Geesthacht. Stimmen aus Schleswig-Holstein mehren sich, dass die Bahnanbindung Geesthacht- Bergedorf reaktiviert wird. Woran es hapern kann.

Der Traum der Geesthachter von einer Reaktivierung der Bahnstrecke nach Hamburg-Bergedorf wird konkreter. Tobias von der Heide, Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Verkehr, hatte sich in der vergangenen Woche festgelegt. „Die Bahnanbindung Geesthacht – Hamburg wird kommen“, verkündete er auf einer Wahlkampfveranstaltung des Geesthachter CDU-Ortsvereins. Nun hat die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck, nachgelegt: „Die Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen Geesthacht und Hamburg-Bergedorf ist ein riesiger Erfolg für den Schienenverkehr.“

Eine offizielle Verkündung der Rückkehr des fahrplanmäßigen Schienenverkehrs auf der Strecke steht zwar noch aus. Doch ein Sprecher des zuständigen Ministeriums bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion: „Es ist nicht mehr eine Frage, ob die Strecke reaktiviert wird, sondern nur, wie es geschieht.“ Nach Informationen unserer Redaktion soll auf der jüngsten gemeinsame Kabinettssitzung von Hamburg und Schleswig-Holstein, bereits ein entsprechender Beschluss gefasst worden sein.

Bahnanschluss: Länder verständigen sich auf Eckpunkte

Sowohl Waldeck als auch von der Heide betonten, dass die „Vorplanungen“ bald abgeschlossen seien. Damit sind Abstimmungen zwischen den beteiligten Bundesländern gemeint. Demnach hätten sich Schleswig-Holstein und Hamburg unter anderem auf Eckpunkte der Kostenverteilung des Projekts verständigt. Dazu gebe es auch einen Schriftwechsel zwischen Tobias von der Heide und Hamburgs Staatsrat Martin Bill von der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende.

Die schwarz-grüne Landesregierung in Kiel hat die Reaktivierung der Bahnanbindung im Koalitionsvertrag verankert. „Auch die Hamburger Koalition aus SPD und Grünen steht mittlerweile hinter dem Projekt“, schreibt die Geesthachter CDU in einer Mitteilung. Eine „Hamburger Aufgeschlossenheit“ wollte auch der schleswig-holsteinische Ministeriumssprecher auf unsere Anfrage hin erkannt haben. Eine Rolle spielt dabei auch die Anbindung des geplanten Innovationsparks in Bergedorf.

Ministeriumssprecher räumt ein: „Es sind noch viele Fragen offen“

In einer gemeinsamen Sitzung der beiden Länder im kommenden Jahr sollen die offenen Punkte geklärt werden. Zur Wahrheit gehört auch: „Es sind noch viele Fragen offen, und es ist noch viel Zündstoff drin“, räumte der Ministeriumssprecher ein. Das reiche von der Art der Fahrzeuge, die auf der Strecke eingesetzt werden, über die Taktung auf der eingleisigen Strecke, bis zur Frage wie Bahn- und Straßenverkehr aufeinander abgestimmt werden.

In einer 2020 vorlegten Machbarkeitsstudie hatte der Verkehrsbund Nah.SH von Schleswig-Holstein attestiert, dass die Strecke wirtschaftlich reaktiviert werden könne. Schließlich pendeln täglich mehr als 8000 Menschen von und in die größte Stadt im Kreis Herzogtum Lauenburg, die zugleich die größte im Bundesland ohne eigenen Bahnanschluss ist.

In 34 Minuten von Geesthacht bis zum Hauptbahnhof

Derzeit fährt nur Dampflok „Karoline“ an einigen Wochenende im Jahr auf der Strecke zwischen Geesthacht und Bergedorf-Süd.
Derzeit fährt nur Dampflok „Karoline“ an einigen Wochenende im Jahr auf der Strecke zwischen Geesthacht und Bergedorf-Süd. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Vom Alten Bahnhof in Geesthacht soll es über eine zu entstehende Haltestelle am Ende der Autobahn 25 samt Park+Ride-Parkplatz, an der vor allem niedersächsische Pendler zusteigen können, sowie Stopps in Escheburg und Börnsen bis zum Bahnhof Bergedorf-Süd gehen. Mit einer Art Straßenbahn könne der Bahnhof Bergedorf in 23 Minuten erreicht werden. Mit einem Elektrotriebwagen sei der Hamburger Hauptbahnhof von Geesthacht aus in 34 Minuten zu erreichen. Diese Variante käme zwischen Bergedorf-Süd und Hauptbahnhof ohne Stopp aus.

Letztere war die favorisierte Variante der Planer und würde rund 103 Millionen Euro kosten und jährlich weitere 20,3 Millionen Euro Unterhalt. Der größte Knackpunkt in Bergedorf ist die Kreuzung Sander Damm und Weidenbaumsweg. Eine Möglichkeit ist, die Bahnlinie mit einer Brücke darüber zu führen.

Der letzte Personenzug fuhr vor 70 Jahren

Vor fast genau 70 Jahren, am 26. Oktober 1953, war der letzte fahrplanmäßige Personenzug zwischen Bergedorf und Geesthacht gefahren. Heute ist nur noch die historische Dampflok „Karoline“ an einigen Terminen im Jahr unterwegs.

Wann die erste Bahn wieder auf der Strecke fahren könnte, darauf wollte sich der Sprecher des schleswig-holsteinischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums nicht festlegen lassen. Nelly Waldeck sprach von „so bald wie möglich“. Und der Grüne-Landtagsabgeordnete Oliver Brandt ergänzte: „Es geht jetzt nur noch um das Wie und Wann. Hier sollen die nächsten Schritte mit der Vorplanung schnell in Angriff genommen werden.“

Die Ankündigungen in der heißen Phase des Kommunalwahlkampfs nahm Geesthachts SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Burmeister zurückhaltend optimistisch auf: „Wir unterstützen das Projekt seit Langem. Ich hoffe nur, dass den Worten jetzt auch Taten folgen.“ Auch Bürgermeister Olaf Schulze (SPD) hat aus Kiel noch keine offiziellen Neuigkeiten gehört. In Kürze kann er beim zuständigen Minister Claus Ruhe Madsen (parteilos) direkt nachfragen, wenn dieser Schulzes Einladung zum Ortsbesuch wahrnimmt.