Geesthacht. Energiekrise, Inflation, Kitareform und Veränderungen in der Ganztagsbetreuung bieten wenig Einsparpotenziale im Haushalt 2023.
Inflation und Energiekrise gehen auch an Geesthachtnicht spurlos vorüber. Dazu kommen steigende Anforderungen aus der Kitareform und dem ab 2025 geltenden Recht auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule. Folge: Die jüngsten Zeiten eines ausgeglichenen Haushalts sind in der Elbestadt passé. Für den Haushalt 2023 sehen die vorläufigen Planungen ein Defizit von fast 12 Millionen Euro vor.
Nach den Vorberatungen im städtischen Finanzausschuss stehen Einnahmen in Höhe von rund 81,7 Millionen Euro Ausgaben über circa 93,7 Millionen Euro gegenüber. Das exakte Minus liegt bei 11.991.600 Euro. Dem haben alle Parteien im Ausschuss mit Ausnahme der sich enthaltenden Grünen zugestimmt.
Einsparpotenzial im Haushalt 2023 ist gering
Noch ist das letzte Wort darüber aber nicht gesprochen. Den endgültigen Haushalt legt erst die Ratsversammlung bei ihrer Sitzung am 9. Dezember fest. Einige Parteien haben bereits weiteren Diskussionsbedarf angekündigt, sowohl was neues Personal als auch die geplanten Maßnahmen angeht. Allerdings – das wurde im Finanzausschuss deutlich – ist das Einsparpotenzial gering und der Wille dazu bei den Parteien so kurz vor der Kommunalwahl wohl auch nicht so stark ausgeprägt.
„Ein Teil des Anstiegs liegt an den höheren Energiekosten. Dazu kommt, dass wir allein 1,2 Millionen Euro mehr für Flüchtlinge ausgeben müssen. Auch bei der Kita gibt es erhebliche Kostensteigerungen. Wir lagen in dem Bereich mal bei 7 Millionen Euro, jetzt sind es schon 12 Millionen Euro, und die Kosten werden weiter steigen. Auch die betreute Grundschule führt zu erheblichen Mehrkosten“, erklärte Bürgermeister Olaf Schulze (SPD). Seine Verwaltung gehe zudem verantwortungsvoll mit Geldern um und versuche auch bei kleineren Beträgen zu sparen.
Grüne-Sparvorschläge stoßen auf wenig Gegenliebe
Bevor die Haushaltsberatungen begannen, hatten die Grünen erklärt, dass sie das städtische Defizit gern um rund zwei Millionen auf unter 10 Millionen Euro drücken würden. „Wir haben Verbesserungsvorschläge in einer Größenordnung von etwa 800.000 Euro formuliert. Davon wurde von den anderen Fraktionen ein Großteil abgelehnt“, bedauerte Grünen-Ratsherr Jens Kalke und kündigte an, sich bis zur Ratsversammlung um weitere Verbesserungen im Haushalt zu bemühen.
Für die SPD ist der Ansatz ein anderer. „Gegen die festen Kostenblöcke kann keine Kommune gegenansparen. Es ist daher dringend nötig, dass die Landesregierung die Kitafinanzierung auf neue Füße stellt und Bund/Land sich zum schulischen Ganztag finanziell bekennen“, stellte die Fraktionsvorsitzende Petra Burmeister fest. In die gleiche Kerbe schlug Arne Ertelt (CDU): „Beim CDU-Kreisparteitag in Breitenfelde habe ich der Innenministerin unsere Erhaltungshaltung mit auf den Weg gegeben, dass sich das Land bei der Kita mehr beteiligen muss.“
Politiker wollen an freiwilligen Leistungen festhalten
Dass es einen breiten Konsens gebe zu sparen, erkannte auch der Finanzausschuss-Vorsitzende Christoph Hinrichs (BfG). „Doch wo sparen wir? Bei unseren freiwilligen Leistungen (etwa der Geschwisterermäßigung, die Red.) finde ich es im Augenblick fraglich“, sagte er. „An dem Punkt sind wir noch nicht, dass wir an die freiwilligen Leistungen gehen. Wir brauchen eine funktionierende Verwaltung“, befand Jörg Kunert (FDP).
