Schwarzenbek. In Wohngebieten ist das Tempolimit schon vorgeschrieben, auf der Kerntangente sind 50 km/h erlaubt. Jetzt geht‘s um Bundesstraßen.
Rund 10.000 Fahrzeuge rollen jeden Tag durch Schwarzenbek – viele sind davon zu schnell unterwegs. Für die rund 17.500 Bewohner der Europastadt bedeutet das eine hohe Belastung, die Politik und Verwaltung sowie engagierte Bürger und der Einzelhandel reduzieren wollen. Ein wichtiger Ansatz war es in der Vergangenheit, Tempo 30 in den Wohngebieten durchzusetzen und diese auch als Ausweichstrecken und Abkürzungen für die wichtigen Hauptverkehrsadern unattraktiv zu machen. Das hat bislang durch Tempolimits, Verkehrsverengungen und an den Fahrbahnrändern stehenden Holzfiguren mit Warnhinweisen (Street Buddies in lebensgroßer Kindergestalt) relativ gut geklappt. Was bislang nicht durchgesetzt werden konnte, ist ein Tempolimit auf 30 Stundenkilometer auf den innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen zumindest in der Nacht ab 22 Uhr bis in die Morgenstunden, wie es der damalige Bürgervorsteher Matthias Schirmacher (Grüne) 2019 gefordert hatte.
Verkehrsberuhigung: Weiterer Anlauf für Tempo 30 auf Schwarzenbeker Straßen
Jetzt unternehmen die Grünen einen erneuten Anlauf für mehr Verkehrsberuhigung im Lupuspark, aber vor allem auch auf den Ortsdurchfahrten. Das Projekt, den Lupuspark für Fußgänger und Radfahrer sicherer zu machen, ist auf Antrag der Grünen seit Jahren in Arbeit. Dort sollen jetzt Gehwege verbreitert und die Situation für Fußgänger und Radfahrer sicherer gemacht werden.
Mit der lange von Kaufleuten geforderten Verkehrsberuhigung in der Lauenburger Straße beschäftigt sich aktuell die Arbeitsgruppe rund um das Integrierte Stadtentwicklungsprojekt (ISEK), und was mit der Ortsdurchfahrt von Brunstorf nach Mölln (B 207) wird, müssen die weiteren Beratungen in den Fachausschüssen zeigen.
Projekt: „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ in 420 Kommunen
Grünen-Fraktionschef Sven Kirbach hatte während der Sitzung der Stadtvertreter kürzlich die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ des Vereins „Agora Verkehrswende“ vorgestellt. Ein Kernpunkt des Projekts, das auch durch den Deutschen Städtetag unterstützt wird, ist ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern in den Kommunen.
„Der Deutsche Städtetag hält die Vorschläge für eine gute Grundlage, die in Modellversuchen erprobt werden sollte. Wir als kommunaler Spitzenverband plädieren dafür, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit außerhalb von Hauptstraßen auszuprobieren“, betonte der Präsident Markus Lewe, Oberbürgermeister in Münster (Nordrhein-Westfalen) – einer Stadt, die als extrem fahrradfreundlich gilt und in der Autos oft an zweiter Stelle stehen.
Niedrige Geschwindigkeiten bedeuten kurze Bremswege und weniger Lärm
Kernkonzept der Petition des Vereins „Agora Verkehrswende“ ist ein Tempolimit. Die Straßen sollen auf diese Weise leiser, der Verkehr durch kürzere Bremswege angesichts niedrigerer Geschwindigkeiten sicherer und emissionsfreier werden. „Das ist ein Konzept, das für unsere Stadt passt, wir wünschen uns eine Zustimmung“, so der Grünen-Fraktionschef Sven Kirbach.
Gerade in Wahlkampfzeiten, in denen mittlerweile jede Partei den Umweltschutz als eines ihrer Ziele für sich reklamiert, wäre es schwierig gewesen, das Ansinnen von Kirbach einfach abzulehnen. Andererseits ist es gerade angesichts der überörtlichen Bedeutung der Bundesstraßen 404, 207 und 209, die das Ortsbild von Schwarzenbek bestimmen, schwierig, dort ein Tempolimit durchzusetzen.
