Geesthacht. Julian Steinke sorgt dafür, dass Bürger Behördengänge bald online erledigen können. Dazu sind die Behörden verpflichtet.

Eltern kennen das Problem. Wenn die erste Freude nach der Geburt des Kindes verflogen ist, beginnt der Marathon der Behördengänge. Der Nachwuchs muss im Standesamt angemeldet werden, Kinder- und Elterngeld sind zu beantragen, und der Bedarf für Kita-Betreuung sollte auch hinterlegt werden. Für manche Angelegenheiten ist die Gemeinde zuständig, für andere der Kreis – ganz schön umständlich und gar nicht leicht, im Behörden-Dickicht die Übersicht zu behalten.

Damit es in Zukunft alles auch bequem von zu Hause aus und vor allem „in einem Abwasch“ erledigt werden kann, dafür gibt es Menschen wie Julian Steinke. Der 33-Jährige hat im November seinen Dienst als erster Digitalisierungsmanager der Geesthachter Stadtverwaltung angetreten. Auch Schwarzenbek hat im Januar einen Digitalisierungsmanager eingestellt.

Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG, siehe unten) verpflichten sich Bund und Länder, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch anzubieten. Für deren Umsetzung gibt es in Schleswig-Holstein einen IT-Verbund, der an einer einheitlichen Lösung arbeitet. Viele Kommunen wollen ihre neuen Bürgerportale in der zweiten Jahreshälfte ausrollen, wie es im Fachjargon heißt. Zum Teil laufen bereits Pilotprojekte: In Reinbek kann etwa Wohngeld schon jetzt digital beantragt werden.

Für jeden Bürger eine elektronische Akte

Julian Steinkes Aufgabenbereich liegt nicht darin, diese Programme zu schreiben („Wir erfinden das Rad nicht neu“), sondern die Modernisierung von Arbeitsabläufen in der Verwaltung voranzubringen. Etwa Schnittstellen in der Technik zu schaffen, damit die Verwaltungsmitarbeiter den Datensatz der Bürger in einer elektronischen Akte (E-Akte) vorliegen haben und nicht Daten händisch übertragen müssen. 2022 wird im Geesthachter Rathaus die elektronische Erfassung der Posteingänge eingeführt. Dabei erkennt das System automatisch, an welchen Fachdienst die Post weitergeleitet werden muss.

„Was die Bauordnung angeht, da gehen die Aktenschränke bis an die Decke. Mit der E-Akte benötigt man zwei bis drei Klicks, um an die Daten zu kommen – und wir produzieren kaum Papier“, betont Torben Heuer, der Leiter der Zentralen Verwaltung in Geesthacht.

Firmen sprechen an dieser Stelle gern von Effizienzsteigerung und meinen damit eine Einsparung von Personal. „Es geht nicht darum, die Arbeit von Personen überflüssig zu machen. Wir verschlanken die Prozesse, damit die Mitarbeiter mehr Zeit für ihre Arbeit haben. Digitalisierung bedeutet immer auch Kulturwandel. Ich sehe mich dabei in der Rolle, für diesen Kulturwandel zu werben und Sorgen zu nehmen“, sagt Julian Steinke, der ein waschechter Geesthachter ist.

Bürger und Unternehmen wollen Dienstleistungen heute digital nutzen

Ohnehin soll die Umstellung auf das digitale Rathaus von den Bürgern aus gedacht werden. „Die Bedienung soll so einfach wie möglich sein“, betont Steinke, der aus der freien Wirtschaft ins Rathaus wechselte und ein duales BWL-Studium absolviert hat. „Bürger und Unternehmer haben heute die Erwartung, eine digitale Verwaltung vorzufinden, deren Dienstleistungen sie digital nutzen können“, ergänzt Steinke, der zuvor in unterschiedlichen Unternehmen Digitalisierungsprojekte umgesetzt hat.

Wichtig für die Akzeptanz ist auch das Thema Datenschutz. Es wird die Möglichkeit geben, sich einen personalisierten Login zu erstellen. Für bestimmte Anträge, etwa einen neuen Personalausweis, sind zudem spezielle Apps und Mobilfunktelefone mit sogenannter NFC-Funktion (Near Field Communication) notwendig, vergleichbar mit den Chips an Bankkarten.

Dennoch räumt Torben Heuer ein: „Wo eine Unterschrift erforderlich ist, muss oft noch die Rechtsgrundlage geändert werden.“ Um die Sicherheit der Daten müsse sich niemand sorgen. „Wir beachten alle notwendigen Sicherheitsfaktoren“, sagt Heuer, der hier aber nicht ins Detail gehen will.

Aber einen Punkt will er dann doch klarstellen: „Egal, wie digital wir werden: Die Türen des Rathauses bleiben immer offen.“ Auch sollen die Öffnungszeiten nicht eingeschränkt werden. Achtung: Derzeit gilt bei Besuchen im Rathaus die 3G-Regel.

Allerdings sind viele Formulare bereits jetzt zu finden auf der Internetseite der Stadt Geesthacht unter der Adresse www.geesthacht.de/Rathaus/Formulare.

Das ist das Onlinezugangsgesetz (OZG)

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) ist im August 2017 in Kraft getreten und verpflichtet Bund und Länder dazu, bis spätestens Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch anzubieten.

Auf diese Weise soll die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland beschleunigt werden. Dafür müssen Bund, Länder und Kommunen ihre Portale miteinander verknüpfen.

Alle Bürger können sich einen personalisierten Login anlegen, um alle Dienstleistungen – die Rede ist von 575 verschiedenen – digital erledigen zu können. Auch andere Staatsangehörige erhalten Zugang.

Für die elektronische Authentisierung über das Internet sind die „AusweisApp2“ und ein Mobiltelefon mit NFC-Funktion (funktioniert wie der Chip bei der Bankkarte) erforderlich.