Lauenburg. Normalerweise feiert die Lauenburger Schifferbrüderschaft die Höge zum Jahresanfang – 2022 wird das Fest im Sommer nachgeholt.
In diesem Jahr ist einiges anders: Statt in den ersten Tagen des neuen Jahres feiert die Lauenburger Schifferbrüderschaft ihre Höge an zwei der längsten Tage. Auch den Umzug der Kinder mit der Lustigen Person wird es in der gewohnten Form nicht geben. Das war es aber auch schon mit den Abweichungen von den uralten Regeln. Von Freitag, 24. Juni, bis Sonnabend, 25. Juni, wird in Lauenburg nach zweijähriger Pause wieder Schipperhöge gefeiert.
Los geht es am Freitag, 12 Uhr, im Hotel Bellevue mit einem Ritual, das in Stein gemeißelt ist: Die Schifferbrüder bezahlen ihre Beiträge. Das lässt sich weder per Überweisung oder Online-Banking erledigen, sondern nur durch persönliches Erscheinen vor der geöffneten Lade. So wollen es die uralten Vorschriften der Brüderschaft.
Im schweinsledernen Buch von 1635 steht dazu geschrieben: „So soll um zehn Uhr vor Mittag die Versammlung geschehen, und wer nicht auf den Glockenschlag erscheint, es sey dann er wehre unpäßlich, oder hätte sonsten nohtwendige Geschäfte zu verrichten, soll in Zwey Schilling Strafe verfallen sein. Kömpt er gar nicht, und hat sich auch nicht entschuldigen lassen, soll er der Laden einen Ohrtthaler entrichten.“ Eine Frage drängt sich allerdings auf: Was passiert eigentlich, wenn es irgendwann kein Bargeld mehr geben sollte?
Lauenburger Brüderschaft: Neue Mitglieder nehmen einen Schluck aus dem „Willkomm“
Anschließend werden die neuen Mitglieder in die Brüderschaft aufgenommen. So wie es seit jeher Brauch ist, besiegeln sie ihre Zugehörigkeit mit einem Schluck aus dem „Willkomm“, einem Trinkgefäß. Bei Gründung der Schifferbrüderschaft war es übrigens nur Schiffern und deren Söhnen gestattet, einzutreten. Dadurch wurde der Kreis der Mitglieder beschränkt, die Tradition gewahrt. Heute kann jeder Mann, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, auf Empfehlung eines Schifferbruders beitreten.
Dies ist allerdings nur einmal im Jahr, während der Schipperhöge, möglich. Eine Regel gilt noch heute: Frauen werden in die Brüderschaft nicht aufgenommen. Darüber kann man denken wie man will, doch so ist es im schweinsledernen Buch niedergeschrieben. Ob diese Regel für alle Zeit Bestand haben wird? Wer weiß das schon.
Ältermann Bernd Bollermann gibt sein Amt auf der Hauptversammlung weiter
Am Abend ist es dann vorbei mit den strengen Regeln der Brüderschaft hinter verschlossener Tür. Zum Mittsommerfest der Stadt am Freitagabend auf der Hitzler-Werft marschieren die schwarz gekleideten Schifferbrüder mit ihren Zylindern in die große Schiffbauhalle ein. Was für ein Auftakt der diesjährigen Schipperhöge! Einen Wechsel gibt es in diesem Jahr an der Spitze der Gilde. Bernd Bollmann gibt auf der Hauptversammlung am Sonnabend sein Amt als erster Ältermann turnusmäßig an den bisherigen zweiten, Rainer Haase, ab.
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Er wird am Sonnabend als erste Amtshandlung den traditionellen Zug anführen, der von zwei Musikgruppen begleitet wird: Durch die Innenstadt geht es zum Schloss und weiter durch die Altstadt. Gestartet wird um 14.30 Uhr am Hotel Bellevue. An der Spitze des Zuges der Schifferbrüder treibt wieder die Lustige Person – auch Hanswurst genannt – ihr Unwesen.
Niemand kann genau sagen, seit wann die Figur im Flickenkostüm zur Lauenburger Schipperhöge gehört. „Hanswurst de geiht von Hus to Hus un bringt de Schippers een Gruß“, heißt es in einem überlieferten Gedicht. Verlässliche Quellen weisen darauf hin, dass die Lustige Person seit mindestens 1765 einen Umzug der Kinder anführt und sie mit Naschwerk beschenkt. Traditionell gibt es für die Lauenburger Grundschulkinder dafür extra schulfrei.
Lauenburger Kinderumzug fällt aus – keine Süßigkeiten und kein schulfrei
Doch in diesem Jahr fällt der Rundgang mit den Lauenburger Kindern aus, es gibt keine Süßigkeiten und auch kein schulfrei. Ein kleiner Trost: Nach dem Umzug am Sonnabend beginnt im Mosaik (Raiffeisenweg 1a) der traditionelle Kindertanz. Auch wenn in diesem Jahr die Schifferbrüder ihre Höge coronabedingt auf den Sommer verschoben haben, ist nicht anzunehmen, dass daraus eine Tradition wird. Denn wie heißt es so schön in dem überlieferten Gedicht? „Alljöhrlich in de Wintertied, kamt de Schippers von wied und sied. Un fiert hier in ern Sündagsrock de Schipperhög mit Eiergrog.“