Wentorf. Vier Kreative sind schon in das Atelierhaus des WAI eingezogen. Gebäude und Umgebung sind für sie eine willkommene Inspiration.
Das Woods Arts Institute (WAI) an der Golfstraße in Wentorf lässt die Herzen von Kunstfreunden höher schlagen: Werke von Baldur Burwitz, Terence Koh oder Jimmy Durham gezeigt von ihrem Sammler Rik Reinking im privaten Gespräch in lichtdurchfluteten Räumen mit Blick auf einen historischen Park am westlichen Zipfel des Sachsenwaldes: ein Traum. Es gibt so viel zu entdecken. Auch unter den alten, hohen Bäumen stehen zeitgenössische Skulpturen und Installationen in der Nachbarschaft denkmalgeschützter Gebäude.
So mancher Künstler, der vor der Pandemie Rik Reinkings Privatsammlung dort besichtigt hat, mag sich ausgemalt haben, wie es wäre, hier zu arbeiten. Für bisher vier Künstler ist dieser Traum wahr geworden und sie haben sich im Atelierhaus des Instituts eingemietet.
Zwölf Studios gibt es im Woods Arts Institute - vier sind jetzt belegt
Denn es gibt zwar seit März vergangenen Jahres keine Führungen durch die Sammlung mehr, doch hinter dem dunklen Holz-Rolltor an der Golfstraße treibt Rik Reinking die Restaurierungen und Sanierungen weiter voran. Zwölf Studios gibt es im Atelierhaus. Die ersten Künstler sind bereits eingezogen. Als erste hat Lena Schmidt begonnen, in einer der Werkstätten zu arbeiten.
„Ich kenne Rik Reinking schon seit 18 Jahren, seit meinem Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg", erzählt die 39-Jährige. „Ich wollte raus aus der Stadt und habe Ruhe gesucht.“ Sie freut sich sehr über das Atelier: „Dieser Ort ist wahnsinnig faszinierend. Im Grunde ist er perfekt: einerseits abgeschieden, andererseits ist man in 20 Minuten in Hamburg."
Lena Schmidt sammelt Fotos von anthropomorphen Figuren
Sie arbeitet gern nachts, streift über verlassene Grundstücke, sammelt dort Holzplatten. Ihre Verfärbungen, Verwitterungen und Maserungen stiften sie dazu an, auf ihnen manchmal ihre etwas düsteren, inneren Landschaften zu malen. Außerdem hat sie aus dem Internet um die 3000 Fotos von anthropomorphen Figuren – Puppen, Schaufensterfiguren, Reborn-Puppen, die aussehen wie Neugeborene, oder Real Dolls, Sexpuppen – gesammelt und daraus etwa 300 ausgewählt. „Den Ausschlag gab der Blick einer Puppe, der irgendwie eine gruselige Lebendigkeit ausstrahlte", erzählt sie. Das habe sich dann verselbstständigt. „Den Unterschied zwischen den beiden Arbeiten empfinde ich gar nicht so stark", erklärt die Künstlerin. „Beide wirken irgendwie mystisch, geheimnisvoll und fantastisch."
Den Konzeptkünstler Christoph Faulhaber hat es schon vor drei Jahren aus Hamburgs Stadtviertel St. Pauli ins vermeintlich provinzielle Bergedorf verschlagen. „Man merkt dann sehr schnell, es ist hier überhaupt nicht provinziell", sagt der Vater von vier Kindern. Gerade hat er sich auf 24 Jahre verpflichtet, einer Baugenossenschaft in Zürich jährlich ein Zwölftel seines Werkes bereit zu stellen.
"Inspirierend, Teil dieses grandiosen Ortes zu sein"
Hintergrund ist ein Projekt im Rahmen des Kunst-und-Bau-Gesetzes für eine geplante Siedlung. Christoph Faulhabers Vorschlag für den Kunstwettbewerb ist es, das Preisgeld in Höhe von 240.000 Franken für 24 Jahre anzulegen. Während er jährlich die Zinsen für sein Werk erhält, fällt das Preisgeld an die Genossenschaft zurück, unter der Bedingung, dass sie es wieder für Kunst und Bau verwendet. „Ich habe einen sehr offenen Werkbegriff", erklärt Christoph Faulhaber.
„Meine Kunst entsteht im Kopf." Nicht nur in seinem, sondern auch in denen seines Publikums, das er direkt beteiligt. Zuvor hatte er als Stipendiat der Kulturstiftung der Sparkasse Holstein ein Atelier an der Trittauer Wassermühle. Als sein Stipendium auslief, hörte er von den Studios im WAI. „Das hat eine Strahlkraft weit über Hamburg hinaus", sagt er. „Es ist sehr inspirierend jetzt Teil dieses grandiosen Ortes zu sein.“
Grafikerin Esther Petersen hat auch ein Studio
Der freien Grafikerin Esther Petersen, die mit Journalistin Imke Kuhlmann schon länger einen Raum suchte, kam die Idee eines Studios an der Golfstraße erst allmählich. Dabei hatte sie als Frau von Bürgermeister Dirk Petersen die Entstehung des WAI mitverfolgt und bewundert. Schließlich fragte sie einfach an. Jetzt ist sie glücklich über ihren Raum, den sie nicht allein für ihre Arbeit, sondern vor allem für ihre Malerei in Acryl, Aquarell und Öl nutzt.
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„Zum Malen braucht man nicht nur aus rein praktischen Gründen einen Raum, um die Bilder aufzuhängen, die Ölfarbe trocknen zu lassen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen", erläutert die 53-Jährige. „Vor allem brauche ich den geistigen Freiraum.“ Auch die Sammlung Reinking, die sie als „extrem modern“ bezeichnet, empfindet sie als absolut anregend, wenn sie wie an einem Schaufenster am Hauptgebäude des WAI vorbeispaziert.
Ausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte vorbereiten
„Rik Reinking selbst ist sehr inspirierend“, bekräftigt Dagmar Nettelmann Schuldt. Die Curslackerin fühlt sich als Künstlerin im Woods Art Institute warm empfangen und freut sich jetzt sehr, von hier aus ihre Ausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte vorbereiten zu können. Zuvor hatte sie ihr Atelier in der Alten Schule in Allermöhe verlassen müssen, weil der Eigentümer Eigenbedarf angemeldet hatte. Wenn sie ihre Gemälde, Skulpturen und ihre bemalten Keramikscherben schafft, „denkt sie mit den Händen", sagt sie. Dabei legt sie den Fokus auf das Verhältnis von Zeit, Geschichte und Identität. „Ich habe die Entstehung des WAI von Anfang an verfolgt", erzählt Dagmar Nettelmann Schuldt. „Für mich war klar, dass ich hier anfrage.“
Für Rik Reinking sind die Künstler, die in sein Woods Art Institute einziehen, mehr als bloße Untermieter. Ihr Schaffen ist vielmehr ein Standpfeiler seines Konzepts Kunst als Begegnung zu verstehen. Die WAI Foundation freut sich, Atelierräume in unterschiedlichen Größen mit Zugang zu einer Sommerterrasse und gemeinschaftlich genutzten Sanitär- und Küchenräumen zu bieten. „Die Möglichkeit des schöpferischen Austauschs und Miteinanders in besonderer Atmosphäre kennzeichnen die WAI Studios", sagt Rik Reinking. Interessierte melden sich unter E-Mail info@woodsartinstitute.com.