Hamburg. Weil sie während des Lockdowns nicht öffnen dürfen, verschönern Händler und Gastronomen ihre Geschäftsräume.
„Feelings“ heißt ihr Laden. Und um Gefühle geht es Vera Diop, wenn sie ihren Kundinnen Dessous und Unterwäsche verkauft. „Das geht nicht übers Internet und nicht per click and collect“, sagt sie. Deshalb ist ihr kleines Geschäft am Eppendorfer Weg in Hoheluft-West während des derzeitigen Lockdowns auch geschlossen. Frau Diop macht es wie viele Inhaber von Geschäften oder Restaurantbesitzern, die derzeit coronabedingt nicht öffnen dürfen: Sie nutzt die Zeit zum Renovieren und bereitet sich so auf einen Neuanfang vor.
„Ich verkaufe ja keinen Sack Kartoffeln, den ich meinen Kunden einfach in die Hand drücken kann“, sagt die 65-Jährige. Nein, der Verkauf von BHs und Slips, von Pyjamas oder Tops sei etwas sehr Persönliches. Das könne ein Onlineshop nicht leisten. „Bei uns geht es um Emotionen. Mein Laden riecht gut, ich habe leise Musik an. Es gibt einen Plausch, und jeder ist willkommen.“
Handeln statt zu lamentieren
Kinder dürfen ihre Deko-Muscheln in die Hand nehmen, alles anfassen. Früher, als Halloween noch nicht an einem Feiertag war und die Geschäfte am Eppendorfer Weg geöffnet waren, drängeten sich die Kinder um den Glastisch in der Mitte des Ladens und forderten Süßigkeiten. Sie bekamen, was sie verlangten. Zu Vera, wie ihre Kundinnen sie nennen, kommen Frauen aus drei Generationen. „Ich kenne nicht immer alle Namen, aber immer die BH-Größe“, sagt sie und lacht. Häufig hat sie Großmutter, Mutter und Tochter als Kundinnen.
Statt also wie viele andere Einzelhändler derzeit den Verkauf irgendwie aufrechtzuerhalten, hat Vera Diop sich entschlossen, das kleine 40 Quadratmeter große Geschäft aufzufrischen. Die rosa-weiß gestreiften Wände bekomen neue Farbe, die Ware ist in Kartons verpackt, sie hat neue Vorhänge und eine neue Lampe aufgehängt. Handeln statt zu lamentieren, darum geht es ihr auch. In diesem Jahr feiert „Feelings“ 20. Geburtstag. „Wir machen den Laden für das Jubiläum richtig frisch“, sagt Frau Diop. „Das soll richtig knallen.“
Die Vorfreude ist zu spüren
Die Vorfreude ist zu spüren. Dass es weitergeht, davon ist sie überzeugt. Allzu große Sorgen macht sie sich nicht, weil sie ein finanzielles Polster hat. Geld, das für die Altersvorsorge gedacht war.Vera Diop hat etwas, das ihr in diesen Zeiten hilft: Geduld. Und trotz ihrer Zuversicht sagt sie auch: „Es ist bitter, dass unsere Regierung uns im Regen stehen lässt. Es hieß doch, es werde keinen zweiten Lockdown geben.“ Das Problem in der Textilbranche sei die verkürzte Saison. Viele Läden hätten noch nicht einmal die Winterware verkauft. Ende Januar muss Frau Diop die Ware für den Herbst ordern. „Was machen die Kollegen, die ihre Läden gerade eröffnet haben, verschuldet sind und Kredite abbezahlen müssen?“, fragt sie sich. Und dann appelliert sie an die Hamburger: „Wenn wir in den Vierteln bleiben sollen, müssen die Menschen bei uns einkaufen.“
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Auf treue Gäste hoffen auch Antonio Leva und Antonino Petronio. Erst im vergangenen Januar, kurz vor dem ersten Lockdown, haben die beiden Italiener die legendäre „Gurke“ am Mittelweg übernommen. Eine Institution im Stadtteil. In dem Restaurant riecht es in diesen Tagen nach Lack und Farbe. Es wird renoviert. Die beiden packen an, statt zu verharren.
Schockstarre beim ersten Lockdown
„Beim ersten Lockdown waren wir in Schockstarre“, sagt Antonino. So etwas wollen sie nie wieder erleben, also gehen sie es dieses Mal anders an und nutzen die Zeit, um den Laden schöner zu machen. Sie haben seit November den Tresen neu lackiert, die Wände streichen lassen, Sitzmöbel neu gepolstert und, und, und. „Wir würden noch mehr machen, müssen aber mit den Finanzen haushalten“, sagt Antonio. Sie kommen jeden Tag in ihr Restaurant wie zu normalen Zeiten auch und bieten Außer-Haus-Verkauf an, deutsche Speisen mit mediterranem Touch.
Es gilt, Präsenz zu zeigen, auch um nicht in Vergessenheit zu geraten. Sogar Instagram nutzen sie nun, um die „Gurke“ zu präsentieren. Mit den sozialen Medien hatten sie bislang noch nie etwas zu tun. „Hier zu sein ist auch eine Art Therapie und besser als zu Hause“,sagt Antonio. Finanziell geht es einigermaßen. Der Außer-Haus-Verkauf bringt nicht das große Geld, aber er sorgt dafür, dass von den ursprünglich elf Angestellten immerhin noch rund acht in Kurzarbeit etwas zu tun haben, darunter eine Auszubildende. Ihre Arbeit, wenn auch anders als sonst, trägt die Chefs und ihr Team durch die Krise.
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„Unser Stammpublikum bleibt uns treu. Es bleibt Zeit für einen kleinen Plausch, und sie unterstützen uns mit großzügigem Trinkgeld“, sagt Antonino. „Wir sind keine Bittsteller, aber dass unsere Gäste zu uns halten, das bedeutet uns sehr viel.“ Dass sie trotz allem optimistisch sind, sagen beide, habe etwas mit der inneren Haltung zu tun.