Gülzow. In Gülzow haben Kommunalpolitiker über Parteigrenzen hinweg gemeinsam viel erreicht. Warum sie nun den nächsten Schritt gehen.

Die Gemeinde Gülzow zählt mit ihren gut 1300 Einwohnern zwar zu den schon etwas größeren unter den kleinen. Doch sind auch hier die Tage gezählt, an denen Fraktionen wie SPD und CDU in der Gemeindevertretung die Geschicke des Ortes gelegentlich kontrovers diskutieren. Für Donnerstag, 10. November, laden die Ortsvorsitzenden beider Parteien für 19 Uhr gemeinsam in die Schützenhalle ein. Anlass ist die Gründungsversammlung einer „Unabhängigen Wählergemeinschaft“.

Nun ist die Kommunalpolitik in Gülzow in den vergangenen Jahren eher durch gemeinsame Anstrengungen als durch schwerwiegende Konflikte geprägt gewesen. Das Ortsentwicklungskonzept gilt den Verantwortlichen ebenso als gelungenes Ergebnis gemeinsamer Bemühungen wie die Sicherung der Nahversorgung durch Etablierung eines Tante-Enso-Ladens im Ort oder auch die Versorgung der Gemeinde mit schnellen Internet durch Glasfaseranschluss.

Gülzow: Politiker von SPD und CDU gründen Wählergemeinschaft

Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass es selbst den größeren Parteien immer schwerer fällt, eine hinreichende Zahl an Kandidaten für die im kommenden Mai anstehende Kommunalwahl aufzustellen. Für die Gülzower Gemeindevertretung sollten die Parteien jeweils etwa so viele Bewerber aufbieten können, wie die Gemeindevertretung Sitze hat (13), meint Wolfgang Schmahl, langjähriger Bürgermeister und zugleich SPD-Ortsvorsitzender. „Wir benötigen für die Arbeit ja neben den Gemeindevertretern auch bürgerliche Mitglieder für die Ausschüsse.“

In Gülzow arbeiteten SPD und CDU seit Langem vertrauensvoll zusammen, „Parteipolitik spielt auf der kommunalen Ebene keine Rolle“, so Schmahl. Da sei es doch nur konsequent, zusammenzugehen, anstatt dass SPD und CDU weiterhin einzeln versuchten, ausreichend eigene Kandidaten für die Wahl zur Gemeindevertretung aufzubieten.

Sechs von 13 Gemeindetretern in Gülzow sind parteilos

Dass die Parteien mit schwindenden Mitgliederzahlen immer größere Probleme mit der Aufstellung eigener Kandidaten haben, zeigt auch ein Blick ins Einladungsschreiben. Von 13 Gemeindevertretern in Gülzow sind aktuell sechs parteilos. Sie sind bei der Kommunalwahl für eine Partei angetreten, ohne aber selbst Mitglied zu sein.

„Es fällt immer schwerer, gerade auch jüngere Menschen zu finden, die sich politisch engagieren“, bestätigt Maik Schmidt, CDU-Ortsvorsitzender und Gemeindevertreter. Gerade engagierte Menschen wollten sich häufig ungern positionieren, weiß der 54-Jährige: „Sich nach links oder nach rechts zu drehen, das ist nicht ihr Anliegen.“

Jüngere wollen sich ohne Parteizugehörigkeit engagieren

Auch in Gülzow, wo ehrenamtliches Engagement bis heute eine große Rolle spiele, falle zudem auf, dass es häufig die gleichen Personen sind, die sich engagieren, so Schmidt. „Die packen beim Feuerwehrfest mit an und beim Public Viewing.“ Ohne diese Menschen würde auch der Dorfladen Tante Enso nicht funktionieren.

Wie die Wählervereinigung schließlich heißen soll, ist noch nicht geklärt, die Frage soll später besprochen werden. Abgesprochen ist dagegen das gemeinsame Signal von Wolfgang Schmahl und Maik Schmidt.

Beide kündigen an, den Ortsvorsitz ihrer Partei aufzugeben. „Das ist ein Zeichen für die Gülzower, dass wir es mit der Wählergemeinschaft ernst meinen“, sagt Maik Schmidt. Verbunden ist dies mit der Hoffnung, dass sich weitere Menschen bereitfinden, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren.

So sieht es anderswo aus: Parteien sind auf dem Rückzug

Wer meint, dass Parteien wie auf Landes- oder Bundesebene das politische Geschehen auch in Kommunen bestimmen, dem sei ein Blick in das Amt Schwarzenbek-Land empfohlen. Dort haben meist ein oder mehrere Wählergemeinschaften in den jeweiligen Gemeindevertretungen das Sagen. Tatsächlich ist Gülzow inzwischen die einzige Vertretung, wo Fraktionen von SPD und CDU bestehen – noch. Außer in Gülzow ist allein in Kuddewörde noch eine politische Partei in einer Gemeindevertretung präsent, in der 1400-Einwohner-Gemeinde besetzt die Union alle Sitze. Ansonsten sind es Wählergemeinschaften, die das Geschehen bestimmen. Ob FWS (Sahms), AFWM (Mühlenrade), WK (Kollow) und die AAWD in Dahmker allein, oder mit anderen Wählergemeinschafen wie in Grabau (FWG und AAGW) oder in Brunstorf, wo die Unterscheidung von AABB und AABDW sprachlich schwerfällt. In Basthorst reicht es, sich das A für adlig zu merken. Freiherr Enno von Rufin und Freifrau Milana von Ruffin gehören in der dortigen Vertretung der ABW an.