Geesthacht. Geesthacht droht Strafabgabe: Verwaltung will CO2-Bilanz mit Anschlusszwang verbessern.

Geesthacht läuft Gefahr, die vorgegebenen Klimaschutzziele nicht einzuhalten. Der Anteil der Fernwärme beim Heizen der Wohnungen im Stadtgebiet liegt bei 16 Prozent, nur neun Prozent sind mittels regenerativer Energien erzeugt. „Mehr nicht“, sagte Frank Schumacher von der Bereichsleitung Wärme und Klimaschutz in den Stadtwerken. Mindestens 22 Prozent Anteil an Heizwärme aus erneuerbaren Energien müssen es laut des Schleswig-Holsteinischen Klimaschutzgesetzes bis 2025 sein.

Er stellte im Ausschuss für Umwelt und Energie vor, wie die Situation verbessert werden könnte. „Sonst wird eine CO2-Abgabe fällig“, so Schumacher. Die müssten Betreiber von Öl- und Erdgasheizungen zahlen. Diese Abgaben steigen pro Jahr, liegen 2025 für ein Einfamilienhaus bei 412 Euro für Öl beziehungsweise 309 Euro für Gas.

Geesthacht will mit Hilfe von Fernwärme die Klimaschutzziele erreichen

Abhilfe schaffen soll eine Klimaschutzsatzung. In ihr soll das Recht, aber auch die Pflicht für den Fernwärme-Anschluss verankert werden. Grundlage ist die Nutzung klimafreundlich erzeugter Fernwärme, wie sie die Geesthachter Stadtwerke in den Heizkraftwerken in der Hafencity, in der Silberbergschule und in der Oberstadt erzeugt. Hier mit Biomethan, es ist CO2-neutral, sonst mit Erdgas. Die Wärme ist dabei Nebenprodukt der Stromerzeugung. Sie wird ins Fernwärmenetz eingespeist, anstatt die Umwelt aufzuheizen.

Die Satzung soll zum Tragen kommen, wenn neu gebaut wird, aber auch wenn eine alte Heizung den Dienst versagt. Dann muss Fernwärme geordert werden. Andersherum müssen die Stadtwerke liefern, auch für unökonomische, weil verbrauchsarme Objekte. Voraussetzung ist, dass das private Einzelhaus oder der Wohnblock mit einem Anschluss erreicht werden kann.

Auskunft, welcher Haushalt dafür räumlich in Frage kommt, bietet eine auf der Internetseite des Stadtwerke aufrufbar Karte. Sie soll überarbeitet werden, statt Straßenzügen werden großflächig eingezeichnete Gebiete zu sehen sein, die besser verdeutlichen, ob ein Anschluss möglich ist.

Satzung soll für Neubauten und bei Heizungstausch gelten

Im Neubaugebiet Besenhorst wird vom Start weg auf Fernwärme gesetzt und ein neues Erdgas-Heizkraftwerk für 840.000 Euro gebaut. Dort wird mittelfristig aber auch stark auf Solarthermie gesetzt. In einem ersten Abschnitt werden auf 20.000 Quadratmetern Solarkollektoren errichtet, in einer späteren Ausbaustufe soll die Fläche verdoppelt werden. „Vor hier aus ließe sich dann 50 Prozent des Gesamtbedarfs an Fernwärme in Geesthacht decken“, so Frank Schumacher.

Auf Wunsch der SPD wird das Vorhaben mit der Satzung zunächst in den Fraktionen beraten. Nicht, weil die SPD etwas dagegen hätte, stellt die Fraktionsvorsitzende Petra Burmeister klar. Diese Vorlage sei erst kurzfristig vor der Sitzung gekommen, und es müsse bei so einem wichtigen Thema eine ordentliche Diskussion geben.

Viele Kommunen in Deutschland haben eine entsprechende Klimaschutzsatzung

Gibt Geesthachts Politik im nächsten Ausschuss grünes Licht, könnte es schnell gehen. In Deutschland gibt es bereits viele Kommunen, die entsprechende Satzungen ausgearbeitet haben. Sie könnten als Vorbild für Geesthacht dienen, die Ratsversammlung könnte bereits im Sommer entscheiden. „Es wird keiner bestraft, wenn er sich anschließt“, wirbt Schumacher. So dürfen etwa die Fernwärmekosten nicht teurer sein als die Alternativen.

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Das Bundesverwaltungsgericht hat am 25. Januar 2006 ein wegweisendes Grundsatzurteil zugunsten des Anschluss- und Benutzungszwanges für Fernwärme gefällt: Diese Art Klimaschutz sei mit Bundes- und Europarecht vereinbar.

Bundesverwaltungsgericht bestätigte schon 2006 den Anschlusszwang

Auch in Börnsen ging es wegen der Energieversorgung bereits vor Gericht. Dort ließ ein Mitbewerber prüfen, ob es statthaft sei, dass die Energieversorgung an einen gemeindeeigenen Versorger gekoppelt werde. Ja, meinten die Gerichte 2002. „Verknüpft eine Gemeinde den Verkauf von Grundstücken in einem Neubaugebiet mit der Verpflichtung, den Heizenergiebedarf durch ein von einer gemeindeeigenen Gesellschaft betriebenes Blockheizkraftwerk zu decken, liegt darin weder unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs der öffentlichen Hand noch unter dem der Kopplung verschiedener Waren oder Leistungen ein Wettbewerbsverstoß“, so das Landgericht Kiel.

Die Stadtwerke denken langfristig an weitere Möglichkeiten, regenerative Energien zu nutzen. Neben einer weiteren Solarthermie-Anlage auch an Energiegewinnung aus Abwasser oder mittels Bohrungen in den Untergrund: Unter der Oberstadt findet sich in 2000 bis 3000 Metern Tiefe 110 Grad warmes Wasser. Erklärtes Ziel : „Wir wollen autark werden“, sagt Schumacher.