Geesthacht. BUND, Reiterhof und Hohenhorn klagen. Umgang mit denkmalgeschützter Feldsteinmauer an der Kirche in Hohenhorn sorgt für Empörung.
Bis zum 28. Mai lag der Planfeststellungsbeschluss zur Geesthachter Ortsumgehung in den Ämtern und Rathäusern der Umgebung aus. Fristgerecht haben bereits zwei Parteien mit Klagen auf das Werk reagiert. Die Naturschutzorganisation BUND und die Gemeinde Hohenhorn reichten ihren Widerspruch beim Oberverwaltungsgericht Schleswig ein.
Für die Reitanlage Pfeiffer in Escheburg kündigte Britta Pfeiffer an, dass auch ihr Anwalt klagen werde. Ein Gutachten, das die Planungsbehörde erstellen ließ, bescheinigte dem Betrieb mit etwa zehn Angestellten, dass die Ortsumgehung existenzgefährdend sei. Eine große Reithalle müsste abgerissen werden.
Verkehrsplanung: Drei Parteien reichen Klagen gegen Geesthachter Ortsumgehung ein
Alle drei Parteien werden vom selben Fachanwalt vertreten. Um Klagen zu können, wird der BUND unter anderem durch Spenden unterstützt. Ob auch das Gut Hasenthal bei Hamwarde als vierter Kläger antreten wird, war am gestrigen Montag (24. Juni) nicht zu erfahren.
„Der BUND-Landesverband hat die Klage eingereicht, nur er, und nicht der Ortsverband, darf klagen“, berichtet Gerhard Boll von der lokalen Geesthachter Sektion. „Es ist keine Eilklage, die exakte Klagebegründung wird in diesen Wochen erarbeitet, sie hat noch bis Anfang August Zeit“, berichtet Gerhard Boll. Gründe lägen „eine ganze Portion vor“.
Da die Klage-Katze nun aus dem Sack ist, rechnet Gerhard Boll nicht mit einem zügigen Baustart. Ohne Klagen hätte nach Ablauf der Frist begonnen werden können. Die vorbereitenden Arbeiten für Ausgleichsmaßnahmen – zum Beispiel für die Haselmaus –, die bereits Anfang des Jahres begonnen hatten, sind hiervon unberührt.
„Die Autobahn GmbH muss ja, um Ausschreibungen machen zu können, erst mal alles exakt planen. Und sie hat gerade sehr viel zu tun“, sagt Gerhard Boll. „Die neueste Geschichte zudem ist ja: Verkehrsminister Wissing hat nicht mehr so viel Geld im Topf.“
„Projekt allein schon aus Klimaschutzgründen nicht zu vertreten“
Sein Wunsch ist: Dass man letzten Endes doch noch auf die Ortsumgehung verzichtet, „die man allein aus Klimaschutzgründen schon nicht mehr vertreten kann“, meint Gerhard Boll. Zumal Geesthachts Ortskern nicht die Entlastung hätte, die man sich davon versprechen würde. „Nach der Prognose der Planer werden es auf der Geesthachter Straße immer noch 14.000 Fahrzeuge sein statt jetzt 20.000.“
„Wir reden davon, dass wir weniger Land versiegeln wollen, aber an diesen Stellen ist nicht zu sehen, dass sich außer Lippenbekenntnissen irgendetwas ändert. Für die Verkehrswende brauchen wir nicht noch mehr Straßen“, so Boll weiter.
„Hohenhorn hat die Loser-Karte“, sagt die Bürgermeisterin
Auch Hohenhorns Bürgermeisterin Hanna Putfarken geht nicht von einem schnellen Fortgang aus: „Man reicht eine Klage ein, für die Begründung gelten dann längere Fristen. Es könnte sein, dass es in einem Jahr zu einer mündlichen Verhandlung kommt.“
Die Klage der Gemeinde Hohenhorn wurde am 5. Juni eingereicht. „Hohenhorn hat die Loser-Karte“, sagt Bürgermeisterin Hanna Putfarken und verweist als Beispiel auf einen Abschnitt in dem 611 Seiten dicken Werk, der für sie das ganze Dilemma auf den Punkt bringt. Und der gar nicht erst verschleiert, dass es für den Ort an der B404 knüppeldick kommen wird.
