Havekost. Innung setzt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Warum Bauexperten manche Auflagen beim Hausbau für überzogen halten.
Aus der Vergangenheit lernen, kann ein wichtiger Schritt in eine nachhaltige und klimaschonende Zukunft sein. Recycling von Baumaterial und der sparsame Umgang mit Holz, Steinen und Beton sowie möglichst kurze Transportwege sind das Gebot der Stunde. Das haben die Firmenchefs und Gäste aus Berufsschule, Krankenkassen und Arbeitsamt bei der Versammlung der Baugewerbe-Innung in Höltigs Gasthof in Havekost jetzt noch einmal eindrucksvoll demonstriert bekommen.
„Nachhaltigkeit hat auch etwas mit Recycling und der Minimierung von Baumaterial bei Neubauten zu tun“, betonte Referent Jan Christian Janßen vom Verband „Vero-Baustoffe“ mit Sitz in Duisburg. Sein Verband wirbt für die Baustoffindustrie in der Politik und betreibt Lobby-Arbeit.
Baumaterial recyceln bedeutet Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Bereits seit Jahrtausenden ist es üblich, dass Dorfbewohner Reste von Burgen, Palästen oder untergegangenen Städten nutzen, um neue Häuser zu bauen. Noch heute ist das unter anderem in China gängige Praxis, wo Steine aus der Mauer, die einst das Riesenreich vor Angriffen der Mongolen schützen sollte, als Baumaterial verwendet werden.
Aber auch im deutschen Raum hat Nachhaltigkeit schon seit Jahrhunderten eine zentrale Bedeutung. „Die Fachwerkhäuser sind ein sehr gutes Beispiel. Es ist kein Problem, ein mehrere Hundert Jahre altes Bauernhaus beispielsweise in das Freiluftmuseum Molfsee zu transportieren. Die Balken sind mit Zapfen verbunden, die sich einfach lösen lassen. Dachstuhl und Mauerwerk sind ebenfalls wiederverwertbar“, sagte Jan Christian Janßen. Der Jurist weiß, wovon er spricht. Er stammt aus Kiel und ist im Dänischen Wohld aufgewachsen.
„Wir müssen dazu kommen, dass wir bei Neubauten nicht einfach nur Altes abreißen und Neues komplett mit neuem Material bauen. Die Digitalisierung und Cloudlösungen bieten große Chancen für ein besseres Recycling von Rohstoffen“, betonte der Lobbyist. So könnte beispielsweise bei einem Neubau genau erfasst werden, welches Material an welcher Stelle in einem Gebäude verbaut worden ist. „Diese Daten können dann auch noch in 90 oder 100 Jahren abgerufen werden. Denn so lange hält ein solider Bau problemlos“, sagte Jan Christian Janßen. Beim Abriss könnten dann gezielt Rohstoffe recycelt werden.
Neustadt setzt bei Stadtwerkgebäude auf Wiederverwertung
Ein aktuelles Beispiel ist der Neubau des Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Neustadt in Schleswig-Holstein. Dort wurden unter anderem Türzargen und diverse weitere Teile aus Abrissgebäuden verwendet. Bei neuen Materialien wurde Wert auf Nachhaltigkeit und kurze Transportwege gelegt und das Gebäude ist als Null-Energie-Haus mit Nutzung regenerativer Energien konzipiert.
„Das ist ein Beispiel, wie die Bauindustrie ihren ökologischen Fußabdruck optimieren kann“, sagte Jan Christian Janßen. Es komme in Zukunft nicht nur auf die Wiederverwertung von Baumaterial an, sondern auch auf möglichst kurze Transportwege bei der Kiesgewinnung, dem Holzeinschlag und anderen Rohstoffen. „Das hat eine lange Tradition. Die Ziegelmacher folgten in den vergangenen Jahrhunderten auch den Baustellen und stellten die Ziegel mit Ton aus örtlichen Gruben dicht an den Baustellen her“, sagte Jan Christian Janßen.
Regionale Rohstoffe sparen Transport und schonen Klima
„Wir sind ein holzreicher Kreis und es liegt an uns, die Bauhölzer auch hier einzukaufen“, sagte Markus Räth, Obermeister der Baugewerbe-Innung, bei der Veranstaltung in Havekost.
Aber auch ein anderes Thema treibt ihn um. „Es wird viel zu viel Material verbaut, weil es Vorschriften gibt, die nicht sinnvoll sind“, sagte er. Dieses Manko hatte zuvor auch Jan Christian Janßen in seinem Vortrag moniert. So gibt es beispielsweise seit dem Brand im Düsseldorfer Flughafen 1996 und dem Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall 2006 nach Ansicht des Baugewerbes deutlich überzogene Vorschriften in Sachen Brandschutz und Stabilität. „Decken und Balken sind viel zu dick dimensioniert. Man könnte auch materialsparender bauen, ohne dass Statik und Sicherheit leiden würden. Das wäre ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dafür kämpfen wir“, betonte Markus Räth.
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Es gibt auch andere Möglichkeiten, Ressourcen beim Bau zu schonen. Ein Beispiel dafür liefert die Firma Semmelhaack, die Generationenpark in Schwarzenbek gebaut hat. „Wir legen die Bäder immer übereinander, um die Versorgungsleitungen kurz zu halten“, erklärt Prokurist Hartmut Thede.