Geesthacht. „Leute haben gemerkt, dass es nicht immer drei Wochen Spanien sein müssen.“ Nun arbeitet der Kreis an neuen Attraktionen.
Die Tourismus-Branche im Kreis Herzogtum Lauenburg ist gut aufgestellt, sagt Günter Schmidt. Der Geschäftsführer der Herzogtum Lauenburg Marketing und Service GmbH (HLMS) kann auf ein erfolgreiches Jahr 2023 zurückblicken. Der Tourismus im Herzogtum boomt.Trotz oder auch ein bisschen wegen verschiedener Krisen, die das Geschehen auf der Welt seit einiger Zeit bestimmen.
„Mehr denn je ist es wichtig, auf sich wandelnde Rahmenbedingungen zu reagieren und mit neuen Themen, Ideen und Projekten voranzugehen“, sagt Schmidt. Das sei den Touristikern mithilfe der HLMS durchaus gelungen. Beispielhaft nennt er den Umgang mit dem Fachkräftemangel. „Wir wollen selbst für die Fachkräfte in der Branche sorgen, denn die ist deutlich besser als ihr Ruf“, sagt Schmidt. Die Ausbildungsbetriebe in der Region haben es geschafft, wieder mehr junge Menschen für eine Ausbildung in der Gastronomie oder Hotellerie zu begeistern. Die Schülerzahlen am Berufsbildungszentrum steigen und stehen damit im Gegensatz zu vielen anderen Branchen. „Wichtig ist jedoch, dass junge Leute nicht nach Hamburg oder an die Ostsee abwandern, sondern hier in der Region bleiben.“
Knapp unter Rekordjahr geblieben
Dass dringend Nachwuchskräfte benötigt werden, belegen auch die Übernachtungszahlen aus dem vergangenen Jahr: Rund 692.000 Übernachtungen konnten Hotels und Pensionen verzeichnen. Im letzten Jahr vor der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine gab es 700.000 Buchungen in Betrieben mit mehr als zehn Betten. Im Vergleich zum Jahr 2022 stiegen die Übernachtungszahlen um sieben Prozent. Im Schnitt blieben Gäste 3,4 Tage in der Region.
Dass so viele Menschen sich für Urlaub im Kreis Herzogtum Lauenburg entscheiden, liege laut Schmidt auch an Corona und der Inflation. „Die Leute haben gemerkt, dass es nicht immer drei Wochen Spanien sein müssen.“ Viele würden eine Woche weniger im Ausland verbringen und stattdessen einen Inlandsurlaub planen. Zudem sei der Tourismus gar nicht so krisenanfällig, wie man denken mag. „Wir haben rund 70 Prozent Reisende in Deutschland“, erklärt der Geschäftsführer. Die 30 Prozent, die nicht reisen, seien auch die, die als Erste von der Inflation betroffen sind. Daher fallen Menschen dieser Gruppe als Gäste nicht weg.
Von „O“ bis „O“ gehe die Tourismus-Saison im Herzogtum. Zwischen Ostern und dem Oktober seien die meisten Übernachtungen zu verzeichnen. Deswegen werde nur noch die Off-Season aktiv beworben. Wobei in den Sommermonaten die Nachfrage sogar das Angebot übersteige. „Uns fehlen rund 1000 Betten im Kreis“, sagt Schmidt. „Die baut uns hier aber niemand sofort hin.“ Ohnehin sei es mit großflächigen Investitionen nicht so einfach, erklärt Kreissparkassen-Vorstand Udo Schlünsen. Die hohen Baukosten sorgten dafür, dass von Investitionen abgesehen werde. Und auch Grundstücke in attraktiver Lage seien nur schwierig zu bekommen. Daher habe es in den vergangenen fünf Jahren nur wenige Neuansiedlungen in der Urlaubsregion gegeben, wie Schmidt es schildert.
Sechs Millionen Tagestouristen
Wichtigster Wirtschaftsfaktor seien ohnehin die Tagestouristen. Circa sechs Millionen haben den Kreis Herzogtum Lauenburg im vergangenen Jahr besucht. „Ein Tagesgast lässt etwa 35 Euro hier“, beschreibt Schmidt. Dabei hoffe er, dass der ein oder andere Gast langfristig sogar zum Bewohner wird. „Wir haben eine tolle Region. Vielleicht gehen Gäste aus Hamburg den Schritt dauerhaft hierher, weil es schön ist.“
Ärgerlich ist für die Touristiker die lange Sperrung der ICE-Strecke Hamburg–Berlin. Wegen Bauarbeiten können dieses Jahr und auch in 2025 zweimal mehrere Monate keine Züge zwischen Hansestadt und Hauptstadt fahren. Betroffen sind auch die Züge der Linie RE1 zwischen Hamburg, Büchen und Schwerin. „Wichtiger für die Urlaubsregion ist aber die RE83“, sagt Schmidt. Sie fährt zwischen Lübeck und Lüneburg. Insgesamt ist der HLMS-Chef mit dem ÖPNV-Angebot zufrieden. Gerade die Schnellbusse aus dem Hamburger Osten brächten viele Tagestouristen in den Norden des Kreises.
Routen für E-Bikes entwickeln
Um Tagesausflüge noch attraktiver zu machen, solle in den kommenden Jahren die Fahrradinfrastruktur deutlich ausgebaut werden. Mit einer „auskömmlichen Förderung“ wird neben dem Kreis Herzogtum Lauenburg auch die Schlei-Region als Fahrradtourismusregion unterstützt. „Da sind 80 Einzelmaßnahmen geplant“, sagt Schmidt. Von Hinweis- und Erklärschildern bis hin zu Fahrradrastplätzen reichten die Maßnahmen.
Langfristig sei geplant, zehn bis zwölf Fahrradrouten durch den Kreis zu entwickeln. „Wir haben noch keine E-Bike-Route in der Region. Heute kann man aber auch gut 60 Kilometer am Tag fahren“, sagt Schmidt. Zentral soll dabei die Alte Salzstraße sein. Möglich scheint ihm auch, den Schiffstourismus zu fördern. Dies sei auf dem Elbe-Lübeck-Kanal jedoch deutlich aufwendiger, da zunächst Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten gebaut werden müssten.
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Finanzielle Unterstützung erfährt die HLMS von der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg. „Wir sehen das Geld gut angelegt“, sagt Sparkassenvorstand Udo Schlünsen. Eine Förderung des Tourismus sei eine besonders gute Form Wirtschaftsförderung: „Wenn es den Menschen hier gut geht, geht es auch der Kreissparkasse gut.“