Feststellungsbeschluss gibt zu: Gemeinde Hohenhorn wird benachteiligt
„Sicherlich gibt es auch durch die hier planfestgestellte Ortsumgehung benachteiligte Gemeinden. Da wäre an dieser Stelle die Gemeinde Hohenhorn zu nennen“, ist auf Seite 531 zu lesen. Bei einer derartigen Situation – gemeint ist die prognostizierte Zunahme an Pkw- und Schwerlastverkehr – könne es sich für eine Gemeinde aufdrängen, Fragestellungen hinsichtlich ihrer weiteren Entwicklung zu stellen, empfehlen die Verfasser.
„Das ist mal eine Ansage“, meint Hanna Putfarken säuerlich. Hohenhorn müsste als Autobahnzubringer für den gesamten Ziel- und Quellverkehr des Raumes mitten durch den Ortskern herhalten. „Dass wir damit benachteiligt sind, ist so klar wie Kloßbrühe. Das verkennen die nicht, die sagen aber auch nicht unbedingt, ,tut uns leid‘, die sagen, ,ihr müsst mal darüber nachdenken, wohin wollt ihr euch denn entwickeln?‘ Genau das tun wir. Und der erste Schritt ist, das in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, ob das so stehen bleiben muss“, sagt Hanna Putfarken erbost.
Wehe, wenn alte Friedhofsmauer durch Verkehrslast zusammenstürzt
Ein zweiter Absatz, der ihr besonders übel aufstößt, findet sich auf Seite 596. Wer den Schaden hat, bekommt noch einen Tritt hinterher, so liest sich das. Es geht um einen Antrag zur Durchführung einer Beweissicherung für das denkmalgeschützte kirchliche Ensemble direkt an der B404. Die Kirchengemeinde sorgt sich, dass besonders die prognostizierten vermehrten Lkw-Durchfahrten Schäden verursachen.
Eine Beweissicherung wird im Planfeststellungsbeschluss strikt zurückgewiesen. „Im Übrigen sind derartige Wirkungen nicht der Ortsumgehung anzulasten – sie werden dadurch ausgelöst, dass das kirchliche Grundstück an der B404 gelegen ist und somit das Schicksal der Straße teilt“, heißt es dort. Und deswegen muss nun in völliger Verkennung von Ursache und Wirkung die Kirchengemeinde fürchten, belangt zu werden.
Der ganze Ort wird verlärmt, die Aufenthaltsqualität sinkt
Dann nämlich, wenn ihre Feldsteinmauer ob der Verkehrszunahme auf die Straße purzelt. Auch künftig sei sicherzustellen, dass durch diese bauliche Anlage keine Gefahr für die Nutzer des Nachbargrundstücks ausgehen, drohen die Verfasser des Feststellungsbeschlusses. „Wenn die Mauer zusammenstürzt und die Straße beschädigt wird, nehmen sie die Kirche in Regress“, fasst Hanna Putfarken zusammen.
Sie führt einige der Punkte an, die zudem auf Hohenhorn zukämen. Wegen des steigenden Verkehrsaufkommens und gerade auch des Schwerlastverkehrs würde der ganze Ort verlärmt, die Aufenthaltsqualität sinken. Mit einer Lärmschutzmauer sei nicht zu rechnen. Für Krach sorgten nicht nur die Motoren. Die Straße sei ein Flickenteppich, und beim Drüberfahren klappern die Gullydeckel.
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Linksabbiegen im Feierabendverkehr ist bereits jetzt schwierig geworden
Bereits jetzt sei das Linksabbiegen im Feierabendverkehr aus Seitenstraßen wie der Drumshorner Straße schwierig. Und zum Thema Sicherheit: „Wir haben eine Menge Schulkinder, die zum Schulbus an der B404 müssen“, sagt Hanna Putfarken. Der Gehweg entlang der B404 sei zum Teil nur einen Meter breit, Fahrräder würden auf der Straße fahren.