Geesthacht. Was Bettina Boll aus Geesthacht kürzlich in verfallenem Haus entdeckte, verblüffte sie sehr. Gruselige Begegnung in einem Bunker.
- Lost Places: Verlassene Orte sind bei Fotografen sehr beliebt
- Bettina Boll macht einen spannenden Fund in ein einem verfallenen Häuschen
- Gruselige Begegnung in einem Bunkereingang
Die Geesthachterin Bettina Boll hat ein spannendes Hobby: Sie sucht gern sogenannte Lost Places auf. Diese verlassenen Orte sind vor allem bei Fotografen auf der Suche nach morbiden Motiven sehr beliebt. Bettina Boll indes zieht die Aura einer einst belebten Stätte an – und ein wenig natürlich der Nervenkitzel. Denn die verfallenen Bauten verbergen oft noch manchen interessanten Fund – aber so eine Überraschung wie jüngst in einem verfallenen Häuschen mitten im Wald in der Nähe von Geesthacht erlebt auch sie nicht alle Tage.
„Ich hob vom Fußboden ein Stück einer abgerissenen Tapete auf“, schildert sie ihr Erlebnis. „Die Wände waren früher mit Zeitungen beklebt worden, darauf wurde dann die Tapete aufgebracht. Als ich den Fetzen umdrehte, habe ich vielleicht gestaunt.“ Inmitten der Kleinanzeigen stach ihr eine Kinowerbung des Urania-Theaters an der Hamburger Osterstraße sofort ins Auge: „1-2-3 Corona“ heißt der Film, der im März 1949 von Montag bis Donnerstag lief. Jugendfrei. Bettina Boll war sprachlos. Mitten im Pandemiegeschehen mit Inzidenzwerten von über 1000 stößt sie in einem verfallen Haus auf den Hinweis eines Films mit diesem Titel.
Lost Places in Geesthacht: Bettina Boll mag die Besenhorster Sandberge
Die ehemalige Geesthachter Ratsfrau (Grüne) recherchierte, suchte den Film beim Internetportal Youtube. Tatsächlich, dort hat ihn jemand eingestellt. Bettina Boll und ihr Ehemann Gerhard haben ihn sich gleich angeschaut. Er gefiel ihnen gut. „Der Spielfilm wurde 1947 inmitten der Kriegsruinen von Berlin gedreht und stammt von der ostdeutschen Filmgesellschaft Defa“, hat Bettina Boll herausgefunden. Er spielt im Sommer 1945. Zwei Banden von elternlosen Jungen beenden ihre Rivalität um Schwarzmarktgeschäfte und Diebstähle, um sich gemeinsam um die junge Zirkusartistin Corona zu kümmern, an deren Unfall sie Schuld tragen.
Gruselige Begegnung in einem Bunker
Dies war nicht der einzige originelle Fund von Bettina Boll. Gern ist sie mit Gerhard Boll in der Ruinenlandschaft der Besenhorster Sandberge unterwegs. Vor zwei Jahren starrten sie in einem Bunkereingang im Halbdunkel zwei seltsame Augen an – jemand hatte den Oberkörper einer männlichen Schaufensterpuppe dort deponiert.
„Ich wollte mir die Puppe für eine eigene Installation später holen, wir haben sie in einem anderen Bunker versteckt. Das Problem: Wir können uns nicht mehr erinnern, in welchem“, sagt sie. Vielleicht hatte deshalb ja jemand anderes nun eine gruselige Begegnung.
Lost Places: Auf dem Land gibt es immer mehr leer stehende, verfallene Häuser
Nicht alle Erlebnisse sind skurril, manche machen auch betroffen. „Wenn wir im Auto unterwegs sind, ist der Weg das Ziel. Wir fahren nicht schnell nach Hause, sondern suchen eine Strecke schön langsam über die Dörfer“, sagt Bettina Boll. Kurz vor Weihnachten machten sie eine seltsame Entdeckung. Am Rand eines Dorfes in Dithmarschen stand ein Gebäude leer, die Fenster sperrangelweit offen, die Gardinen wehten im Wind. „Da stimmt was nicht“, dachte Bettina Boll. Sie ging zum Haus, spähte hinein. Alle Schränke waren aufgerissen, die Einrichtung, die sich über Jahrzehnte angesammelt hatte, war wild auf dem Boden verteilt, die Bilderrahmen zerschmettert. „Die Bewohner waren offenbar gestorben, und sofort gab es Vandalismus“, sagt Bettina Boll. „Das hat mich berührt, das passt so in die Zeit, oder? Wenn du über Land fährst, findest du immer mehr verfallene, leere Häuser.“
Ein Besuch auf dem Falkenberg in den Harburger Bergen. „Dort stehen Steinmonumente. Ich habe neben ihnen ein wenig in der Erde gebuddelt. Plötzlich hatte ich den Griff einer alten Porzellantasse und die Scherbe von einem Teller in der Hand, geschätzt aus der Jugendstilzeit.“ Recherchen ergaben später: Hier war früher das Ausflugslokal Burg Klaus Störtebeker, eine Gaststätte ist ab 1904 verbürgt bis etwa 1964. „Du musst neugierig sein wie ein Kind“, meint Bettina Boll zu ihrem Erfolgsrezept. Auch ihr Sohn ist mittlerweile angesteckt von der Leidenschaft des Besuchs besonderer Orte. „Er weiß, das schönstes Geschenk für mich ist ein Objekt, das ich noch nicht kenne.“