Büchen/Lauenburg. Wenn eine Erkältungswelle auf knappes Personal trifft, fallen Züge aus oder verspäten sich. Erixx ist derzeit extrem gebeutelt.

Der Ärger vieler Bahnnutzer auf der Strecke Lübeck - Büchen - Lauenburg - Lüneburg wird immer lauter. Mit der Fahrplanumstellung hat vergangenes Wochenende die Firma Erixx Holstein die Bedienung der Strecke RE83 von der Deutschen Bahn übernommen. Nach Zugausfällen und massiven Verspätungen sowie ausbleibenden Informationen für die betroffenen Fahrgäste hatte es Dienstagnachmittag von Unternehmensseite geheißen, am Mittwoch seien die Probleme ausgeräumt.

Betroffene sollen Beschwerden an Rathaus senden

Das stimmt nur zum Teil. Und andere Schwierigkeiten werden erst jetzt bekannt. Die Gemeinde Büchen bietet betroffenen Kunden nun an, deren Beschwerden an die zuständigen Stellen weiterzuleiten.

Der Live-Fahrplan auf der Erixx-Homepage, der über Abfahrten, Verspätungen oder Zugausfälle informieren soll, war bis Donnerstag ebenso unzuverlässig, wie die Tage zuvor Zuganzeigen und Durchsagen auf den Bahnhöfen. Nutzer wunderten sich, dass sie zwar online Informationen über die Situation in Niedersachsen abrufen konnten, nicht aber zur Situation in Schleswig-Holstein.

Online-Infos zu Niedersachsen aber nicht Schleswig-Holstein

Wie berichtet, taten sich auch geübte Bahnnutzer zu Wochenbeginn schwer, an Informationen zu kommen. Deutsche Bahn und Erixx Niedersachsen erklärten sich für nicht zuständig, auch der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) konnte nicht weiterhelfen. Manche verärgerten Kunden strandeten in der überlasteten Erixx-Hotline, andere landeten schließlich bei der Pressesprecherin des Unternehmens.

Sie hat Dienstag erklärt, an der Lösung der Probleme werde mit Hochdruck gearbeitet. Inzwischen werden jedoch neue Schwierigkeiten bekannt, andere tauchen wieder auf. Montagmorgen war der 6.41 Uhr ab Lauenburg Richtung Norden ausgefallen, Dienstag fuhr er, Mittwoch wieder nicht.

Im Dauereinsatz für den Bahnhof Büchen: Bürgermeister Uwe Möller (re.)  nimmt 2017 Förderbescheid der Metropolregion Hamburg entgegen.
Im Dauereinsatz für den Bahnhof Büchen: Bürgermeister Uwe Möller (re.) nimmt 2017 Förderbescheid der Metropolregion Hamburg entgegen. © BGZ | Richel

Tägliches Zug-Lotto: Fährt er oder fährt er nicht?

Allein hier waren jeweils Dutzende Schüler und Berufsschüler, die nach Mölln mussten, sowie viele weitere Fahrgäste Richtung Norden betroffen. „Mein Sohn hatte diesmal Glück. Er musste erst zur zweiten Stunde zur Schule“, berichtet Ferdinand Soethe aus Lauenburg.

Der Stotterstart von Erixx verbunden mit den Kommunikationsproblemen veranlasst jetzt die Gemeinde Büchen, tätig zu werden. Die Gemeinde bietet Bahnreisenden an, eine E-Mail mit ihren Beschwerden an die Verwaltung zu schicken: info@gemeinde-buechen.de. Diese werden dann gesammelt und die Nachrichten zu Zugausfällen und Verspätungen an die Verantwortlichen weitergeleitet – an den Auftraggeber, die NAH-SH GmbH, sowie an das Wirtschaftsministerium des Landes.

„Geht es um Sylt, lässt das Land Tote auferstehen“

Man hoffe, damit eine Verbesserung der Situation voranzutreiben, so Büchens Bürgermeister Uwe Möller. „Es kann doch nicht, dass das Land Tote auferstehen lässt, wenn es mal Probleme auf dem Marschbahndamm Richtung Sylt gibt. Aber nichts passiert, wenn bei uns Züge reihenweise ausfallen oder sich verspäten.“

Gerade auf dem Umsteigebahnhof Büchen stranden dann Fahrgäste: „Verspäten sich Züge deutlich, verpassen viele Menschen ihren Anschluss.“ Zahlreiche Bahnreisende „müssen derzeit bis zu 80 Minuten auf ihre Züge warten, entsprechende Durchsagen fehlen oft gänzlich“, klagt Möller. „So darf kein Bahnanbieter mit seinen Kunden umgehen.“

Bahnreisende stranden auf Umsteigebahnhof Büchen

Für den früheren Fernmeldetechniker der Deutschen Post ist die Sache klar, derartige Infrastruktur gehöre nicht in die Hände von Privatanbietern. „Die Privatisierungen in Deutschland sind wirklich keine Erfolgsgeschichte.“

Uwe Möller selbst war Dienstagmorgen in Büchen mit dem Zug Richtung Lübeck gestartet. „Um 6.57 ist man schon verblüfft, wenn die Anzeige auf dem Bahnsteig als nächsten Zug einen nennt, der erst nach 19 Uhr fährt.“ Die Rückfahrt am Mittwochabend war geeignet, aus der Verblüffung Ärger werden zu lassen. „Wenn sich Züge verspäten, wäre es schon wichtig, die Kunden über Durchsagen oder Anzeigen im Bahnhof zu informieren“, so Möller.

Zwischen Abenteuer und Reise nach Jerusalem

Zum kleinen Abenteuer à la Reise nach Jerusalem geriet die Rückfahrt. Richtung Süden wird der Zug geteilt. „Die Wagen, die Richtung Büchen und Lüneburg rollen, standen bisher immer vorn. Also steigen die Nutzer, darunter viele Berufspendler, die in die Richtung wollen, in die vorderen Wagen ein.“ Dieses Mal wurde anders gekoppelt.

Möller: „Vor der Abfahrt wurde es hektisch“, berichtet Möller. „Viele Fahrgäste hatten den Mitarbeiter, der mit der Nachricht durch den Zug gelaufen war, nicht gehört Andere waren erst eingestiegen, als er schon durch war.“

Bereitgestellte Daten bleiben stecken

Solche Maßnahmen wie auch die notwendigen Information für die Fahrgäste seien allein Sache des Anbieters, sagt Dennis Fiedel, Sprecher von NAH.SH. Die inzwischen weitgehend behobenen Kommunikationsprobleme seien dagegen durch technische Problem entstanden. „Die Daten hat Erixx zwar bereitgestellt, sie wurden aber für die Weiterverarbeitung nicht übernommen.“ Folge: Anzeigen blieben dunkel, Lautsprecher auf den Bahnsteigen schwiegen.

Auch bei NAH.SH sind diverse Beschwerden zu Erixx aufgelaufen, bestätigt Fiedel. „Erixx hatte mit einer Kombination von üblichen Anlaufschwierigkeiten und Sonderproblemen zu kämpfen.“

Wenn Erkältungswelle auf Personalnot trifft

Zugausfälle und Verspätungen seien unter anderem Ergebnis der Personalsituation. „Dass qualifizierte Mitarbeiter schwer zu bekommen sind, das kennen auch andere Anbieter“, sagt Fiedel. Aktuell sorge eine Erkältungswelle für viele Ausfälle, nicht nur bei Erixx. NAH.SH kümmere sich: „Wir stehen täglich mit dem Unternehmen in Kontakt.“