Lauenburg. Was haben die Schiffer auf der Elbe in Zeiten der DDR erlebt? Ein Projekt des Elbschifffahrtsmuseums gibt darauf Antworten.
„Die DDR-Zöllner kamen auf unser Schiff und durchsuchten alles. Sie hatten Hunde dabei. Bluthunde, sagten wir Kinder. Ich versteckte mich. Und dann fraß der Hund mein Spielzeugauto.“ Der Lauenburger Reeder Markus Reich erinnert sich an dieses Ereignis, als sei es gestern gewesen. Ob der Hund das geliebte Spielzeug wirklich verschlungen oder nur zerbissen hatte – unwichtig heute. Es sind Geschichten wie diese, die nicht verloren gehen sollen. Der Leiter des Lauenburger Elbschifffahrtsmuseums, Dr. Jörn Bohlmann, plant eine Ausstellung zum Thema „Binnenschifferfamilien erzählen ihre Grenzgeschichte(n)“. Die Metropolregion Hamburg fördert das Projekt mit 14.000 Euro.
Dem damals sechsjährigen Jungen hat sich das Ereignis mit den Zöllnern tief eingebrannt. Genauso wie die Gesichter der Eltern, wenn diese mit ihrem Binnenschiff auf DDR-Gebiet unterwegs waren. „Es war immer ein mulmiges Gefühl, den DDR-Behörden ausgeliefert zu sein“, erzählt Markus Reich. Später, als er selbst als Binnenschiffer auf der Elbe unterwegs war, sei er bis 1989 auch öfter den DDR-Zöllnern negativ aufgefallen und unmissverständlich über die Gesetze der DDR „aufgeklärt“ worden.
Nicht nur das Elbschifffahrtsmuseum profitiert von Förderung
Doch nicht nur das Elbschifffahrtsmuseum profitiert von dem neuen Förderprogramm der Metropolregion. Seit fünf Jahren betreut die Metropolregion das Projekt „Erinnerungslandschaft Grenzgeschichte(n)“ entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Insgesamt 785.000 Euro stehen bis 2023 als Fördersumme dafür bereit. Das Projekt war 2018 gestartet.
Ziel ist es, eine sogenannte Erinnerungslandschaft zu schaffen, damit sich Menschen jeden Alters an den jeweiligen Orten mit der deutsch-deutschen Geschichte beschäftigen können. Mittlerweile gibt es rund 25 Erinnerungsorte innerhalb der Metropolregion, die an die deutsche Teilung erinnern.
300 Kilometer Erinnerungslandschaft
Die Erinnerungslandschaft entlang des ehemaligen Grenzflusses beträgt nun schon 300 Kilometer. Insgesamt 60 Museen, Ausstellungen und Gedenkzeichen sind in dem Netzwerk miteinander verbunden. Im Jahr 2023 werden die Orte und Institutionen ihre Angebote Gästen, Schulen und Einheimischen auf der zentralen bundesweiten Veranstaltung zum Tag der Deutschen Einheit in Hamburg präsentieren können. Eine neue Veranstaltungsreihe, die „Tage der Grenzgeschichte(n)“, und eine Ausstellung bieten dafür die Plattform.
Die Umsetzung der Angebote wird ermöglicht durch die Förderfonds der Metropolregion Hamburg, die Freie und Hansestadt Hamburg, die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur, die Landeszentralen für politische Bildung Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie den Landesbeauftragten für politische Bildung Schleswig Holstein.
Auch Museum in Boizenburg hat sich beworben
Lauenburgs Partnerstadt Boizenburg hatte sich ebenfalls beworben, Teil der Erinnerungslandschaft zu werden. Das Team des Heimat- und Elbbergmuseum hat es sich zum Ziel gesetzt, mit neuen Konzepten insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ein Verständnis für die Geschichte der deutschen Teilung zu wecken. Die Metropolregion fördert diese Konzepte mit insgesamt 17.600 Euro.
Im Lauenburger Elbschifffahrtsmuseum könnte das Thema der innerdeutschen Teilung ein ganz neuer Ansatz sein. Das arbeitsreiche Leben der Schifferfamilien in den vergangenen Jahrhunderten ist in der Dauerausstellung anschaulich dokumentiert. Spannend dürfte aber auch sein, was Lauenburger Binnenschiffer zu erzählen haben, die 28 Jahre lang die innerdeutsche Grenze quasi unter dem Kiel hatten.
Wer den Erzählungen des Lauenburger Reeders Markus Reich lauscht, der weiß, dass dieses Kapitel der Elbschifffahrt auf keinen Fall staubtrockener Geschichtsstoff ist.