Aumühle. Friedrich Niemann hat das Forsthaus Friedrichsruh übernommen und daraus „mein.sachsenwald“ gemacht. Das ist anders.
Das kann doch wohl kein Zufall sein: Als kleiner Junge hatte der heutige HotelierFriedrich Walter Niemann eine kleine Bude namens Friedrichsruh im Garten seiner Familie. Damals konnte er noch nicht ahnen, dass er einmal das Forsthaus Friedrichsruh von der Familie Bismarck pachten würde. Als der heute 61-Jährige im vergangenen Jahr das Traditionshaus besichtigte, sei er sofort von der „besonderen Atmosphäre des Ortes“ gefangen gewesen.
Der Geschäftsführer der MCH-Hotels wusste gleich: „Das passt“ – nämlich zu seiner eigenen Marke „mein.lieblingsort“ mit den kleinen, feinen Boutiquehotels wie „mein.lychen“ und „mein.werder“ in Brandenburg, in die sich jetzt das Mitte Mai eröffnete „mein.sachsenwald“ einreiht.
Forsthaus Friedrichsruh heißt jetzt „Mein Sachsenwald“
„Bis auf den einen oder anderen Anstrich, hier mal einen Fenstergriff erneuern und die Böden abschleifen, brauchten wir eigentlich kaum etwas ändern“, erzählt der neue Chef des Forsthauses immer noch ein wenig verblüfft. Die Familie Bismarck hatte das Objekt bereits 2014 neu gestaltet. Nur dem bekannten Max-Schmeling-Saal, in dem der Legende nach immer noch die Original-Boxhandschuhe des Boxidols der 1930er-Jahre von der Decke baumeln, musste ein komplett neuer Boden mit Dielen aus dem Sachsenwald verpasst werden.
Das Restaurant hat er von dort jetzt in das grüne Kaminzimmer verlagert. Die Halle kann mit oder ohne Bar für Veranstaltungen bis zu 120 Gäste gemietet werden. So wie einige weitere kleinere Räume, wie das weiße Kaminzimmer oder die Galerie. „Das Schöne ist, dass alle Räume auch einen Zugang zum Garten haben“, erzählt Friedrich Niemann. „Für Hochzeiten ist das hier beispielsweise eine paradiesische Location.“ Dafür gebe es auch bereits reichlich Anfragen.
Die zehn gemütlich, aber verschieden eingerichteten Zimmer sind in den benachbarten drei Gästehäusern untergebracht. Außerdem gibt es zwei Ferienhäuser auf dem Gelände sowie zwei Waldkörbe zum Übernachten. „Die will ich diesen Sommer unbedingt noch einmal ausprobieren“, sagt der neue Pächter. Auf diese auf Hochsitzen montierten Körbe gebe es einen großen Andrang. Bei den Zimmerbuchungen profitiere auch das „mein.sachsenwald“ von der Nähe zu Hamburg, von Messen und Kongressen. „Ansonsten haben wir viele Kurzurlauber, Touristen auf der Durchreise, Geschäftsleute und überraschenderweise auch Handwerker“, berichtet Niemann.
„Family sharing“: Die Gerichte werden miteinander geteilt
Der Hirschsaal und die einladende Lobby empfangen die Gäste jetzt in einem satten Weinrot statt wie zuvor mit terracottafarbenen Wänden. Im Hirschsaal wird das Frühstück serviert: individuell, denn Frühstücksbüfetts sagen Friedrich Niemann nicht zu. „Schon allein aus Gründen der Nachhaltigkeit“, sagt er. „Vor allem aber geht so ein Büfett zu Lasten der Qualität.“ Auch für Kuchenvitrinen oder Eis ist er nicht zu haben.
Denn die Küche des Restaurants namens „Fritz im Wald“ ist nicht nur wie im Werder Restaurant „Fritz am Markt“ saisonal und „radikalregional“, das Team dort versucht auch, möglichst alles selbst zuzubereiten, auch Mayonnaisen, Marmeladen oder Müsli. Einer der beiden Köche – Jonas Witzenhausen (24) war gleichzeitig Friedrich Niemanns erster Auszubildender – erläutert das Konzept: „Ein Essen bei uns soll auch eine schöne Erfahrung, ein Erlebnis sein. Deshalb stellen wir die Gerichte in die Mitte des Tisches und alles wird untereinander geteilt. Quasi wie zu Hause in der Familie – dadurch entsteht gleich ein anderer Austausch unter den Gästen.“
Die Speisenkarte ist wie das Haus: klein, aber fein
Sein Chef berichtet, dass diese Idee besonders unter jüngeren Gästen gut ankomme. „Und die älteren werden wir auch noch überzeugen“, ist er sicher. Die Speisenkarte ist absichtlich übersichtlich gehalten. Die „Schmolle“, ein in zarte Kohlrabischeiben gehülltes Schollenfilet kostet beispielsweise 20 Euro. Die Zielgruppe des Restaurants seien Menschen aus der Region: aus den Sachsenwaldgemeinden, aus Hamburg, Reinbek, aus Stormarn und aus dem Lauenburgischen. Und dort sei die Kaufkraft schon höher als etwa in Brandenburg.
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„Wir legen einiges an Kostensteigerungen auf unsere Preise um, können diese aber nicht 1:1 an unsere Gäste weitergeben“, weiß der Hotelier. Allein die Lohnkosten seien in den vergangenen 15 Monaten um bis zu 30 Prozent gestiegen, außerdem auch die Speisen und Getränke im Einkauf. Zudem habe die „Keule des Arbeitskräftemangels“ voll zugeschlagen: Bisher hat Niemann erst die Hälfte seines Teams zusammen, sechs Mitarbeitende. Das wirkt sich auf die Öffnungszeiten aus: Bisher ist nur mittwochs bis sonntags geöffnet. Und um den Ausflugsverkehr zu bewältigen, springt der Chef schon mal persönlich beim Service auf der Terrasse mit ein.
Gastlichkeit macht Friedrich Niemann einfach Spaß
Da Friedrich Niemann viel beschäftigt ist, zudem mit seinem Lebensgefährten in Berlin wohnt, hat Tim Hansen die Leitung von „mein.sachsenwald“ – Forsthaus Friedrichsruh inne. Aber bis sich alles eingespielt habe im neuen Hotel, ist der 61-Jährige häufiger vor Ort. Sein Lebenspartner kommt ebenfalls aus der Hotellerie und habe glücklicherweise Verständnis für diese Leidenschaft. „Mir macht das einfach Spaß, und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, mich zur Ruhe setzen“, verrät Friedrich Niemann. Möglicherweise will er mit seiner Marke „mein.lieblingsort“ noch expandieren. Aber sie sollte klein, aber fein bleiben. So, wie das mein.sachsenwald – Forsthaus Friedrichsruh.