Geesthacht. Rathausmitarbeiterin stellt Konzept vor. Doch den Social-Media-Aktivitäten der Stadtverwaltung droht schon vor dem Start das Aus.
Sie tragen Namen wie „Mein Geesthacht“ oder auch „Du bist ein echter Geesthachter, wenn...“. Die größte von ihnen heißt schlicht „Geesthachter“ und hat 7394 Mitglieder. Die Rede ist von Facebook-Gruppen, die sich mit dem Leben in der Stadt Geesthacht befassen. Es gibt auch spezielle wie die der Flüchtlingshilfe, des Tierheims und des Gewerbes.
Einen Auftritt sucht man vergebens: den der Stadt höchstselbst. Aber das soll sich ändern. Die Verwaltung will Geesthacht in Kürze auf die Plattformen Facebook und Instagram hieven. „Mit Social Media zur modernen Bürgerkommunikation“ lautete der Vortrag von Katharina Richter im Hauptausschuss.
Für die Betreuung des Facebook-Auftrittes soll es eine Stelle geben
Die Geesthachterin, nun beschäftigt in „ihrem“ Rathaus, bringt als frühere Mitarbeiterin der Glinder Stadtverwaltung Erfahrung mit, wie ein kommunaler Facebook-Auftritt gelingen kann. Sie hat ihn dort aufgebaut und redaktionell betreut. Für den Vortrag vor der Politik hatte sie zur Anschauung eine fiktive Facebook-Seite der Geesthachter Stadtverwaltung entworfen.
Es gehe um die Gewinnung von Fachkräften, die Stärkung der Gemeinschaft, Kommunikation in Echtzeit, Markenbildung und Imagepflege, nannte sie Gründe, warum nun auch Geesthacht den Schritt in die Welt von Social Media wagen solle. Für die Betreuung der Seite soll eine Stelle ausgeschrieben werden.
Auf negative Kommentare kann schnell reagiert werden
Man könne auf negative Kommentare angemessen und schnell reagieren und Werbung machen für Geesthacht als attraktiven Standort. „Social Media bietet eine immense Reichweite, um die Bekanntheit einer Stadt zu steigern und so die Sichtbarkeit zu erhöhen“, sagte Katharina Richter. „Eine Präsenz in den sozialen Medien ist in der heutigen digitalen Welt von entscheidender Bedeutung“.
Auch für die Bürger ergäben sich Vorteile. Social-Media-Kanäle böten eine Plattform, um Meinungen und Feedback zu Themen rund um Politik und Stadtverwaltung einzuholen. „Bei den 14- bis 29-Jährigen hat jeder so einen Account. Das ist eine Zielgruppe, die wir bisher extrem schwer erreichen“, ergänzte die 1. Stadträtin Melanie Grimm-Meyer die Angaben.
Ein Urteil könnte schwerwiegende Konsequenzen haben
Den Mitgliedern des Hauptausschusses stellten sich viele Fragen. Den Referenten ging es zu sehr ins Detail. Es gehe zunächst nur um die Vorstellung des Projektes, alles Weitere solle zu einem späteren Zeitpunkt genau erläutert werden, hieß es „Die Pläne liegen schon ausgearbeitet in der Schublade“, erklärte Torben Heuer von der Zentralen Verwaltung. Und es seien viele der anfallenden Fragen bereits berücksichtigt. Bürgermeister Olaf Schulze versprach, zu den Fraktionen zu kommen und „das dort weiter zu diskutieren“.
Ein möglicher Anknüpfungspunkt für eine angeregte Debatte: Warum die Stadtverwaltung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt mit den Plänen um die Ecke kommt. Und nicht noch abwartet. Denn ein ausstehendes Gerichtsurteil könnte die Facebook-Premiere noch zum Absturz bringen. Es hängt wie das Schwert des Damokles über dem Vorhaben. Nicht nur in Geesthacht, das gilt für alle Facebook-Auftritte von Kommunen und Ämtern.
Droht den Kommunen ein Facebook-Verbot?
Hintergrund ist, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte Prof. Ulrich Kelber Bundesregierung und Bundesbehörden untersagt hat, ihre Facebook-Seiten weiter zu betreiben. Er hält einen datenschutzkonformen Betrieb einer Facebook-Fanpage für eine Behörde nicht für möglich. Dagegen hat das Bundespresseamt vor dem Verwaltungsgericht Köln geklagt. Ein Urteil, das die Abschaltung von Seiten wie www.facebook.com/Bundesregierung/ bestätigt, dürfte eine Signalwirkung haben in Deutschland. „Kommunen droht Facebook-Verbot“, titelte Mitte April die „Frankfurter Neue Presse“.
Facebook und auch Instagram gehören zum Unternehmen Meta Platforms. Zum Geschäftsmodell gehört das Sammeln und Auswerten von persönlichen Daten. Und möglicherweise auch deren Verkauf, so ein von Datenschützen geäußerter Verdacht. Das ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht erlaubt.
Daten werden auch von Besuchern einer Seite gesammelt
Und dabei würden die Behörden beim Betreiben von Facebook-Seiten helfen, so die Kritik von Datenschützern. Denn Daten werden auch von Nutzern gesammelt, die gar kein eigenes Facebook-Konto hätten. Der Besuch der Facebook-Seite genügt. „Die Nutzung sozialer Medien ist aus Sicht des Datenschutzes umstritten“, räumt die Verwaltung auf Anfrage unserer Redaktion ein. „Die Bedenken stehen jedoch dem großen Nutzen, den soziale Netzwerke für die Bürgerkommunikation bieten, gegenüber“. So sei es wichtig, jetzt den Anfang zu machen und nicht erst eine gerichtliche Klärung abzuwarten.
Dass es dabei nicht zum Äußersten kommt – einem Verbot noch vor dem Start – sieht man in Geesthacht optimistisch. „Auch der Kreis Herzogtum Lauenburg, die Gemeinde Büchen und der schleswig-holsteinische Ministerpräsident betreiben bereits entsprechende Auftritte in den sozialen Medien, und die zuständigen Datenschutzbeauftragten haben dies geprüft. Wir gehen daher davon aus, dass die Stadt entsprechend ähnliche Möglichkeiten und Voraussetzungen für einen Auftritt in Social Media hat.“
Informationsauftrag mit Mischung aus allen Kanälen am Wirkungsvollsten
„Eine Stadtverwaltung hat einen festen Informationsauftrag“, so die Argumentation aus dem Rathaus. „Dieser ergibt sich aus dem Grundgesetz, dem Kommunalverfassungsgesetz und dem Informationsfreiheitsgesetz. Das Grundgesetz verpflichtet die öffentliche Verwaltung, die Bürgerinnen und Bürger umfassend zu informieren. Das Kommunalverfassungsgesetz schreibt den Städten vor, die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit zu informieren und die Bürgerinnen und Bürger an den nötigen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Das Informationsfreiheitsgesetz gibt den Bürgerinnen und Bürgern das Recht, auf Informationen der öffentlichen Verwaltung zuzugreifen.“
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In der heutigen Zeit sei eine Erfüllung des Informationsauftrages nur mit einer Mischung aus allen vorgeschlagenen Kanälen am wirkungsvollsten.