Büchen. Seit zehn Jahren gibt es die Aktion Stadtradeln im Kreis Herzogtum Lauenburg. Wie sie bei Radwegeplanung und Mängelbeseitigung hilft.

Vom 4. bis zum 24. Juni zählt im Kreis Herzogtum Lauenburg jeder gefahrene Fahrradkilometer: Der Kreis und mit ihm die Städte Geesthacht, Lauenburg, Schwarzenbek, Mölln, Ratzeburg sowie die Gemeinde Wentorf nehmen an der Aktion Stadtradeln teil und rufen ihre Bürger dazu auf, möglichst viele Wege per Fahrrad zurückzulegen – und die Kilometer zu zählen.

Getroffen hatten sich die Organisatoren aus den teilnehmenden Orten am Kanal in Büchen-Dorf – alle per Fahrrad. Während Jürgen Pflantz nur mit Pedalkraft aus Geesthacht anradelte, kam Klimaschutzmanagerin Nina Reimers mit E-Unterstützung aus Schwarzenbek zum Treffen. Rüdiger Schacht Mölln) und Ralf Monecke (Lauenburg) kamen mit ihren E-Klapprädern per Bahn, radelten dann zum Kanal – standen vor einer Baustelle und musten auf die Straße ausweichen. Der Radweg zwischen Büchen und Büchen-Dorf wird gerade erneuert. „Das ist eine unserer Maßnahmen, um den Radverkehr zu bessern“, so Büchens Klimaschutzmanagerin Maria Hagemeier-Klose.

Aktion Stadtradeln gibt es seit 25 Jahren

Die Aktion Stadtradeln war 2008 vom Klima-Bündnis, einem internationalen Netzwerk von Kommunen, gegründet worden. Es ist eine Wettbewerb, in dem Einzelpersonen, Teams und Städte miteinander wetteifern, binnen drei Wochen möglichst viele Alltagswege klimafreundlich per Rad zurückzulegen. Büchen ist seit 2014 dabei, war damit Vorreiter im Kreis. „Wir haben ein Konzept für den Radverkehr, von dem schon einige Projekte umgesetzt sind, andere folgen jetzt“, sagt Hagemeier-Klose. Dazu zählt etwa ein Radweg von Büchen nach Schulendorf, der in diesem Jahr neu gebaut werden soll. Allerdings in der Standardbreite von 2,50 Meter. Wenn sich dann etwa zwei der immer öfter anzutreffenden dreirädrigen Lastenräder begegnen, wird es eng. Das gibt auch die Klimaschutzmanagerin zu.

Breitere Wege seien in der Umsetzung schwierig: So gibt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung eine Mindestbreite von 1,50 Meter vor, empfiehlt bei in beide Fahrtrichtungen nutzbaren Wegen eine Breite von 2,40 Meter und beruft sich dabei auf die „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA), ein technisches Regelwerk, das allerdings aus dem Jahr 2010 stammt. Damals gab es jedoch kaum Lastenfahrräder und deutschlandweit wurden damals gerade einmal 200.000 E-Bikes verkauft, das waren fünf Prozent des gesamten Fahrradabsatzes. Zum Vergleich: 2022 wurden 2,2 Millionen E-Bikes verkauft (43 Prozent).

Einen Laufradparcours für die Jüngsten wird es diesmal bei der Auftakttour in Geesthacht nicht geben.
Einen Laufradparcours für die Jüngsten wird es diesmal bei der Auftakttour in Geesthacht nicht geben. © Stadt Geesthacht | Stadt Geesthacht

Platz eins für Geesthacht bei Fahrradklima-Test

Der Unterbau der Radwege sei dem einer Straße ähnlich, erläutert Jürgen Pflantz aus Geesthacht. Tatsächlich aber sind Tragschicht und Unterbau nicht ganz so stark wie bei einer Straße ausgebaut, sodass Baumwurzeln immer wieder für Unebenheiten und Risse sorgen. Pflantz: „Seit einiger Zeit werden deshalb bei neuen Radwegen manchmal Wurzelschutzfolien eingebaut, die dies verhindern sollen.“ In der Elbestadt hat man zudem mit sogenannten Schutzstreifen und neuen Wegeführungen versucht, den Radverkehr innerhalb der Stadt zu fördern. Mit Erfolg: Beim Fahrradklima-Test des Fahrradclubs ADFC hatte Geesthacht eine Note von 3,46 erhalten. Bundesweit liegt sie damit bei Städten vergleichbarer Größe auf Platz 35, in Schleswig-Holstein sogar an der Spitze. Zum Vergleich: Wentorf und Lauenburg erhielten jeweils die Note 4,2.

Reform der Straßenverkehrsordnung gefordert

Auch in den übrigen Kommunen gibt es Radverkehrskonzepte: In Lauenburg etwa gibt es auch Fahrradschutzstreifen auf der Straße, in Mölln wird im Zuge des Ausbaus der Hauptstraße sowie im Schülerverkehr ein Schwerpunkt gesetzt. In Schwarzenbek werden derzeit die an Fußwegen montierten Sperrgitter (Umlaufbügel) überprüft, um Radfahrern das Passieren zu erleichtern. Ärger gab es in Wentorf: Radfahrer wollten dort auch Schutzstreifen haben, doch auf vielen Straßen gilt bereits Tempo 30 und dann lässt die Straßenverkehrsordnung dies nicht zu. „Wir wollen eine Reform, möchten als Kommune mehr Rechte haben“, so Yvonne Hargita.