Allerdings forderte der SPD-Finanzexperte Jan-Mathias Koller die Verwaltung dazu auf, bei Projekten, die umgesetzt werden sollen, genau hinzuschauen, was vom städtischen Personal auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Die zu geringe Quote war auch vom Landesrechnungshof bemängelt worden.
Haushaltsminus in 2022 sinkt von 7,5 auf 3,23 Millionen Euro
Die Verbesserungen im aktuellen Haushalt für das Jahr 2022, die auch Teil der Finanzausschuss-Sitzung waren, sind zu einem Teil auf nicht umgesetzte Projekte zurückzuführen. So wurden Maßnahmen an der Bertha-von-Suttner-Schule (1 Million Euro) oder Am Spakenberg (615.000 Euro) auf 2023 verschoben.
Darüber hinaus steigen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer um 2,8 Millionen auf nun 21,8 Millionen Euro. Durch nicht besetzte Stellen werden bei den Personalkosten 2 Millionen eingespart. Das ursprünglich kalkulierte Minus von 7,5 Millionen Euro für 2022 sinkt somit auf 3,23 Millionen Euro Minus ab. Der Nachtragshaushalt für 2022 ist an diesem Freitag, 11. November, Thema bei der Ratsversammlung (18 Uhr, Markt 15). 2021 hatte es im Ergebnis eine schwarze Null (minus 148.500 Euro) gegeben.
Arne Ertelt (CDU): „Schieben ist nicht sparen“
„Schieben ist nicht sparen“, gab Arne Ertelt (CDU) im Hinblick auf den Haushalt 2023 zu bedenken. Auch deshalb fand der Grünen-Vorschlag, 500.000 Euro für die Sanierung der Spandauer Straße zwischen Düneberger und Frohnauer Straße in das Jahr 2024 zu schieben, keine weiteren Fürsprecher. „In der Stadt gibt einen Sanierungsstau bei den Straßen von 60 Millionen Euro“, sagte Jan-Mathias Koller.
Auch um diesen „Stau“ beheben zu können, soll der Personaletat in 2023 noch einmal um 1,88 Millionen erhöht werden. Neben der Bildung (plus 850.000 Euro) sind in Hoch- und Tiefbau Aufstockungen vorgesehen. Die CDU sieht aber einen weiteren Wegewart kritisch, die Grünen hätten auf den Koordinierungsanteil bei vier Kitakräften verzichtet – für beides gab es keine Mehrheit.
Wird der Geesthachter Betreuungsschlüssel wieder gekippt?
„Es fällt uns schwer, diesen Hut in den Ring zu werfen. Aber im Sozialausschuss hieß es vom Fachdienstleiter, dass man über diese Stellen nachdenken könne“, erklärte Marcus Worm (Grüne). „Und wir wollen glaubwürdig sein“, ergänzte Jens Kalke hinsichtlich seiner Sparaussage.
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Den neuen Geesthachter Betreuungsschlüssel von 1:15 in Kitas erneut zu hinterfragen, weil er wegen Personalmangel ohnehin nicht umgesetzt werden könne, regte derweil Petra Burmeister (SPD) an. Dagegen wiederum verwehrten sich die Grüne vehement.
Einsparungen im Kleckerbereich
Letztlich bewegten sich die beschlossenen Einsparungen im Kleckerbereich: Die Live-Übertragungen der Ratsversammlung werden wieder abgeschafft (10.000 Euro), die Schaffung eines Audio-Rundgangs über den Alten Friedhof (30.000 Euro) wird geschoben, die Verwaltung gibt für die Unterhaltung von Parks 14.000 Euro weniger aus, die Stadt kalkuliert mit weiteren 100.000 Euro an Zuweisungen für die Flüchtlingsunterbringung. Zudem soll nur die Hälfte der zusätzlichen Personalkosten eingestellt werden, weil erwartet wird, dass erneut nicht alle Stellen besetzt werden können.
Bis zur Ratsversammlung am 9. Dezember will die Verwaltung zudem noch einmal prüfen, ob es weitere Einsparpotenziale gibt.