Geesthacht. Politiker sind über das Vorgehen der Stadt verärgert und sehen eine Gefahr. Wie Geesthacht die Aufhebung des Tempolimits begründet.
Björn Reuter ist als selbstständiger Elektrotechnik-Meister viel mit dem Auto in Geesthacht unterwegs. Als der CDU-Ratsherr kürzlich auf dem Heuweg an der dortigen städtischen Kindertagesstätte vorbeifuhr, wunderte er sich nicht schlecht. „Wo sind denn die Tempo-30-Schilder geblieben?“, fragte sich Reuter. Vor den Einmündungen zum Dahlemer Weg und der Charlottenburger Straße stehen lediglich noch die leeren Masten. Die Schilder mit der Geschwindigkeitsbeschränkung für den Bereich vor der Kita aber wurden von Mitarbeitern der Verwaltung demontiert.
„Uns fehlt die rechtliche Grundlage“, erklärt ein Mitarbeiter der Geesthachter Verkehrsbehörde. Die Kita bleibt zwar weiterhin am Heuweg, allerdings werden dort derzeit keine Kinder betreut. Die sind nach dem Ende der Sommerferien ins Familienzentrum Regenbogen an den Neuen Krug umgezogen, weil ihre eigentliche Heimat saniert, vielleicht sogar erweitert werden soll. Darüber streiten sich noch die Lokalpolitiker.
Wann Tempo 30 zulässig ist, regelt die Straßenverkehrsordnung
Auch wenn es sich nur um einen vorübergehenden Auszug handelt, ist somit Tempo 30 somit nicht mehr zulässig. In der Straßenverkehrsordnung heißt es dazu in Paragraf 45: „Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer stellt eine Beschränkung der Nutzung einer Straße dar.“
Innerorts ist dies auf Gemeindestraßen nur zulässig vor Kindertagesstätten jeglicher Art, Schulen, Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern. Zudem muss entweder ein direkter Zugang zur Straße vorliegen oder im Nahbereich der Einrichtung starker Ziel- und Quellverkehr vorhanden sein. Weiterhin darf Tempo 30 höchstens auf einer Strecke von 300 Metern Länge ausgewiesen werden. Fällt der Grund für die Nutzungsbeschränkung weg, ist Tempo 30 – wie am Heuweg – unzulässig.
Kita-Kinder sind nur vorübergehend ausgezogen
Wie lange die Heuweg-Kinder ausquartiert werden, steht in den Sternen. Vieles deutet daraufhin, dass nur noch eine Sanierung des Gebäudes erfolgt und kein Anbau errichtet wird. Im Haushaltsentwurf 2023 sind 350.000 Euro dafür vorgesehen. Um neue Kita-Plätze in der Stadt zu schaffen, könnte das Ausweichquartier am Neuen Krug dauerhaft ertüchtigt werden.
So oder so werden 35 Kinder und ihre Betreuer aber an den Heuweg zurückziehen. Ob das noch in 2023 erfolgt, ist offen. „Und in der Zwischenzeit gewöhnen sich die Autofahrer wieder daran, dass sie hier durchknallen dürfen“, sagt Rüdiger Tonn von der FDP. Der Anwohner des Heuwegs weiß von der beengten Situation im Quartier und kann von mehreren Fällen berichten, bei denen am Straßenrand geparkte Autos vom Durchgangsverkehr beschädigt worden sind.
Was ist mit Tempo 30 an Schulen in den Ferien?
Auch Björn Reuter wundert sich über die Sinnhaftigkeit der Maßnahme. „Dann müsste man ja eigentlich in den Ferien auch Tempo 30 vor den Schulen aufheben“, sagt der CDU-Politiker. „Diese Diskussion möchte ich gar nicht anfangen“, findet Tonn. Derweil klärt der Mitarbeiter der Verkehrsbehörde auf: „Schulferien sind in einem begrenzten Zeitraum. Man meldet sein Auto ja auch nicht ab, wenn man im Urlaub ist.“ Auch ein Zusatz einer zeitlichen Begrenzung, wie „werktags zwischen 7-19h“, würde auch in den Ferien gelten.
Dass sich Autofahrer an Tempo 50 gewöhnen könnten, lässt der Verwaltungsmitarbeiter nicht gelten. „Als Verkehrsteilnehmer ist man verpflichtet, immer die Verkehrszeichen zu lesen“, sagt der Mitarbeiter, der sich persönlich für den gesamten Heuweg Tempo 30 wünschen würde, was allerdings bei einer Durchgangsstraße wie dieser nicht zulässig sei. Derweil kündigt Bürgermeister Olaf Schulze an, dass die Stadt ein begleitendes Blinklicht aufstellen werde, wenn Tempo 30 vor der Kita Heuweg zurückkehrt.
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Das Argument, dass seine Verwaltung sich dies hätte ersparen können, wenn Tempo 30 einfach geblieben wäre, lässt er nicht gelten. „Es haben sich bei uns schon Bürger beschwert, warum dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung ist, wenn gar keine Kinder in der Kita betreut werden“, so Schulze.