Lauenburg. Alles wird teurer, doch viele Lauenburger zeigen auch in der Krise Herz. Wer besonders großzügig ist.

Preisschock an der Supermarktkasse, Entsetzen über die Heizölrechnung – derzeit müssen viele Menschen den Euro dreimal umdrehen. Man könnte meinen, die Spendenbereitschaft sei in diesem Jahr eher gedämpft. Doch in Lauenburg ist das Gegenteil der Fall: Bei der Sammlung für das Weihnachtshilfswerk der Stadt Lauenburg und des Amtes Lütau kamen fast 5500 Euro zusammen. Anders als in den Vorjahren waren es überwiegend Privatpersonen, die ihre Herzen und Geldbörsen öffneten. Lauenburger Unternehmen hielten sich diesmal eher zurück. „Einige Senioren haben die im Dezember ausgezahlte Energiepauschale von 300 Euro komplett gespendet“, freut die Ulrike Hümpel aus dem Lauenburger Sozialamt.

Seit 27 Jahren werden über das Weihnachtshilfswerk der Stadt Kinder beschenkt, in deren Familien das Geld kaum für das Nötigste reicht. Sie und ihre Eltern beziehen Hartz IV oder andere staatliche Transferleistungen. Insgesamt 247 Pakete – jeweils im Wert von 25 Euro – hatten die Mitarbeiter der Lauenburger Verwaltung gepackt. Die Kinder hatten zuvor ihre Wunschzettel im Bürgerbüro abgegeben.

Im Weihnachtsmannkostüm steckt Andreas Jugelt

Das Weihnachtshilfswerk ist immer eine Herzensangelegenheit der gesamten Lauenburger Verwaltung. Im Kostüm des Weihnachtsmannes steckte in diesem Jahr Andreas Jugelt aus dem Stadtentwicklungsamt. Am liebsten hätte er seinen Namen gar nicht in der Zeitung gelesen. Da hatte er allerdings die Rechnung ohne seine Kolleginnen gemacht. „Andreas Jugelt ist dafür perfekt. Die Kinder sind begeistert“, lobte Ulrike Hümpel.

Natürlich kann auch der städtische Weihnachtsmann nicht alle Geschenke allein besorgen, und so gingen ihm die Verwaltungsmitarbeiter gern zur Hand. Sie reichten die zuvor liebevoll verpackten Geschenke aus der ersten Etage des Schlossgebäudes. Und dann wartete da ja auch noch der Weihnachtsmann. Wer ein Gedicht aufsagten mochte, bekam noch ein kleines Präsent aus dem Sack. Wer keine Lust darauf hatte, bekam es auch.

Für Jinan und Ahmad Alzibak ist der Anblick des Weihnachtsmannes inzwischen vertraut. Das war vor sechs Jahren noch anders, als sie mit ihren Eltern aus Syrien nach Deutschland kamen. Damals waren die Geschwister vier und drei Jahre alt. Mittlerweile hört man nicht mal einen Akzent, wenn Ahmad erzählt, dass er sich ein Furzkissen gewünscht hat – für den Fall, dass seine Schwester wieder mal nervt. Jihan hofft, dass im Paket die angesagte Figur aus ihrer Lieblingsserie ist. „Alle Mädchen aus meiner Klasse haben die“, erzählt sie strahlend.

Syrische Familie hat zum ersten Mal ein Weihnachtsbaum im Haus

Lina Shahin freut sich, ihre Kinder so ausgelassen zu sehen. „Weihnachten kannten wir auch in Syrien schon, weil wir christliche Bekannte hatten. Aber in Deutschland ist das eine besondere warmherzige Stimmung zum Fest. Ich bin berührt, wie großzügig die Menschen anderen gegenüber sind, denen es nicht so gut geht“, sagt 33-Jährige. Zu Hause steht in diesem Jahr zum ersten Mal ein Weihnachtsbaum.

Lina Shahin arbeitet ehrenamtlich als Schulbegleiterin, hilft Kindern den DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) beim Lernen. „Wir sind noch auf staatliche Hilfe angewiesen, aber ich möchte etwas zurückgeben, so gut ich eben kann“, sagt sie.

Bertelsmann-Stiftung: Mehr als 30 Prozent der Hartz-IV-Empfänger sind Kinder

Jahr für Jahr beschäftigen sich Soziologen mit dem Thema Kinderarmut in Deutschland. Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung sind mehr als 30 Prozent der Hartz-IV-Empfänger Kinder, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur 16 Prozent betrage. Die allgemeine Teuerung und die Energiekrise träfen viele Familien „mit unfassbarer Wucht“, heißt es.

Wer in Deutschland in einer Familie mit mehreren Kindern lebt, ist häufiger von Armut betroffen, als das in Haushalten mit weniger Kindern der Fall ist. Fast ein Drittel (32 Prozent) aller Familien mit drei oder mehr Kindern gilt als einkommensarm, knapp 18 Prozent beziehen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch.