Geesthacht. Auch externe Gäste nutzen das Angebot. Der Entschluss sorgt bei Stammgästen für Unverständnis. Die Klinik hält sich bedeckt.

Das dürfte vielen auf den Magen schlagen: Die beliebte Betriebskantine im 4. Stock des Johanniter Krankenhauses in Geesthacht schließt, und das bereits zum 1. Oktober. Das Datum wurde unserer Zeitung aus Klinikkreisen bestätigt, mit weiteren Auskünften aber hält man sich zurück. Ob und wie es weitergeht, dazu will das Johanniter zurzeit noch keine Stellungnahme abgeben. Erst soll mit dem betroffenen Personal gesprochen werden, hieß es. 26 Mitarbeiter sollen es sein.

Auch zu den Hintergründen der Schließung wird wenig gesagt. Finanzielle Gründe dürften dabei die Hauptrolle spielen, das Essen soll die Klinik Am Runden Berge 3 mittlerweile teuer zu stehen kommen – zu teuer möglicherweise. Neben den eigenen Mitarbeitern nutzen auch viele externe Gäste aus der Nachbarschaft das Essensangebot. Polizisten vom Geesthachter Revier etwa, Mitarbeiter aus dem Rathaus oder vom nicht weit entfernten LADR Zentrallabor Dr. Kramer verbringen hier ihre Mittagspause. Geöffnet ist die ganze Woche, Montag bis Freitag von 8 bis 14 Uhr, am Sonnabend und Sonntag von 8 bis 9 Uhr und von 11 bis 14 Uhr. Mittagsmenüs gibt es ab 11.30 Uhr.

Schließung der Kantine im Johanniter Krankenhaus sorgt für Unruhe

20 Tische stehen auf einem roten Teppich, vier Stühle sind jeweils wie bei einem Kleeblatt herumgruppiert. „Für 6,50 Euro gibt es Mittagsmenüs mit regionalen Zutaten“, wirbt das Johanniter auf der Homepage. Für Donnerstag, 25. Mai, werden drei verschiedene Gedecke aufgetischt: Außer dem ofenfrischen Leberkäse in Kümmel-Senfsoße, deftigem bayerischem Kraut und Stampfkartoffeln sowie dem Rinderhacksteak, gefüllt mit Fetakäse, gibt es täglich auch ein Angebot „Vital und vegetarisch“. Am Donnerstag sind es grüne Teigtaschen mit Gemüsefüllung in leichter Meerrettichsoße und Gemüsewürfeltopping. Auch ein Dessert ist im Preis inbegriffen. Heute ist es gesundes Obst, am Freitag gehört ein kalorienreicherer Schokopudding mit Vanillesoße dazu.

Herzhafte Kleinigkeiten und kalte Getränke, Zeitschriften, Kioskartikel und Blütenhonig von regionalen Hobbyimkern (6,90 Euro pro Glas) runden das Angebot ab. „Frische Zutaten von Lieferanten und Erzeugern aus der Region sind uns wichtig. Stolz sind wir auf den hohen Anteil hausgemachter Produkte, die erst unmittelbar vor Verzehr zubereitet werden“, wirbt das Johanniter für seine Kantine.

Kantinen-Mitarbeiter flüsterte Stammgast die Schließungspläne zu

Einer, der die Entscheidung des Krankenhauses samt der Geheimniskrämerei nicht verstehen kann, ist der Geesthachter Dieter Kranz. Als Stammgast hält er gern mal einen Plausch mit dem Personal – „dabei hat sich einiges an Vertrauen aufgebaut“, sagt Dieter Kranz. „Bei so einem Gespräch hat es mir jemand zugeflüstert über die Schließung. Es ist dort ein offenes Geheimnis“, erzählt er. „Aber weshalb das geschieht, wusste niemand.“ Dieter Kranz war „fassungslos“. Auch Gäste aus der Verwaltung, die er daraufhin angesprochen habe, haben bereits über die Schließung Bescheid gewusst, sagt er.

