SC Wentorf anfragte, war die Liste an Interessierten zwar lang, freie Plätze aber rar. Heute ist das Problem noch gravierender. „Wir haben sechs gemeldete Mannschaften, könnten aber mindestens doppelt so viele haben“, sagt Jugendwart Torsten Hinkelmann (56). An den Spielflächen soll es nicht liegen, einzig die Trainer fehlen.

Trainer fehlen: Katharina Bartsch engagiert sich beim Fußball in Wentorf

„Das ist ein Problem, mit dem alle 250 Vereine aus unserem Verband in und rund um Hamburg zu kämpfen haben“, sagt Carsten Byernetzki, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und zuständig fürs Ehrenamt beim Hamburger Fußballverband. Konkrete Zahlen hat er zwar nicht, dass die Wartelisten in den Vereinen aber immer länger werden, das kann Byernetzki bestätigen. Dabei wäre die Lösung einfach, denn jede Mutter und jeder Vater könnten sich auf den Platz stellen und sofort mit dem Training loslegen. Vorausgesetzt wird erst einmal nichts. „Lediglich die Einstellung muss stimmen und die Bereitschaft, dazu lernen zu wollen, muss vorhanden sein“, ist Torsten Hinkelmann überzeugt.

Beides bringt Katharina Bartsch mit, die sich darüber freut, dass Hinkelmann als erfahrener Trainer an ihrer Seite ist. Ganz allein könnte sie die 25 bewegungsfreudigen Jungen und das eine Mädchen im Alter von elf Jahren auch nicht händeln. Sollte Flugzeugbauer Torsten Hinkelmann doch mal verhindert sein, helfen Bücher und Youtube weiter, sagt Bartsch pragmatisch.

Zusätzlich sind die beiden Trainer regelmäßig am Wochenende im Einsatz und fahren mit ihrer Mannschaft zu Punktspielen in der Umgebung. „Da geht viel Zeit verloren“, gibt Bartsch zu.

Nach der Pandemie sind Trainer noch schwerer zu finden

Zeit, die die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Grünen Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz eigentlich nicht hat. Neben dem Ehrenamt als Trainerin und den familiären Verpflichtungen engagiert sie sich zudem für die Grünen in der Wentorfer Kommunalpolitik und nimmt an vielen abendfüllenden Ausschusssitzungen teil.

Warum sich dann noch den Stress auf dem Fußballplatz bei Wind und Wetter antun, wenn es auch leichter geht? „Das ist kein Stress für mich. Auf dem Platz ist das Handy aus. Da erreicht mich kein Anruf und keine Mail“, sagt Bartsch. Sie verbinde die Aufgabe vor allem mit Spaß und freue sich, dass die Kinder in der Mannschaft so aufgehen: „Die Kinder kennen sich seit Jahren. Sie sind miteinander groß und selbstbewusster geworden. Sie feiern Erfolge, teilen Misserfolge und lernen mit Rückschlägen, umzugehen“, ist sie überzeugt.

„Das schult fürs ganze Leben“, ergänzt Torsten Hinkelmann. Gerade Letzteres sei nach der Pandemie, die bei der mentalen Gesundheit der Kinder und Jugendlichen tiefe Spuren hinterlassen hat, so immens wichtig, sagen beide.

SC Wentorf zahlt angehenden Trainern Ausbildung

Fatal nur, dass es gerade nach der Pandemie geradezu unmöglich geworden ist, Neue zu finden, die sich zutrauen, die Trainingsleitung zu übernehmen.

„Die Suche ist schon seit jeher schwierig. Nach der Pandemie aber ist sie fast unmöglich geworden“, klagt SC-Vorsitzender Herbert Ahlers. „Vielen geht ihre Freizeit über alles. Die wenigsten sind noch bereit, sich zu binden und Verantwortung zu übernehmen“, sagt Ahlers.

Dabei macht es der SC Wentorf mit seinen aktuell 1100 Mitgliedern angehenden Trainern leicht und zahlt ihnen all die Ausbildungskurse beim Hamburger Fußballverband, die gewünscht und gebraucht werden.

Den Basiskurs über zwei Wochenenden und die aufwendigere Trainer-C-Lizenz hat Katharina Bartsch bereits absolviert und fühlt sich rechtlich und pädagogisch gut geschult.

Als besser ausgebildete Trainerin erhält sie eine monatliche Aufwandspauschale von 125 Euro im Monat. Alle anderen werden 75 Euro gezahlt. „Viel ist das nicht“, sagt Bartsch, aber aufs Geld kam es ihr auch nicht an. „Ich will einfach mit meinen Kindern eine gute Zeit verbringen.“ Zudem habe sie Fußball als demokratischen und sozialen Sport sehr schätzen gelernt. In ihrer Mannschaft spielen Kinder aus wohlhabenden Familien, die in Villen groß werden und solche, die auf beengtem Raum in Flüchtlingsunterkünften leben. „Auf dem Platz aber tragen die Kinder das gleiche Trikot. Dann spielen die Unterschiede keine Rolle mehr“, sagt Bartsch.