Lauenburg. Die Geschichte zeigt: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es wieder passiert. Am 7. März gibt es einen Vortrag in Lauenburg.

Vor knapp zehn Jahren hatte das Hochwasser die Lauenburger Unterstadt voll im Griff und richtete verheerende Schäden an. Doch seitdem fließt die Elbe friedlich an den historischen Häusern vorbei. Mahner für einen wirksamen Hochwasserschutz werden gelegentlich schon mal ausgelacht. Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Ruhe ist trügerisch.

Immer wieder wird die Lebensader der Stadt zu ihrer größten Bedrohung. Der Heimatbund und Geschichtsverein lädt für Sonnabend, 7. März, zum Vortrag „Hochwasser in Lauenburg“ ein. Historikerin Dr. Claudia Tanck wirft mit den Teilnehmern einen Blick zurück in die Geschichte der alten Schifferstadt.

Der frühste Beleg für ein Hochwasser dürfte ein Brief aus dem Jahre 1601 sein

„In der Elbstraße lebt man seit Jahrhunderten mit Hochwasser“, hörte man von alteingesessenen Lauenburgern, bevor am 12. Juni 2013 ein Pegelstand von 9,64 Meter gemessen wurde. Zu allen Zeiten gab es Not und Elend, wenn die Elbe sich von ihrer zerstörerischen Seite zeigte. Doch anders als heute hatten die Menschen früher kaum Möglichkeiten, die aktuellen Ereignisse für die Nachwelt festzuhalten.

Und doch gibt es Quellen, die belegen, wie die Hochwasser den Menschen im alten Lauenburg immer wieder zugesetzt haben. Der frühste Beleg dafür dürfte ein Brief aus dem Jahre 1601 sein, in dem Bürgermeister und der Rat den Herzog um Unterstützung baten, „weil das arme Städtlein durch Wasser und Eis fast völlig zugrunde gerichtet worden sey“.

Die Lauenburger Historikerin Dr. Claudia Tanck weiß, wie verheerend Hochwasser zu früheren Zeiten in Lauenburg waren. 
Die Lauenburger Historikerin Dr. Claudia Tanck weiß, wie verheerend Hochwasser zu früheren Zeiten in Lauenburg waren.  © Privat | Privat

Das Winterhochwasser von 1855 gilt als das mit dem höchsten Pegelstand

Heute gilt das Winterhochwasser von 1855 als das mit dem höchsten Pegelstand, der jemals in Lauenburg gemessen wurde. 9,88 Meter sind in den Annalen der Stadt angegeben. Der Lauenburger Christian Bollhorn hatte als Kind diese Katastrophe erlebt. Bis heute erhalten sind seine Tagebuchaufzeichnungen aus jener Zeit. „Das Jahr begann mit einem Sturm in der Neujahrsnacht. Mit Getöse wurden die Schindeln des hölzernen Kirchturms abgerissen“, schreibt er. Noch vor Ende der Predigt seien die Leute aus der Kirche geflohen.

Danach folgte eine lange Frostperiode. Was man heute weiß: Im Gebiet der Oberelbe setzte im März das Tauwetter früher als in Lauenburg ein. Eis türmte sich zwischen Lauenburg und Artlenburg. Die Bewohner waren zunächst gelassen: „Hier is noch nie Water int Hus west un Ihs herkamen, uns kann hier nix passieren“. Sie sollten sich irren. „Am nächsten Morgen schwammen meine Holzpantinen durch die Kammer“, heißt es in den Aufzeichnungen von Christian Bollhorn.

In Artlenburg brach der Deich, der Ort war den Fluten schutzlos ausgeliefert

Stunden später wurde es dramatisch: Die hintere Wand des Hauses wurde vom Eis eingedrückt. „Stube und Kammer lagen bis unter die Decke voll Söllereis“, notierte er. Immer wieder sei der Ruf der Nachwächters zu hören gewesen: „Dat Iß, dat geiht“. Christian Bollhorn schrieb seine Erinnerungen auf, die er als Zehnjähriger damals machte: „Die kräftige Christine Wahrenburg trug ihren gebrechlichen Schwiegervater Huckepack aus der Bodenluke die Leiter hinab in einen Kahn. Häuser krachten in den Fugen, Frauen schrien auf. Dann passierte, was alle befürchtet hatten: In Artlenburg brach der Deich. Der Ort war den Fluten schutzlos ausgeliefert. Der Kirchhof wurde überschwemmt und Särge und Gebeine in die Marsch gespült.“

Hochwasser von 1895: Nur über Stege war die Elbstraße passierbar
Hochwasser von 1895: Nur über Stege war die Elbstraße passierbar © BGZ | Heimatbund und Geschichtsverein

Claudia Tanck weiß, welche Schäden das Hochwasser von 1855 in der Schifferstadt anrichtete. Die frühen Fachwerkhäuser an der Elbstraße waren meistens in Lehmbauweise errichtet. „Sie wurden von den Eisschollen regelrecht aufgeschlitzt“, sagt die Historikerin. Doch der Zusammenhalt war damals in Lauenburg groß. Wer kein Haus mehr hatte, kam bei Freunden und Verwandten unter. Und auch die Handwerkszünfte halfen Not leidenden Mitgliedern.

40 Jahre später setzte wieder ein schweres Hochwasser der Schifferstadt zu. Redakteurin Gertrud „Trudel“ Trabert berichtete im Mai 1970 in der Lauenburgischen Landeszeitung über die Erinnerungen der damals 90-jährigen Henny Bannier, geborene Möller, die als 13-Jährige das Hochwasser 1895 erlebte. Das Wasser drang damals in Häuser, Kammern und Küchen. Nur über Stege war die Elbstraße passierbar und statt Pferdegespannen fuhren dort kleine Handkähne.

Besonders gefährlich wurde es aber, wenn zum Hochwasser Eisgang hinzukam

„Die Menschen kannten das und haben damit gelebt“, sagt Claudia Tanck. So wurden vor dem Winter alle Keller leer geräumt, bei Hochwasser liefen sie dann voll. Das war wichtig für die Statik – die Elbe hätte sonst zu großen Druck ausgeübt. Die Erdgeschosse hatten meistens Fliesenboden, weil sie als Werkstatt oder Geschäftsraum genutzt wurden. Gewohnt wurde in den oberen Geschossen.

Auf der unter Wasser stehenden Elbstraße legten die Lauenburger Bohlen aus, auf denen sie von Haus zu Haus balancierten. Besonders gefährlich wurde es aber, wenn zum Hochwasser Eisgang hinzukam. „Die Eisschollen türmten sich meterhoch auf, weil der Druck durch das nachströmende Wasser groß war. Sie haben immer wieder Häuser zerstört“, erzählt die Historikerin.

Der Vortrag von Claudia Tanck im Elbschifffahrtsmuseum (Elbstraße 59) am Sonnabend, 7. März, beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.