Während die Schutzstreifen relativ einfach auf den Asphalt gemalt werden können, ist der Bau eines neuen Radwegs deutlich aufwendiger: „Tiefbau dauert länger“, so Pflantz. Das Stadtradeln und das Melden der gefahrenen Kilometer über die entsprechende App sei da jedoch hilfreich, so Pflantz: „Wir erhalten darüber Aussagen, auf welchen Routen die Radfahrer unterwegs sind, können dann reagieren.“ Zudem können Radler über die Meldeplattform RADar Kommunen auf defekte oder störende Stellen im Radwegenetz hinweisen. Gefahrenstellen können so schnell beseitigt werden. Aber nicht alle Mängel sofort behoben werden. „Dazu ist die Personaldecke in unseren Kommunalverwaltungen zu dünn“, so Yvonne Hagita.

Thorsten Schmidt und Gudrun Kock waren 2022 beim Stadtradeln in Schwarzenbek die aktivsten Radfahrer.
Thorsten Schmidt und Gudrun Kock waren 2022 beim Stadtradeln in Schwarzenbek die aktivsten Radfahrer. © Monika Retzlaff | Monika Retzlaff

Kilometer werden automatisch per App gezählt

2022 nahmen im Kreis 1800 Radler teil, fuhren 302.000 Kilometer mit dem Rad statt mit dem Auto und sparten so mindestens 42 Tonnen Treibhausgas-Emissionen ein. Im Kreis nehmen Ratzeburg, Mölln, Schwarzenbek, Lauenburg, Geesthacht, Wentorf sowie die Ämter Büchen, Lütau und Hohe Elbgeest teil. Doch auch wer nicht in einer der teilnehmenden Gemeinde lebt, kann mitradeln, bei anderen Teams oder dem des Kreises anfragen oder ein eigenes gründen. Über die Stadtradeln-App, sie gibt es für Apple- und Android-Geräte, werden die gefahrenen Kilometer automatisch gezählt.

Kommunen laden zu gemeinsamen Aktionen ein

Start der Aktion ist am Sonntag, 4. Juni. In Schwarzenbek beginnt die Aktion bereits einen Tag früher: Am Sonnabend, 3. Juni, lädt die Radsportabteilung des TSV Schwarzenbek zur 30 Kilometer langen Auftaktfahrt ein. Start ist um 14 Uhr auf dem alten Markt. Am 13. und 20. Juni gibt es ein gemeinsam mit der Landesverkehrswacht ausgerichtetes Fahrsicherheitstraining auf E-Bikes, das sich gezielt an Senioren wendet. Anmeldung bei Nina Reimers per E-Mail an N.Reimers@schwarzenbek.de.

In Geesthacht gibt es drei geführte Touren: Zum Auftakt startet am 4. Juni um 11 Uhr eine dreistündige Radtour am Menzer-Werft-Platz (Anmeldung: umwelt@geesthacht.de). Am Mittwoch, 7. Juni, gibt es eine gemeinsam von Geesthacht und Lauenburg ausgerichtete Feierabend-Radtour in die Schifferstadt. Treffpunkt ist um 17 Uhr der Parkplatz am Geesthachter Waldfriedhof (Anmeldung: touristinfo@geesthacht.de). Am 15. Juni geht es dann durch die Kulturlandschaft des Ortes. Treffpunkt ist um 17.30 Uhr auf dem Rathausvorplatz (ohne Anmeldung).

Sternfahrt in Büchen und Versteigerung in Lauenburg

Wer in Lauenburg noch ein Fahrrad für die Auftakttour am 4. Juni (Start: 10 Uhr, Amtsplatz) braucht, kann es am Sonnabend ersteigern: Um 10 Uhr beginnt auf dem Lauenburger Wochenmarkt (Alte Wache) eine Versteigerung von Fundrädern. Am Sonntag werden zudem von 9 bis 11 Uhr an der Alten Wache Fahrräder und E-Bike-Akkus codiert. Am 17. Juni beginnt um 13.30 Uhr eine Schleusenradtour (Feuerwehrgerätehaus, Buchhorst), am 19. Juni um 17 Uhr eine Stadtrundtour mit Bürgermeister Thorben Brackmann (Amtsplatz). Zum Abschluss gibt es eine After-Work-Tour mit dem ADFC am 21. Juni (Start: 17.30 Uhr am Bahnhof Lauenburg). Für die dreistündige Tour ist eine gute Grundkondition erforderlich. Im Amt Büchen gibt es am 4. Juni eine Sternfahrt nach Fitzen. Um 14 Uhr gibt es am dortigen Dorfgemeinschaftshaus einen Flohmarkt sowie Kaffee und Kuchen für die Radler. In Wentorf lädt Bürgermeisterin Kathrin Schöning am 4. Juni zu einer Radtour zu den „schönsten und schlimmsten Ecken“ der Gemeinde ein (Start: 14 Uhr, Teichstraße 1). Noch bis 30. Mai können Bürger dafür Vorschläge an stadtradeln@wentorf.de senden.