Lauenburg / Geesthacht. Schifferstadt bleibt trotz steigender Zahlen als einzige Stadt im Kreis ohne eigene Anlaufstelle. Aber: Es sind Hausbesuche möglich.

Die Verteilung der Jobcenter-Standorte im Herzogtum Lauenburg leidet von Beginn an einer Schieflage. Für die Abdeckung des Kreisgebietes existieren vier Anlaufstellen, zwei im Norden, zwei im deutlich bevölkerungsreicheren Südkreis.

Das System wird zum Mai neu geordnet. Und zwar nicht durch ein seit Langem gefordertes zusätzliches Angebot in Lauenburg. Vielmehr werden die Einzugsbereiche neu geschnitten. Ergebnis: Für viele Hilfeempfänger werden die Wege länger, für wenige auch kürzer.

Neuordnung: Doch Lauenburg bleibt ohne Jobcenter

Ein zentrales Ziel ist die Entlastung des Standortes Geesthacht. Räumlich stark begrenzt, ist die Außenstelle weiterhin für die Betroffenen aus der weitaus größten Stadt des Kreisgebietes zuständig, außerdem auch für Lauenburg. Die Schifferstadt ist weiter die einzige Stadt im Kreis ohne Jobcenter-Büro. Dafür aber mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit.

Die Ergebnisse der Neuordnung muten auf den ersten Blick in Teilen kurios an. So werden von Mai an alle Menschen, die im Amt Hohe Elbgeest bei Geesthacht nahe Hamburgs leben, an das Jobcenter nach Schwarzenbek verwiesen. Ebenso die Wentorfer. Die Lauenburger wiederum mit einer der höchsten Quoten an Bedürftigen müssen weiter nach Geesthacht, wenn sie etwas vor Ort klären wollen, oder sie zu einem Gespräch eingeladen werden.

Von Hamburgs Stadtrand nach Schwarzenbek ins Jobcenter

Aus den Gemeinden des von Lauenburg mitverwalteten Amtes Lütau müssen künftig nicht nur ein Teil, sondern alle Betroffenen nach Schwarzenbek, die Menschen aus dem nördlich angrenzenden Amt Büchen wiederum nach Mölln. „Die Entwicklung im Kreis verläuft unterschiedlich, wir haben im Süden deutlich höhere Zuwächse als im Norden“, erläutert Helena Grimme, seit 2022 Geschäftsführerin des Jobcenters im Herzogtum Lauenburg.

Die Entscheidungen hat sie nicht allein getroffen. Beim Jobcenter handelt es sich um eine Einrichtung mit vielen Beteiligten. Eine Trägerversammlung hat bei organisatorischen Fragen das letzte Wort.

Die meisten Bedürftigen leben im Südkreis

Das Jobcenter betreut im Herzogtum mit seinen gut 203.000 Bewohnern aktuell 8870 Erwachsene, mit Kindern sind es 12.240 Leistungsbezieher. Die sind höchst ungleich verteilt. Während im Süden ihre Zahl deutlich gewachsen ist, ist sie im Nordkreis nur geringfügig gestiegen, bestätigt die Jobcenter-Chefin. Trotzdem halten die Verantwortlichen im Kreis an der bisherigen, in der Vergangenheit häufig kritisierten Verteilung der Jobcenter fest.

Mit vier Standorten sei das Herzogtum auch im Vergleich zu anderen Kreisen hinreichend gut versorgt, sagt Helena Grimme. „Für ein fünftes Jobcenter in Lauenburg mangelt es uns an Personal. Es macht ja keinen Sinn, neben der Außenstelle Ratzeburg einen zweiten Kleinststandort zu schaffen, dessen Betrieb uns personell vor kaum lösbarer Probleme stellen würde.“

Personal reicht nicht für fünftes Jobcenter

Personal aus Ratzeburg abzuziehen, verbietet sich daher – ob für einen neuen, fünften Standort in Lauenburg oder für eine Verstärkung des Jobcenters in Geesthacht. „Da würde zudem der Platz auch nicht reichen, um mehr Kolleginnen und Kollegen vor Ort arbeiten zu lassen.“

Um den Arbeitsaufwand besser zu verteilen, werde auch die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Zentrale in Mölln und Ratzeburg neu geschnitten. Mit der Folge, dass sich mehr Menschen nach Ratzeburg wenden müssen.

Erreichbarkeit mit Routenplaner getestet

In Mölln wiederum würden damit Kapazitäten frei, um mehr Bedürftige aus dem Südkreis betreuen zu können. „Diese Veränderungen sind nicht willkürlich. Wir haben dabei die Routenplaner des Nahverkehrs bemüht, um sicherzustellen, dass die Erreichbarkeit tatsächlich gegeben bleibt“, so Grimme.

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Wo es in Dörfern gar keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, bleibe es natürlich schwierig, für andere steige die Fahrzeit vielleicht um 20 bis 40 Minuten. „Für manche Betroffenen ergeben sich aber auch Verbesserungen, etwa für die Menschen aus Lanze, für die künftig das Jobcenter in Schwarzenbek zuständig ist.“ Wer die eigene Wohnung nicht verlassen könne, dem biete das Jobcenter auch Hausbesuche.

In Einzelfällen bietet Jobcenter auch Hausbesuche

Vor allem aber sorgt technischer Fortschritt dafür, dass die Zahl der Termine schrumpfe, zu denen Hilfeempfänger persönlich ihren jeweiligen Sachbearbeiter aufsuchen müssten. Viele Dinge könnten telefonisch geklärt werden, Anträge online gestellt werden, erläutert Grimme. Wer diese Angebote akzeptieren und nutzen könne, für den könne sich die Zahl an Präsenzterminen etwa halbieren, von vielleicht vier auf zwei im Jahr. Zur Identifizierung müssten die Kunden aber am Beginn des Verfahrens einmal ins jeweilige Jobcenter kommen.

Eingeschränkte Sprechzeiten bleiben vorerst

Wachsende Zahlen durch die Vielzahl von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und vermehrte Möglichkeiten, mit dem Jobcenter digital zu kommunizieren, etwa auch Anträge online einzureichen, sind nicht ohne Folgen geblieben. Im Dezember 2023 hat das Jobcenter Herzogtum Lauenburg die Notbremse gezogen.

Die Sprechzeiten in Geesthacht, Schwarzenbek und Mölln wurden reduziert. Die Sachbearbeiter sind aktuell dienstags und freitags weder persönlich noch telefonisch erreichbar. Wer es eilig hat, kann das Service-Center unter 04542/85 51 23 anwählen.

Berg von Anträgen in Geesthacht, Schwarzenbek und Mölln

In den Jobcentern hatte sich jeweils ein Berg von Anträgen und Anliegen aufgehäuft, die jetzt zunächst einmal abgearbeitet werden sollen, damit die Wartezeiten nicht weiter anwachsen. „Wir sind dabei, die Rückstände abzubauen“, sagt Helena Grimme. „Wenn dies erreicht ist, sollen die Zeiten wieder ausgeweitet werden.“ Wann dies sein werde, lasse sich derzeit noch nicht sicher sagen.