Geesthacht. Statt Holzbetrieb soll der Wald zu einem Dienstleister werden. Vorbild ist das Lübecker Modell. Doch was steckt dahinter?

Lange hat es gedauert, nun scheint die Ausgestaltung des seit Januar 2021 ausstehenden neuen Geesthachter Forsteinrichtungswerks nach mehreren Fehlanläufen die richtige Richtung genommen zu haben. Erstmals gab es eine einstimmige Zustimmung für einen Antrag. Die Verwaltung hat durch den Ausschuss für Umwelt und Energie grünes Licht bekommen, ihr vorgestelltes Vorhaben durchzuführen.

Demnach wird der Planungsteil der Forsteinrichtung gemäß den Prinzipien der naturnahen Waldnutzung überarbeitet und bis Mitte des Jahres 2023 zur Abstimmung vorgelegt. Auf eine weitere Diskussionsrunde zwischen dem Forstplanungsbüro von Robert Reißig aus Bayern, dessen Vorlage im August abgelehnt worden war, und Lutz Fähser, dem Erfinder des Lübecker Waldkonzeptes, die mit Beschluss vom 23. August gewünscht worden war, wird verzichtet.

Forstplanung in Geesthacht wird nun überarbeitet

Die Stadt hielt eine Aussprache für nicht mehr erforderlich, sollte sich der Ausschuss für eine Überarbeitung der Forst­planung durch den Forstbetrieb Lübeck entscheidet. Denn kritisiert wurde von Teilen des Ausschusses zuvor, dass sich das vorgelegte Werk nicht ausreichend am Lübecker Modell orientieren würde.

Förster Knut Sturm vom Lübecker Stadtwald.
Förster Knut Sturm vom Lübecker Stadtwald. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Und so war im Ausschuss nun Förster Knut Sturm zu Gast, der Nachfolger von Lutz Fähser auf dem Posten des Bereichsleiters des Lübecker Stadtwaldes sowie Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der Naturwald Akademie in Lübeck.

Er erklärte, was sich hinter dem Konzept verbirgt und wo seine Vorteile liegen. Erläutert wurde der Übergang weg von einem Holzbetrieb zu einem Dienstleister für ein nachhaltiges Waldmanagement.

Stadtwald Geesthacht umfasst Heidberge und Besenhorster Sandberge

Die Bevölkerung mag das neue Walderlebnis, teilte er dem Ausschuss mit. „Die Lübecker finden offenbar ganz gut, was wir machen.“ Umfragen würden das belegen. Bei Geesthachter Fraktionen hatte es bei den vorherigen Ausschüssen Sorgen gegeben, dass ein naturnaher Wald nicht mehr als Freizeitwald nutzbar sein könnte.

Schon vor zwanzig Jahren habe er im Stadtwald die Spätblühende Traubenkirsche kartiert, verriet Sturm. Am 18. November war er hier wieder unterwegs. Der Wald umfasst die Heidberge mit etwa 110 Hektar und die Besenhorster Sandberge mit etwa 130 Hektar, zur Zeit herrscht ein fünfjähriges Einschlagsmoratorium, das Verhältnis von Laub- zu Nadelbäumen ohne Sandberge liegt bei 56:44.

Mit Nadelwäldern kann man kein Geld verdienen

Was kein schlechter Start ist ins neue Waldkonzept. „Mit Nadelwäldern kann man kein Geld verdienen, das kann man nur mit Laubbäumen“, meinte Sturm. Denn das Konzept bedeute nicht, dass man das Holz aus dem Wald nicht verkauft. Es werde anders gewirtschaftet und nicht „überhaupt nicht“. „Wir sind vor 30 Jahren mit einem Bestandswert von 30 Millionen Euro gestartet, jetzt liegen wir bei 140 Millionen Euro“, stellte Sturm für den Lübecker Stadtwald klar.

„Wir haben 30 Prozent weniger Einschlag, haben aber denselben Erlös pro Hektar wie viele konventionelle Betriebe“, sagt Sturm. Der Trick sei der Bestand an deutlich mehr dicken, älteren Bäumen, Starkholz genannt. Das eröffne durch deren Qualität völlig neue Perspektiven für den Verkauf, erklärte Sturm. „82 Prozent der Stämme gehen in die Sägeindustrie, das ist eine völlig andere Vermarktungsstruktur.“ Denn dicke Stämme bringen Geld, sie werden etwa zu Möbeln verarbeitet. „Und sie sind auch für die Kohlenstoffbindung von entscheidender Bedeutung“, klärt Sturm auf.

Borkenkäfer sollte nicht bekämpft werden

Zweiter deutlicher Unterschied: Das Totholz bleibt liegen. Das diene der Artenvielfalt sowohl von Flechten und Pilzen als auch von Vögeln. Vor dem Borkenkäfer hat Knut Sturm dabei keine Angst. „Den bekämpfen wir nicht mehr. Wir gehen davon aus, dass die Population immer wieder in sich zusammenbricht. Wo bekämpft wird, passiert mehr“, sagt er und beruft sich auf neueste Studien.

Warum das so ist, müsse noch geklärt werden. Vermutlich hänge es mit dem Signalsystem der Bäume zusammen. Beim Befall setzen Fichten einen Duftstoff ab, locken Fressfeinde des Borkenkäfers wie Schlupfwespen an. Wo er, wie in konventionellen Wäldern, dann bekämpft wird, werden diese Nützlinge getötet, die Käferlarven überleben. Und breiten sich als nächste Generation massenhaft aus.