Breitenfelde/Schwarzenbek. Frauenhaus und mobile Hilfen sind unterfinanziert. Das wollen die Sozialdemokraten nach der Beziehungstat in Breitenfelde ändern.
Mit Bestürzung hat der Kreisvorstand der SPD Herzogtum Lauenburg die Nachrichten des Messerangriffs eines 52-Jährigen in Breitenfelde verfolgt. Wie berichtet, soll der Mann am frühen Dienstagmorgen, 20. Juni, seine Ex-Frau (37) und deren neuen Lebensgefährten (45) mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben. Er sitzt mittlerweile wegen des Verdachts des zweifachen versuchten Totschlags in Untersuchungshaft. Die beiden Verletzten sind nach Polizeiangaben nicht mehr in Lebensgefahr.
„Studien haben belegt, dass es weltweit für Frauen der gefährlichste Moment in ihrem Leben ist, wenn sie sich vom Beziehungspartner trennen“, hatte die mittlerweile pensionierte Mitarbeiterin der Frauenberatung in Schwarzenbek, Ulrike Lappat, vor einiger Zeit mehrfach bei Ortsterminen in der Beratungsstelle gesagt. Dieser Fall ist ein weiteres erschreckendes Beispiel.
Breitenfelde: „Wir sind in unseren Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen“
„Mehr als 50 Frauen sind in diesem Jahr in Deutschland bereits durch ihre Partner oder Ex-Partner ermordet worden, unzählige erfahren täglich Gewalt, und nicht wenige unter ihnen fürchten sich zu jeder Zeit, dass der nächste Angriff tödlich sein könnte”, so der SPD-Kreisvorsitzende Manfred Börner. Der Sozialdemokrat weiß, wovon er spricht. Er war bis zu seiner Pensionierung Leiter der Polizeizentralstation Ratzeburg und viele Jahre Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP.
„Wir sind in unseren Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen. Unser Dank gilt insbesondere den Ersthelfern und Einsatzkräften vor Ort”, sagt der Politiker. „Taten wie diese erschüttern unsere Kommunen und zeigen, wie wichtig bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement für den Zusammenhalt vor Ort gerade auch in Krisensituationen ist.“
Umfassende Finanzierung von Frauenhaus und Land-Grazien gefordert
Für die stellvertretende Kreisvorsitzende der SPD, Jennifer Fröhlich, ist unstrittig, dass die Politik in der Pflicht steht, Frauen wirkungsvoll gegen Gewalt durch männliche Verwandte und Ex-Partner zu schützen. „Das ewige Hin und Her um die Frauenfachberatungen im Kreis ist vor dem Hintergrund dieser Tat besonders tragisch. Wir brauchen eine umfassende Finanzierung des Frauenhauses in Schwarzenbek, der Frauenfachberatung Herzogtum-Lauenburg und genauso der Land-Grazien. Alle diese Organisationen haben eine Daseinsberechtigung, leisten hervorragende Arbeit und werden dringend gebraucht“, sagt die Schwarzenbekerin.
Während das Frauenhaus auf einem guten Weg ist, gibt es immer wieder Probleme mit der mobilen Beratung. Die sogenannten Land-Grazien des Trägervereins „Frauen helfen Frauen Sandesneben“ haben immer wieder Probleme mit der Finanzierung. Sie beraten Frauen auf dem Land, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind und keine Möglichkeit haben, mal eben zur nächsten Beratungsstelle in die Stadt zu fahren. Doch dafür brauchen sie Geld.
20 Plätze bietet das Frauenhaus in Schwarzenbek, eine kreisweite Einrichtung, an
Zwar hat die Mehrheit des Kreistages am 8. Dezember 2022 einer Unterstützung von 40.000 Euro aus dem Haushalt des Kreises für 2023 zugestimmt. Doch diese Zahlung ist mit einem Sperrvermerk versehen, bis das Land einen Anteil beisteuert. Und aus Kiel kam nun die endgültige Ablehnung, weil das Land angesichts der angespannten Haushaltslage kein Geld hat. „Es gibt politische Bestrebungen, den Sperrvermerk trotzdem aufzuheben. Aber das wird Gegenstand der Beratungen im Haupt- und Innenausschuss nach der Sommerpause im September“, sagte Kreissprecher Fabian Harbrecht zum Sachstand.
Aber auch das Frauenhaus in Schwarzenbek ist an der Kapazitätsgrenze – und auch immer wieder in Not, weil die Finanzierung nicht dauerhaft gesichert ist. Aber ein Hauptproblem ist die Raumnot. 20 Plätze bietet die kreisweite Einrichtung in einem Haus mit geheim gehaltener Adresse und mehreren angemieteten Wohnungen. Gerade nach der Pandemie, aber auch wegen der schwierigen Situation von Flüchtlingsfamilien sind die Plätze oft belegt.
Stadt Schwarzenbek steht geschlossen hinter dem Frauenhaus
Abhilfe soll das neue Frauenhaus in Schwarzenbek schaffen, das sich seit mehr als einem Jahr im Umbau befindet. Eigentlich sollte es bereits im Herbst 2022 bezogen werden. Es gab aber immer wieder Verzögerungen und zuletzt einen Wasserschaden, sodass der Umzug erst in Kürze beginnt.
Während die Landes- und Kreispolitiker eher zögerlich bei den Themen Frauenberatung und Hilfsangebote sind, war die Entscheidung im Jahr 2021 in Schwarzenbek unstrittig. „Es gibt einen breiten politischen Konsens, dass wir das machen“, sagte Verwaltungschef Norbert Lütjens beim Baustart. 1,1 Millionen Euro sollte der Umbau kosten.
Dritte Umzug des Frauenhauses in den vergangenen 30 Jahren
„Die Baupreise steigen ständig, Baustoffe sind schwer zu bekommen. Vermutlich wird die Summe am Ende höher ausfallen“, so Lütjens. Für den Umbau musste die Stadt Eigenmittel in Höhe von 300.000 Euro aufbringen, dazu gab es ein zinsloses Darlehen in Höhe von 450.000 Euro von der Investitionsbank. Weitere 385.000 Euro steuerte das Land bei. Es ist der dritte Umzug des Frauenhauses in den vergangenen 30 Jahren. Das erste Frauenhaus entstand im zentral im Kreis gelegenen Schwarzenbek bereits im Jahr 1994.
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Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, Doro Siemers, ermutigt alle von Gewalt betroffenen Frauen, sich Hilfe zu suchen. „Eine erste Anlaufstelle kann das bundesweite Hilfetelefon 116 016 sein, das in diesem Jahr 10. Geburtstag feiert. Aber auch die Fachberatungen im Kreis stehen den Frauen zur Seite und beraten sie individuell”, sagt sie. Weitere schnelle Hilfe gibt es im Frauenhaus, das rund um die Uhr unter Telefon (04151) 75 78 zu erreichen ist. In nicht ganz so dringenden Fällen gibt es die Frauenberatung, Telefon (04151) 813 06. Dort läuft außerhalb der Geschäftszeiten, werktags von 9 bis 13 Uhr, ein Anrufbeantworter.