Die Kantine des Johanniter Krankenhauses mit der Sommerterrasse liegt im 4. Stock. Von dort geht der Blick weit ins Land bis nach Hamburg.
Die Kantine des Johanniter Krankenhauses mit der Sommerterrasse liegt im 4. Stock. Von dort geht der Blick weit ins Land bis nach Hamburg. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Mittlerweile ist Dieter Kranz 62 Jahre alt, früher war er ein bekannter Amateurfußballer in der Region. Ihn macht die bevorstehende Schließung richtig wütend. „Dass diese Kantine dicht gemacht wird, geht gar nicht“, findet er. „Die Küche ist vorzüglich, die Mitarbeiter sind unheimlich freundlich und gehen auf Wünsche ein. Sie haben Angst um ihren Arbeitsplatz, aber das zeigen sie nicht“. Außerdem habe die Kantine auch eine soziale Komponente, findet er. Viele Senioren kämen hier zu einem günstigen Essen.

Der Geesthachter hat auf eigene Faust versucht, eine Stellungnahme von den Johannitern zu erhalten, ist aber gescheitert. Auch im Geesthachter Rathaus hat er schon angerufen. Neben dem guten Essen lockt ihn die herrliche Aussicht, die die Besucher bei gutem Wetter bis weit nach Hamburg sehen lässt. „Allein die ist schon fünf Euro wert“, findet er. Auch die Sommerterrasse ist nun geöffnet. „Ich kann ja verstehen, wenn mal die Preise angehoben werden“, sagt Dieter Kranz. „Ich würde auch gern fünf Euro mehr zahlen, meinetwegen. Aber eine Schließung ist ein No-go für alle, mit denen ich gesprochen habe“.

Wird das Essen künftig von einem Caterer geliefert?

Eine Spekulation, wie es weitergehen könnte: Künftig wird das Essen von Caterern geliefert. Laut einer Verpflegungsstudie des Deutschen Krankenhausinstituts gab es in deutschen Krankenhäusern im Jahr 2006 noch in 63,9 Prozent der Fälle eine Kantine oder Cafeteria für die eigenen Mitarbeiter, mittlerweile hat sich deren Zahl bei den kleineren Krankenhäusern – das Johanniter verfügt über 277 Betten – auf 59 Prozent reduziert.

Risikofaktoren für das Betreiben einer eigenen Kantine sind Fachkräftemangel, steigende Personalkosten oder auch hohe Investitionen in neue Küchengeräte. Krankenhausküchen unterliegen außerdem besonders strengen Hygienevorschriften. Zudem wird die Patientenverpflegung teurer. Die Kosten pro Beköstigungstag mit Krankenhausessen sind um 19,2 Prozent gegenüber 2018 gestiegen.

Ex-Ernährungsministerin Künast fordert neue Regelung für Finanzierung von Klinikkost

Die Situation an den Kliniken in puncto Essenszubereitung ist auch der ehemaligen Ernährungsministerin Renate Künast (Grüne) ein Dorn im Auge. In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk vom Februar fordert sie eine andere Regelung bei der Finanzierung von Krankenhauskost.

Denn aktuell stecke das Geld dafür in jeder Klinik in einem Topf, der sich ,nicht-medizinische Kosten’ nennt, zusammen mit zwölf weiteren Faktoren, wie zum Beispiel Energie oder Reinigungskosten. Diese Bereiche stünden in Konkurrenz zueinander, sagt sie dem BR. Renate Künast verspricht bis Ende des Jahres eine neue Ernährungsstrategie der Bundesregierung.

Um die Kantine des Johanniter zu retten – sofern es denn in diesem Fall am Geld liegt –, wäre das natürlich deutlich zu spät. Dieter Kranz will versuchen, über eine breite Basis an Unterstützern das Blatt noch zu wenden. An Interessenten dürfte es nicht mangeln. „Die Kantine ist gut besucht, ich musste zur Stoßzeit auch öfters mal Schlange stehen“, sagt er. Dieter Kranz ist gut organisiert, ist in vielen sozialen Netzwerken vertreten. Er hat sogar auf WhatsApp eine Gruppe gegründet, damit niemand allein essen gehen muss, genannt „die Hungerleider“. Interessenten schreiben ihn an über die Mailadresse kranzdieter@web.de.