Geesthacht. Keine Balkone, Gehweg statt Promenade: Weil ein Unternehmer doch nicht verkaufen will, muss der Westhafen anders geplant werden.
Das abschließende Wort über den letzten Bauabschnitt von Geesthachts Hafencity ist nicht gesprochen. Doch so, wie sich die Firma Züblin den Westhafen VI (offizieller Vermarktungstitel), vorgestellt hatte, wird er nicht. Grund: Mit dem ansässigen Schrotthandel an der Wärderstraße gab es keine Einigung über einen Verkauf. Der letzte Betrieb direkt am Hafen von Geesthacht will vorerst weitermachen.
Das hat weitreichende Auswirkungen auf das Baufeld. Die gravierendsten für die Öffentlichkeit: Die Promenade kann nicht wie vorgesehen beendet werden, weil der Platz nicht mehr reicht, und die Kita wandert auf das Dach des Einzelhändlers.
Hafencity Geesthacht: Schrotthandel bleibt – Folgen für die Hafenpromenade
Aber der Reihe nach: Vor gut einem Jahr hatte die Firma Züblin, die für den Großteil der Bauten in der Hafencity verantwortlich ist, ihre Pläne für den letzten und größten Bauabschnitt in Geesthachts Stadtplanungsausschuss präsentiert (siehe Grafik). Zwischen 290 und 330 Wohnungen, ein Supermarkt und eine Kita waren vorgesehen – mit besonderen Anforderungen an die Verkehrsführung und den Schallschutz. Denn nur dieser Abschnitt der Hafencity liegt an zwei Straßen (Steinstraße und Wärderstraße).
„Wir sind mit dem Eigentümer des Schrotthandels in Gesprächen und zuversichtlich, dass wir zu einer Lösung kommen“, hatte Planer Robin Gellrich vor dem am 22. August 2022 erfolgten Aufstellungsbeschluss gesagt. „Wir bedauern, dass es keine Einigung gegeben hat. Setzen das Vorhaben auf unserem Grund aber trotzdem um“, betont er heute. Am gesamten Bauvolumen würden sich nur rund zehn Prozent verändern.
Für Promenade bleibt ein 2,5 Meter breiter Streifen
Die haben es aber in sich. Auf den rund 3000 Quadratmetern des Schrotthandels, der Bestandsschutz genießt, sollte ein Gebäuderiegel als Lärmschutz für die übrigen Wohnblocks gebaut werden. Nun entsteht dieser Riegel als Lärmschutz zum Industriebetrieb mit der Folge, dass die Wohnungen in westlicher Ausrichtung (Sonnenuntergang) keinen Balkon haben werden. Das ist ähnlich bereits im Elbblick geschehen, wo Rücksicht auf die Tischlerei Grabau genommen werden musste. Dieser Betrieb ist inzwischen abgerissen, was für die gegenüberliegenden Anwohner aber zu spät kommt.
Die Folgen für die Promenade: Zwischen dem Hafen des Wasserschifffahrtsamtes und dem Schrotthandel besitzt die Stadt „nur“ einen 2,5 Meter breiten Streifen. Die 800 Meter der fertiggestellten Uferpromenade schwanken derweil zwischen einer Breite von 5,90 und circa 11 Metern. „Eine kleine Zuwegung werden wir hinbekommen“, verspricht Bürgermeister Olaf Schulze für den letzten Abschnitt der unfertigen 400 Meter der Promenade. Die Anmutung der Bummelmeile verändert das natürlich.
Kita wandert aufs Dach des Supermarkts
„Zudem muss das ganze Baufeld im Westhafen VI leicht gedreht werden“, erklärt Robin Gellrich. Ein am Wasser gelegener Baukörper ist gestrichen. Auch die Radien der Zufahrtsstraßen ändern sich, sodass für die Kita mit 80 Plätzen kein Platz mehr im Erdgeschoss bleibt. Diese wollen die Planer auf das Dach des Supermarkts verlegen. Positiver Nebeneffekt: „Die Kita bekommt nahezu einen doppelten Außenbereich“, sagt Gellrich.
Bevor Züblin den veränderten Planungsstand im Rahmen einer rechtlich vorgeschriebenen sogenannten frühzeitigen Bürgerbeteiligung am 8. Juli in Geesthachts Rathaus öffentlich vorlegte, waren die einzelnen Parteien der Ratsversammlung vorab über die Veränderungen in Kenntnis gesetzt worden. In Sachen Kita hat die SPD keine Einwände. „Alle Kita-Gruppen haben direkten Zugang auf das Dach. Da gibt es auch relativ coole Lösungen für den Außenbereich. Ich habe da wenige Bedenken, Geesthacht ist ja nicht die erste Stadt, die eine Kita nicht im Erdgeschoss hat“, sagt Katrin Fischer, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion.
In offenem Brief Kreisverkehr gefordert
Wie die Lösung für die überlastete Kreuzung am Treffpunkt von Wärder- und Steinstraße aussieht, hier gehen auch Düneberger Straße und Dünenstraße ab, ist derweil völlig offen. Der inzwischen verstorbene Ratsherr Jochen Meder (CDU) und seine Frau Hannelore hatten als benachbarte Anwohner in einem offenen Brief an den Bürgermeister Olaf Schulze, Bauamtsleiterin Dagmar Poltier und an Züblin gefordert, die Kreuzung mit einem Kreisverkehr zu versehen. „Ein Kreisverkehr muss ja nicht kreisrund sein“, hatten sie in ihrem Brief geschrieben.
„Ich persönlich finde Kreisel gut. Alle Experten haben aber bislang gesagt, dass ein Kreisel hier aus Platzgründen nicht geht“, hält Olaf Schulze dagegen. Im Raum standen bereits eine Öffnung der Dünenstraße zumindest in eine Richtung und eine Stärkung der Abbiegespuren. Was genau geplant ist, dem wollte der Verwaltungschef nicht vorgreifen und verwies auf weitere Planungsrunden im Stadtplanungsausschuss.
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Denn auch wenn sich Züblin über die Vorabinformation der Parteien ein grundlegendes Okay für die Art der Veränderungen eingeholt hatte, sind die Entscheidungen nicht in Stein gemeißelt. Das gilt übrigens auch für die Zukunft des Schrotthandels.
Inhaber Benjamin Müller ahnt, dass es für ihn vor Ort mit den neuen Anwohnern schwieriger werden könnte. „Wir stellen uns nicht dagegen umzuziehen. Ich muss aber auch etwas zu einem Preis finden, wo wir etwas Vergleichbares zu dem schaffen können, was wir haben. Ich brauche eine Existenzgrundlage“, sagte Müller auf Anfrage.