Lauenburg. Der Genuss von Alkohol war bislang bei der Lauenburger Bruderschaft Pflicht. Zudem wird aus der Schipperhöge die Sommerhöge.

Als „Schiffer und Schiffsbedienstete“ im Jahr 1635 die Lauenburger Schifferbrüderschaft als Unterstützungskasse auf Gegenseitigkeit gründeten, waren die Zeiten schlecht: Viele Landstriche Europas waren durch den 30-jährigen Krieg zur Wüstenei geworden, hinzu kamen Krankheiten wie Pest und Cholera – und die sogenannte Kleine Eiszeit. Kanäle und Flüsse froren zu. Die Schiffer waren deshalb im Winter zu Hause und feierten entsprechend ihr Fest, die Schipperhöge, immer in Januar.

Doch trotz aller strengen Regeln, die im „schweinsledernen Buch“ – das heute noch verwendete Original stammt aus dem Jahr 1687 – festgelegt sind, wird die „Höge“ (vom plattdeutschen Wort högen, für sich freuen) in diesem Jahr im Sommer gefeiert. Der Grund: die Corona-Pandemie. „Wir haben lediglich 2021 eine Kurzversion der Schipperhöge feiern können, ohne Umzüge und Ball“, sagt Andreas Panz, seit 19 Jahren als Schriftführer im Vorstand und ein profunder Kenner von Tradition und Geschichte der Bruderschaft.

Lauenburg: Schipperhöge wird dieses Jahr im Sommer gefeiert

Der Sommerhöge zum Opfer gefallen ist der beliebte Umzug der „Lustigen Person“, die im Januar die Neujahrsgrüße der Gilde überbringt und die sie begleitenden Kinder im Süßigkeiten belohnt. „Das Flickenkleid ist für den Winter gemacht, im Sommer ist es darunter viel zu warm“, sagt Bernd Bollhorn, scheidender I. Ältermann der Bruderschaft.

Doch nicht alle Traditionen werden der Wärme geopfert: „Marscherleichterung gibt es bei uns nicht“, sagt Bollhorn. Nur ihre Mäntel dürfen die Schifferbrüder im Schrank lassen, Sakko und Krawatte dürfen hingegen nicht abgelegt werden. Und auch die traditionellen Zylinder werden beim Festumzug getragen – verhindern so zumindest einen Sonnenbrand.

Ein wenig abgewandelt wurden die strengen Trinkregeln: Zwar wird der Eierpunsch angeboten, dessen Rezept ebenfalls im schweinsledernen Buch enthalten ist, der Genuss ist aber nicht verpflichtend. Anders beim Willkomm: Der silberne Pokal wird im Winter mit Rotweinpunsch gefüllt. Jetzt wird auf den Rum-Anteil verzichtet und gekühlter Rotwein eingefüllt. „Normalerweise hat jeder aus dem Pokal getrunken. Das geht in Pandemiezeiten nicht mehr: Wir haben jetzt eine Kelle und schöpfen in Gläser um“, sagt Panz.

Utensilien werden bei Banken und im Museum verwahrt

Bereits am Donnerstag hatten die Mitglieder des zwölfköpfigen Vorstands – „Apostel“ genannt – Fahnen, Pokale, das schweinslederne Buch, Schiffsmodelle und die hölzerne Lade geholt, dessen kunstvolles Schloss zwar nur ein Schlüsselloch, aber drei Schließzylinder hat, und ins Hotel Bellevue gebracht. Die historischen Utensilien sind teils im Elbschifffahrtsmuseum, teils bei Geldinstituten unter Verschluss gelagert. Geschmückt ist der Saal übrigens auch mit dem rot-weißen Danebrog, der dänischen Flagge: „Die Dänenzeit von 1806 bis 1864 war für die Schifferbruderschaft eine gute Zeit“, so Panz. Auch zwei historische Fahnen aus dieser Zeit tragen das Wappen des dänischen Königshauses.

Festumzug durch die Stadt und Kindertanz im Hotel Bellevue

Am Freitag zahlten die 125 Mitglieder ihre Beiträge ein – traditionell in bar und persönlich. Am Sonnabend, 25. Juni, wird dann gefeiert: Um 12 Uhr treffen sich die Vorstände im Hotel Bellevue, um einen neuen II. Ältermann zu wählen. Der bisherige Amtsinhaber Rainer Haase rückt dann auf: „Das ist schon eine große Ehre.“

Um 14.30 Uhr startet an der Blumenstraße 29 der Festumzug, der zum Schloss und dann in die Altstadt führt. Schaulustige sind willkommen und dürfen gern mitlaufen. Um 16 Uhr lädt die Gilde dann zum Kindertanz ins Hotel Bellevue ein, bevor um 20 Uhr der Festball beginnt, der Mitgliedern und geladenen Gästen vorbehalten ist – und bis 5 Uhr morgens dauert.

Hätten die Schifferbrüder die Gilde nicht 1635, sondern heute gegründet, würde das Fest möglicherweise immer im Sommer gefeiert werden. Denn der aktuelle Niedrigwasserbericht der Bundesanstalt für Gewässerkunde warnt wegen des trockenen Frühjahrs vor fallenden Pegelständen insbesondere auf der Elbe mit erheblichen Auswirkungen für die Schifffahrt.