Die Argumente für ein Tempolimit sind klar, die Umsetzung ist schwierig
„420 Kommunen machen bislang bundesweit mit. Das Spektrum reicht von großen Städten wie Berlin, Ulm und Flensburg bis hin zu Aumühle und Lüneburg in unserer unmittelbaren Umgebung. Warum sollten wir nicht dabei sein?“, warb Sven Kirbach um Zustimmung. Die Argumente sind klar, die Umsetzung ist schwierig. Deshalb haben sich die Politiker dazu entschieden, den Antrag auf den Beitritt zum Positionspapier erst einmal in den zuständigen Bauausschuss zu delegieren – eine schlanke Lösung, mit der eine Entscheidung auch auf die Zeit nach der Kommunalwahl am 14. Mai vertagt werden kann.
Genau dieses Problem hatte auch Calvin Fromm von der SPD erkannt, als er auf eine sofortige Entscheidung über das weitere Vorgehen hinsichtlich einer von den Sozialdemokraten geforderten Videoüberwachung am Bahnhof gepocht hatte (wir berichteten). Während sich die SPD durchsetzte, wanderte der Grünen-Antrag nun in den Ausschuss.
FWS: „Straßen würden auch ruhiger werden, wenn wir weniger Schlaglöcher hätten“
„Die Straßen würden auch ruhiger werden, wenn wir die Schlaglöcher ausbessern würden“, sagte FWS-Fraktionschef Bernhard Böttel. „Wir haben bereits eine Menge für die Verkehrssicherheit getan. Hinter dem Antrag steht ein guter Wille. Aber wollen wir wirklich Tempo 30 auf allen Bundesstraßen, die durch den Ort verlaufen? Wie sinnvoll das ist und was davon durchsetzbar ist, sollten wir im Fachausschuss klären“, sagte der Bauausschussvorsitzende und CDU-Fraktionschef Hans-Jürgen Stribrny.
„Es spricht auch viel dagegen, gerade in den Ortsdurchfahrten Tempo 30 festzulegen – zumal wir das als Stadt auch gar nicht können, da es sich um Bundesstraßen handelt. Das sollten wir im Ausschuss gründlich erörtern“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende Helmut Stolze.
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Beratungen sollen in Pläne für Innenstadt einfließen
„Wir haben gerade ein laufendes Verfahren für die Innenstadtentwicklung. In diesen Prozess sollte die Beratung einfließen. Denn Tempo 30 auf allen Straßen kann bedeuten, dass auch wieder Schleichwege durch Wohngebiete attraktiv werden, die gerade durch Geschwindigkeitsbegrenzungen als Abkürzungen für Autofahrer nicht mehr interessant waren. Das würde Verkehr wieder dorthin verlagern, wo er nicht gewünscht ist“, ergänzte der amtierende SPD-Fraktionschef Nils Hilger.
Denn in der Tat steht das sogenannte ISEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) in Zusammenarbeit mit der Partnerschaft Deutschland (PD) und dem Berliner Stadtentwicklungsbüro Yellow Z gerade in einer entscheidenden Phase. Es hat mehrere Bürgerbeteiligungen gegeben, die letzte ist jetzt am 28. Februar, von 18 bis 20 Uhr mit einem vorerst abschließenden Strategieworkshop im Gymnasium an der Buschkoppel 7.
Kernpunkte dieser Beratungen sind die Stärkung der Schwarzenbeker Innenstadt durch Verkehrsberuhigung, eine Attraktivitätssteigerung des Stadtparks und die Schaffung eines neuen Treffpunkts mit Bücherei und Bürgerservice sowie viel Platz für bürgerliches Engagement in der ehemaligen Realschule an der Berliner Straße 12.
Kreisverkehr am Meiereitunnel könnte für Entlastung an Lauenburger Straße sorgen
Dabei spielt die verkehrliche Situation, die die Grünen eingefordert haben, aber auch eine wesentliche Rolle. Denn am Ende des Meiereitunnels vor der Feuerwache an der Lauenburger Straße 46 entsteht ein Kreisverkehr. Die Planung soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Sie ist Grundvoraussetzung für die seit Jahren von Kaufleuten geforderte Verkehrsberuhigung und Attraktivitätssteigerung in der Lauenburger Straße (B 209). Denn so kann die Bundesstraße 209 über die Kerntangente verlegt werden und somit die Ortsmitte entlasten. Diese Problematik ist eine zentrale Überlegung bei der Stadtentwicklung in Schwarzenbek.